Claifex: Nefilim KI
auf zahlungsunwillige Kunden, die nicht einmal das bisschen Anstand haben, einen lächerlichen Betrag dafür zu bezahlen, dass ich meinen Hals für den Scheißdreck riskiere, den sie in irgendwelchen Vitrinen verrottet lassen, um damit herumzuprahlen. Wenn ich also mal allein in mein Bett falle und einfach nur schlafe, dann ist das sehr angenehm.« Susannah starrte mich nach diesem Wutausbruch an, als hätte ich unvermittelt auf den Boden gekotzt. Ich sammelte mich und räusperte mich verlegen, bevor ich in ruhigerem Tonfall fortfuhr. »Also, das Aussichtsdeck ist grandios, man kann die gesamte Heckwandung transparent schalten und den Rundum-Ausblick genießen. Vor dem Fahrzeughangar gibt es einen kleinen Gymnastikraum mit Null-G Trainingsbereich. Daneben eine recht geräumige Umweltkammer, die als Unterkunft für allerlei Nicht-Sauerstoff-Atmer eingestellt werden kann, also nicht an den Reglern spielen, sonst husten Sie plötzlich Methan. Die Kammer hat auch eine eigene Außenschleuse. Not-Raumanzüge finden sich überall an den wie üblich gekennzeichneten Stellen. Die besseren Anzüge hängen im Fahrzeughangar. Sobald wir auf Kurs sind, führe ich Sie mal herum, wenn Sie möchten.«
»Danke.«
»Steht Demi unter Druck, oder warum kommt mir unser Abflug so unvermittelt vor?«
Ich spürte Susannahs Blick. Sie zögerte einen Moment, dann brach es förmlich aus ihr heraus.
»Ich wusste bis vor einer halben Stunde noch nicht einmal, dass ich mit Ihnen kommen würde. Aber das ist nicht das erste Mal, das ich so etwas mitmache. Möglicherweise aber das letzte Mal, mir reicht es nämlich.«
Susannah schien genervt und schwieg daraufhin mit ernster Miene. Eine halbe Stunde später riss ich mich endlich von den Kontrollen los und führte sie durch die Cheiron. Ich kam nicht umhin, ihren Körper zu betrachten, immer nach den Stellen suchend, an denen sich Fleisch und Metall miteinander verbanden. Ihre knappe, eng sitzende Kleidung ließ mir dazu genügend Gelegenheit, war aber etwas, das mich eher noch mehr verwirrte. Ich vermutete, dass sich kybernetische Elemente bis in den Torso hinein ausdehnten und dass nicht alles, was von Haut bedeckt war, tatsächlich biologischer Herkunft war. Ihre Sehorgane jedenfalls waren ganz sicher künstlich. Sie leuchteten in einem intensiven Grün, das Mutter Natur so nicht hervorgebracht hatte. Trotz der sonst natürlich wirkenden Nachbildung der Augen nahm ich nicht an, dass es sich nur um Kontaktlinsen handelte, weil ich überzeugt war, solche erkennen zu können. Die Eleganz der Prothesen in Verbindung mit ihrer Art sich zu bewegen, wirkte anziehend auf mich.
Weiß der Teufel warum.
Es sah wirklich anders aus als alles, was ich je zuvor gesehen hatte. Inklusive der Koroidin von Germa III, die ich dank einer Flasche Muruda-Likörs auf leeren Magen etwas zu genau kennengelernt hatte. Verwirrung über meine ambivalenten Gefühle nagte an meiner Konzentration.
»Wo ist der Nefilim?«, fragte Susannah schließlich.
»Im Labor. Ich dachte nicht, dass Sie sich für das technische Zeug interessieren würden.«
Sie bedachte mich mit einem stechenden Blick ihrer künstlichen Augen, den sie sogleich mit einem bissigen Kommentar ergänzte. »Ich habe einen Doktortitel und ein Ingenieursdiplom. Und Sie?«
»Ich bin auf einem Frachter aufgewachsen, der mich und meine Familie zu einer Skavenkolonie bringen sollte. Ich hatte nie die Gelegenheit zu einer formalen Ausbildung.«
Ihr Gesichtsausdruck erweichte und sie blickte zur Seite, etwas beschämt, wie ich mir einbildete. »Wie sind Sie entkommen?«, fragte sie dann leise.
»Gar nicht. Mein Vater und seine Brüder übernahmen das Schiff und warfen die Überreste der Sklavenhändler aus der Luftschleuse. Danach änderten sie den Kurs.«
Susannah sah überrascht auf, beabsichtigte einen Moment etwas zu sagen, fand scheinbar keine Worte und betrat dann stumm das Labor. Sie schaute sich zwischen den Instrumenten um und zählte deren Bezeichnungen auf, wollte auch wissen ob ich jenes und welches hätte, was ich manchmal bejahte und häufiger verneinte. Einige Male wusste ich gar nicht, was das für Geräte waren, die sie da aufzählte. Als ich sie danach fragte, stellte ich fest, dass sie überrascht war und mir gerne deren Funktion und Nutzen erläuterte. Die Apparaturen, die ich hatte, wurden nur für wenige Aufgaben benutzt. Häufig kannte ich mich nur damit aus, welche Knöpfe ich drücken musste, um für meine Arbeit wichtige Ergebnisse
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