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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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»Madama«, sagte er ehrerbietig. Sein Gesicht war aschfahl und die halb verheilten Narben auf den Wangen betonten noch seine Blässe.
    Er hat Angst vor ihr, stellte Clara fest.
    Cassandra schritt um ihn herum, zischelnd folgte ihr die Schleppe ihres Kleids. »Versuchen Sie nicht, mir zu schmeicheln! Sie widern mich an, Gaspare! Diese Kinder stehen unter meinem Schutz. Wie können Sie es wagen, ihnen Angst einzujagen?«
    Grisini ruckte ein bisschen hin und her. Das Knien bereitete ihm augenscheinlich Schmerzen. Er breitete die Hände zu einer einfältigen Gebärde der Unschuld aus.
    »Madama, io prometto …«
    »Sprechen Sie gefälligst Englisch. Die Kinder sollen Ihre Demütigung miterleben. Ich will nicht, dass ihnen auch nur ein Wort entgeht. Und verschwenden Sie nicht meine Zeit mit Ihren Lügen. Ich habe sie dabei ertappt, wie sie fliehen wollten – nicht vor mir, sondern vor Ihnen. Was haben Sie ihnen angetan?«
    Grisini machte Anstalten, aufzustehen, doch mit einem zornigen Blick zwang ihn die Hexe erneut auf die Knie. Er deutete schwungvoll auf Lizzie Rose. Es war eine elegante, nahezu graziöse Geste: Die Handfläche war nach oben geöffnet, Daumen, Zeige- und Mittelfinger hatte er leicht eingerollt und der kleine Finger wies zur Decke. » Nulla. Ich habe das Mädchen nicht angerührt …«
    »Ist das wahr?« Cassandra drehte sich um und blickte Lizzie Rose an. »Falls nicht, dann sage es mir. Was auch immer er dir angetan hat, ich werde es sühnen.«
    »Es geht nicht um mich«, entgegnete Lizzie Rose. »Er hat mich einmal geschlagen, aber das ist nicht das Entscheidende: Er ist grausam zu Parsefall.«
    Cassandra drehte sich um die eigene Achse und richtete den Blick wieder auf Grisini. Ihre Lippe kräuselte sich. »Sie misshandeln also den Jungen. Das überrascht mich nicht. Seine Hand – ist das Ihr Werk?« Sogleich trat eine entsetzte Stille ein. Clara glaubte, sie müsse aufschreien, Parsefall dagegen blieb still. Er schien dem Gespräch gar nicht zu folgen.
    »Das war … um ihn zu disziplinieren«, antwortete Grisini schließlich, wobei er das letzte Wort äußerst behutsam aussprach. »Es war notwendig, dass der Junge mir gehorchte. War ich nicht wie ein zweiter Vater zu ihm? Habe ich ihn nicht ernährt und ihm meine Kunst beigebracht? Schuldete er mir nicht Gehorsam?«
    Lizzie Rose starrte Grisini entgeistert an. Dann fing sie an, zu weinen. Ruby sprang mit einem beunruhigten Kläffen vom Bett und rannte zu ihr. Allein Parsefall zeigte keine Gefühlsregung. Seine Augen starrten konzentriert auf den Teppich. Er versucht, nicht hinzuhören. Er will es nicht wissen, dachte Clara.
    »Sie sind ein Ungeheuer, Gaspare.« Cassandras Gesicht war vor Abscheu verzerrt. »Sie sind noch niederträchtiger und gewöhnlicher, als ich es mir je hätte träumen lassen.« Sie stolzierte zum Fenster und deutete mit einer erhobenen Hand auf Clara. »Die kleine Wintermute … ich nehme an, sie war ein weiteres Ihrer Experimente?«
    Steifbeinig richtete Grisini sich auf. »Ah, Madama, Verzeihung. Ich kann nicht länger knien. Ich bin ein alter Mann, ein armer Mann. Treffen wir eine Übereinkunft.« Seine Stimme bebte, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, doch seine Augen waren trocken. »Wenn Sie die beiden hier wollen …« – er machte eine Handbewegung, als würde er ein unsichtbares Netz über Parsefall und Lizzie Rose werfen – »… dann sollt Ihr sie selbstverständlich haben. Wie könnte ich es Ihnen auch verwehren? Aber ich bitte Sie, lassen Sie mir das kleine Mädchen. Sein Vater ist bereit, zu zahlen, und ich gebe mein Ehrenwort, dass ich es nach Hause zurückschicke, sobald ich das Geld in Händen halte. Geben Sie mir das Mädchen, damit ich keinen Hunger leide, und ich werde Sie nicht mehr belästigen.« Er streckte die Hand aus und seine Fingerspitzen streiften den Saum von Claras Kleid.
    Nein!, schrie Clara lautlos. Und Parsefall schrie im gleichen Augenblick aus vollem Hals. Er schoss an Madama vorbei. »Lass sie in Ruh! Fass sie nich’ an!«
    »Haben Sie das gehört, Gaspare?« Cassandra trat heran und bildete mit ihrem flammenden Gewand eine Sperre zwischen Parsefall und Grisini. »Ich verbiete Ihnen, Clara anzurühren. Und was Ihre Zaubereien angeht: Damit ist es jetzt vorbei. Geben Sie mir die Taschenuhr.«
    Grisini streckte abwehrend die Hände aus. Sie zitterten. » Madama, ich habe sie nicht mehr. Ich habe die Uhr verloren.«
    »Sie ist in der rechten Tasche Ihres Gehrocks«,

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