Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
Pfote vor die andere setzte, als wollte er feststellen, ob alles in Ordnung mit ihm war. Benny, Rick, Waco, Bonnie, Chilco … Clarissa kniete im Schnee und nannte jeden einzelnen Namen, als die Hunde über die Böschung krochen.
»Smoky!«, schrie sie, als sie ihren früheren Leithund auf dem Trail zusammenbrechen sah. Sie rannte zu ihm und nahm ihn in den Arm, erkannte zu ihrem Entsetzen, dass er nicht bei Bewusstsein war. »Smoky ist bewusstlos!«, rief sie Alex zu. Er hörte sie nicht in dem heulenden Wind, sah nur an ihrem Gesichtsausdruck und dem reglosen Hund, dass etwas nicht stimmte. »Er hat zu lange unter dem Schnee gelegen …« Sie drückte ihn mit beiden Händen an die Brust. »Oh Alex … ich glaube, Smoky … er stirbt!«
Emmett und die anderen Hunde trotzten dem Sturm und kamen langsam näher. Ihr Instinkt verriet ihnen, dass mit Smoky etwas nicht stimmte. Beinahe ehrfürchtig näherten sie sich Clarissa und ihrem Artgenossen, unbeeindruckt von Wind und Schnee, und blickten mit traurigen Augen zu ihm empor. Sie sahen, wie Clarissa ihren ehemaligen Leithund wärmte, ihn mit Worten tröstete und darüber verzweifelte, dass Smoky schon einmal verletzt gewesen war und deshalb seine Stellung vor dem Schlitten verloren hatten. »Was bist du nur für ein Pechvogel?«, sagte sie. »Wenn es einer verdient hätte, seinen Lebensabend in aller Ruhe zu verbringen, dann wärst du das, Smoky! Du darfst nicht sterben, hörst du?«
Als Emmett ein langgezogenes Jaulen anstimmte, das noch lauter als der Wind zu sein schien, wusste Clarissa, das Smoky gestorben war. Sie drückte den toten Hund noch fester an sich und spürte wie ihre Tränen unter dem lauten Klagen der anderen Hunde auf sein Fell fielen.
»Smoky! Warum nur, Smoky?«, schrie sie verzweifelt.
7
Clarissa und Alex wärmten sich gegenseitig mit einer festen Umarmung und warteten so auf das Ende des Sturms. Der Wind fuhr heulend vom Pass herunter und trieb eisige Schneeschleier vor sich her, brach sich an den Felswänden und stieß alle paar Minuten in ihren Unterschlupf hinein, als wollte er sie daran erinnern, dass sie auch dort nicht sicher vor ihm waren. Mit hochgestellten Kragen und den Schals so hoch über ihren Gesichtern, dass nur noch die Augen zu sehen waren, ertrugen sie den Blizzard ebenso stoisch wie ihre Huskys, die zusammengerollt im Schnee lagen und sich kaum bewegten.
Alex war noch etwas benommen, aber nicht ernsthaft verletzt und bereute längst seinen Wutanfall. »Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist«, sagte er so dicht an ihrem rechten Ohr, dass sie ihn hören konnte. »Ich dachte, der Doc hätte mich geheilt, und nach der Operation wäre alles vorbei, und jetzt drehe ich plötzlich durch und sage Sachen, die ich gar nicht sagen will.« Er seufzte enttäuscht. »Vielleicht bin ich gar nicht geheilt …«
»Die Geschwulst ist weg«, beruhigte ihn Clarissa, »es kann dir nichts mehr passieren. Du lebst, Alex! Und sobald die Wunde verheilt ist, lassen auch die Nachwirkungen nach. Wir müssen Geduld haben …« Sie lächelte bitter. » … und nicht so oft vom Schlitten fallen. Du brauchst Ruhe.«
»Tut mir leid, Clarissa. Auch um Smoky. Wenn ich nicht …«
Sie legte ihm rasch einen Finger auf die Lippen. »Dich trifft keine Schuld, Alex«, log sie. »Es war ein Unglück. Ich hätte Smoky nach seiner Verletzung nicht mehr vor den Schlitten spannen dürfen. Er war nicht mehr kräftig und schnell genug.« Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ich hätte Buffalo nehmen sollen, der ist noch langsamer, aber kräftiger. Der hätte sich noch im hohen Alter aus dem Schnee gegraben.«
»Wer weiß?«, gab Alex zu bedenken.
Nach etwas mehr als einer Stunde hörte der Sturm so plötzlich auf, wie er gekommen war, und Clarissa und Alex verließen ihren Unterschlupf. Die dunklen Wolken waren abgezogen. In dem verbleibenden Tageslicht, das als heller Schimmer über den Bergen schimmerte, blendeten sie die Berghänge und Gletscher und hoben den verschneiten Trail deutlich gegen den schwarzen Himmel ab. Der Wind war eingeschlafen und ließ die wilde Berglandschaft erneut in geheimnisvoller Stille erstarren. Es war eisig kalt.
Der Boden war unter dem Schnee hart gefroren, deshalb trugen sie den toten Smoky zu den Felsen und deckten ihn mit einigen Steinen zu, damit die Wölfe und die Raubvögel nicht an ihn herankamen. Auch Emmett und die anderen Huskys standen reglos an seinem Grab, als Clarissa mit leiser Stimme ein paar Worte
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