Claraboia oder Wo das Licht einfaellt
seiner Frau auf freundschaftlicherem Fuße lebte. Er hatte ihr schon so vieles entzogen – Liebe, Freundschaft, Seelenruhe und alles, was sonst noch das Eheleben erträglich und oft wünschenswert machen kann –, dass nichts mehr übrig war. Fast bedauerte er, dass er es sich so schnell abgewöhnt hatte, sie beim Verlassen und Betreten der Wohnung zu küssen, sonst hätte er es nun sein lassen können.
Obwohl seine Phantasie kläglich versagte, gab er nicht auf. Er versteifte sich auf die Vorstellung, sich so zu rächen, dass seine Frau gezwungen wäre, vor ihm auf die Knie zu fallen und verzweifelt um Vergebung zu bitten.
Eines Tages glaubte er, die Lösung gefunden zu haben. Zwar führte ihm eine einzige Überlegung vor Augen, wie absurd die Idee war, doch vielleicht reizte ihn gerade dieses Absurde. Er wollte in der Beziehung zu seiner Frau eine neue Rolle spielen: den eifersüchtigen Ehemann. Die arme Justina, hässlich, nicht mehr als ein Knochengestell, hätte selbst im wildesten Othello keine Eifersucht geweckt. Doch Caetanos Vorstellungskraft brachte nichts Besseres zustande.
Während er seinen Coup vorbereitete, benahm er sich seiner Frau gegenüber fast liebenswürdig. Er ging so weit, dass er die Katze streichelte, für das Tier eine Riesenüberraschung. Er kaufte einen neuen Rahmen für das Foto der Tochter und verkündete, er denke daran, eine Vergrößerung machen zu lassen. Justina, an ihrer empfindlichsten Stelle berührt, bedankte sich für den Rahmen und lobte seine Idee. Doch kannte sie ihren Mann gut genug, um zu vermuten, dass er dabei Hintergedanken hatte. Sie machte sich folglich auf das Schlimmste gefasst.
Nachdem er alle Vorbereitungen abgeschlossen hatte, schlug Caetano zu. Eines Nachts begab er sich von der Zeitung direkt nach Hause. In seiner Tasche steckte ein Brief, den er mit verstellter Schrift an sich selbst geschrieben hatte. Er hatte andere Tinte als seine übliche verwendet und mit einem beschädigten Füller geschrieben, wodurch die Schrift kantig war und die geschlossenen Buchstaben verschmierten. Ein Meisterwerk an Verstellung. Kein Fachmann hätte die Fälschung gemerkt.
Als er den Schlüssel ins Schloss steckte, klopfte ihm das Herz vor Aufregung. Nun würde er sein Rachegelüst befriedigen, seine Frau würde auf Knien ihre Unschuld beteuern. Langsam ging er hinein. Die Überraschung sollte perfekt gelingen. Er wollte seine Frau abrupt wecken, ihr den Beweis ihrer Schuld unter die Nase halten. Grinsend ging er im Dunkeln auf Zehenspitzen durch den Flur. Dabei tastete er sich mit einer Hand an der Wand entlang, bis er den Türrahmen fühlte. Mit der anderen Hand tastete er nach der Tür. Sie stand offen. Er spürte die warme Luft im Schlafzimmer. Er suchte nach dem Lichtschalter. Alles war bereit. Er setzte eine wütende Miene auf und schaltete das Licht ein.
Justina war wach. Diese Möglichkeit hatte Caetano nicht eingeplant. Seine Wut verflüchtigte sich, sein Gesicht wurde ausdruckslos. Justina sah ihn überrascht an und blieb stumm. Caetano ahnte, dass sein ganzes Intrigengebäude zusammenbrechen würde, wenn er nicht auf der Stelle etwas sagte. Er fasste sich, machte erneut ein grimmiges Gesicht und schleuderte ihr entgegen:
»Gut, dass du noch wach bist. Das erspart mir einiges. Lies das hier!«
Er warf ihr den Brief hin. Langsam griff Justina nach dem Umschlag. Dabei dachte sie, dass sich darin die Erklärung für die ungewöhnliche Veränderung ihres Mannes befand. Sie nahm den Brief heraus und bemühte sich, ihn zu lesen, doch der plötzliche Wechsel vom Dunkeln zum Licht und die schlechte Schrift machten es ihr anfangs unmöglich. Sie legte sich anders hin, rieb sich die Augen, stützte sich mit einem Ellbogen auf. Die Verzögerung trieb Caetano zur Verzweiflung – alles ging schief.
Justina las den Brief. Ihr Mann beobachtete angespannt, wie sich ihre Miene veränderte. Dann schoss ihm dieser idiotische Gedanke durch den Kopf: »Und was, wenn alles der Wahrheit entspricht?« Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, wie er darauf reagieren würde. Justina ließ sich auf das Kopfkissen fallen und lachte aus vollem Hals.
»Du lachst?«, rief Caetano verwirrt.
Justina konnte nicht antworten. Sie lachte wie verrückt, ein sarkastisches Lachen, sie lachte über ihren Mann und über sich selbst, mehr über sich selbst als über ihren Mann. Sie lachte stoßweise, in einem Lachkrampf, als lachte und weinte sie zugleich. Aber ihre Augen waren trocken –
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