Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
Vom Netzwerk:
Chance, es zu erreichen.
    Immerhin spürt er, dass der Sturm abflaut. Der Wind ist nicht mehr so stark, der Wellengang nicht mehr so heftig. Ein Funken Hoffnung glimmt in ihm auf. Er kann schwach den Horizont erkennen.
    Am Himmel schweben zwei Lichter, kommen rasch näher.
    Was ist das? Sind es Engel?
    Und wenn, sie kommen zu spät. Schon schließt sich wieder das Wasser über ihm, und er sinkt in die Tiefe …
    Dann, gerade als sich sein Bewusstsein in einem traumähnlichen Schlaf auflöst, stößt etwas ins Wasser herab, und er wird von scharfen Klauen an den Schultern gepackt und aus den Wellen gehoben.
    Er schwimmt – schwebt – durch die Luft, doch wie das möglich ist, kann er nicht begreifen.
    Vielleicht ist er tot. Oder er stirbt gerade?
    Von fern spürt er Wärme an seinem Körper, aber sie reicht nicht aus, um ihn zu wecken. Die Welt senkt sich über ihn, und alles wird schwarz.
     
    Als er die Augen wieder öffnet, liegt er an einer rauen steinigen Küste. Er hört das Plätschern und Seufzen von Wellen, ein sanftes beruhigendes Murmeln, und er spürt Sonnenstrahlen auf der Haut.
    Als er den Kopf ein wenig dreht, schießt ein so stechender Schmerz durch seinen Körper, dass er vor Schreck nach Luft ringt. Seine Kehle ist ausgedörrt und rau wie Sand, seine Lippen sind wund und verschrumpelt. Ein Geruch nach schwelendem Holz hängt in der Luft.
    Hinter sich hört er schwaches Stimmengewirr und das Knistern eines Feuers. Verschwommen kann er einen Wald erkennen, riesige Bäume mit üppigen Blätterdächern und schlanken Stämmen, in den Ästen unzählige Nester und Vögel.
    Plötzlich ein Trippeln von winzigen Füßen, und als er aufblickt, sieht er über sich ein kupferfarbenes Gesicht. Ein Kind mit langen schwarzen Haaren und dem schönsten Lächeln, das er je gesehen hat. Auf den Schultern des Kindes liegt eine Tierhaut und darauf sitzt ein Vogel aus Feuer.
    Felix blinzelt. Ja! Er hat recht gesehen – ein Vogel mit brennenden Flügeln!
    Das Kind kauert sich neben ihn und träufelt etwas Wunderbares in seinen Mund. Kühles köstliches Wasser. Felix trinkt und trinkt, ihm ist, als erfülle plötzlich eine freundliche Stimme seinen Körper, und lächelnd schließt er die Augen.
    Wieder versinkt alles um ihn im Dunkeln.
     

Elf Jahre später
London, 1783
     

     

Der Halcyonvogel
    Das Geräusch von Schritten weckte sie auf. Pandora drehte den Kopf und sah Mr Hardys kräftige Gestalt näher kommen. Er trug seine schwere Seemannsjacke, die graubraunen Hosen und Stiefel bis an die Knie. Außerdem hatte er etwas in der Hand. Kleider.
    Er legte sie neben Pandora auf den Boden und ging dann langsam zu der Stelle, wo der Korb nach seiner turbulenten Landung gestern aufgekommen war. Aus einem Beutel nahm er einen Laib Brot, eine dicke Scheibe Käse und eine Flasche Weinbrand. Er setzte sich, um das Frühstück herzurichten.
    Pandora strich über die warmen Wollkleider. Es waren schlichte strapazierfähige Sachen: eine kurze abgetragene Jacke, ein Leinenhemd und eine locker sitzende Hose von der Art, wie sie oft von Matrosen getragen wurde. Sogar an feste Lederschuhe hatte er gedacht.
    »Woher haben Sie die Sachen?«, fragte sie noch halb im Schlaf und rieb sich die Augen.
    Der Mann schnitt sich ein Stück Käse ab. »Ehrlich gekauft von einem Mann, den ich in der Dolittle Alley kenne«, sagte er. »Habe sogar eins von meinen besten Geräten dafür hergegeben. Jetzt zieh dich an. Wir haben viel zu tun.«
    Aufgeregt nahm Pandora die Kleidungsstücke und ging damit ein Stück abseits um die Rundung der Kuppel, wo sie sich ungestört umziehen konnte.
    Auf einem Dachvorsprung über ihr brabbelten Tauben im Chor. Es war noch früh am Morgen, ein scharfer Wind pfiff um die Ecken der Kathedrale. Sie musste vorsichtig laufen, weil die Dachziegel unter ihren Füßen gefährlich abfielen und links ein Abgrund gähnte – ein schmaler Lichtschacht, der sich längs des Hauptschiffs entlangzog.
    Pandora zog die Reste ihres zerrissenen Kleides aus und schlüpfte in die ungewohnten Kleidungsstücke. Ihr Körper war von blauen Flecken übersät, sie zitterte vor Kälte.
    »Danke«, sagte sie, als sie schüchtern lächelnd hinter der Kuppel hervorkam. »In diesen feinen Kleidern wird mich niemand erkennen.«
    »Das ist der Sinn, Kind«, sagte Mr Hardy. »Jetzt setz dir noch das hier auf den Kopf.« Er warf ihr eine rote Wollmütze zu.
    Sie stülpte sie über ihr kurzes rotbraunes Haar, dann stellte sie sich vor ihn hin, und er

Weitere Kostenlose Bücher