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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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gegangen waren, nahmen wenig Rücksicht und schreckten auch nicht davor zurück, eine Frau in den Schlamm zu stoßen, um möglichst schnell einen Ausrüster zu erreichen oder ein Dach über den Kopf zu bekommen. Als Clarissa genauer hinsah, erkannte sie noch zwei andere junge Männer, die sich an die Neuankömmlinge heranmachten und wohl ein ähnlich falsches Spiel betrieben. So höflich waren junge Männer nur, wenn sie etwas wollten.
    Die Pension, die Fitz ihr empfohlen hatte, machte keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck. Ein windschiefes Gebäude, dem man ansah, wie hastig es zusammengebaut war. Nicht mal für einen Anstrich hatte es gereicht, und die Stufen der steilen Außentreppe waren unterschiedlich groß und schief genagelt. Die falsche Fassade des einstöckigen Holzhauses täuschte ein zweites Stockwerk vor und trug die Aufschrift »Mrs Buchanan’s Boarding House«. Die Buchstaben des letzten Wortes standen besonders eng beisammen, anscheinend hatte der Maler den Platz falsch berechnet.
    Beim näheren Hinsehen fielen ihr jedoch die karierten Vorhänge hinter den Fenstern und die ungewöhnlich sauberen Scheiben auf. Als sie klopfte, öffnete ihr eine stämmige Frau mit weißen Haaren, die sie nach Indianerart zu zwei langen Zöpfen geflochten hatte. Das Leuchten in ihren blauen Augen schien angeboren zu sein. »Clarissa Carmack«, stellte Clarissa sich vor, bevor die Wirtin etwas sagen konnte. »Fitz schickt mich. Ich suche ein Zimmer.«
    Das Gesicht der Wirtin verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Fitz ist also wieder im Lande! Dachte mir doch gleich, dass er es nicht lange in der Stadt aushält. Es geht ihm nicht ums Gold, wissen Sie … Er braucht das Abenteuer, und das kann er hier zur Genüge haben. Wenigstens das haben wir gemeinsam.« Sie zog die Tür auf. »Aber ich vergesse meine Kinderstube, wenn ich jemals eine hatte. Kommen Sie doch rein. Wie wär’s mit einer Tasse heißem Tee? Das Mittagessen ist auch bald fertig. Elcheintopf mit braunen Bohnen.«
    »Klingt verlockend«, erwiderte Clarissa. Sie hätte sich die gewichtige Wirtin gut als Fitz’ Ehefrau vorstellen können. »Was bin ich Ihnen schuldig?«
    Mrs Buchanan winkte ab. »Das klären wir später«, sagte sie, während sie die Tür schloss, »aber keine Angst, ich haue Sie bestimmt nicht übers Ohr. Solche Methoden überlasse ich Soapy Smith und seinen Handlangern.« Sie öffnete die Tür zu einem kleinen Zimmer neben der Küche. »Hier können Sie schlafen. Das beste Zimmer, das ich habe. Eigentlich viel zu klein, ich weiß, aber ich kann mir leider kein größeres Haus leisten. Außer Ihnen schlafen noch zwei Männer im Haus, ein Rechtsanwalt und ein Bürovorsteher aus Chicago. Komische Burschen. Haben dort alles stehen und liegen lassen, um am Klondike eine Goldader zu finden, dabei haben sie sich schon in Chicago dumm und dämlich verdient. Sie wollen morgen oder übermorgen über den Pass, aber ich halte jede Wette, dass sie in ein paar Tagen wieder zurückkommen. Sie taugen nicht für die Wildnis.« Sie wartete, bis Clarissa ihre Tasche auf das Bett gestellt hatte. »Wollen Sie länger bei mir bleiben, Clarissa?«
    »Ein paar Tage«, antwortete sie. Sie wusste, wie optimistisch das klang. »Ich warte auf meinen Ehemann. Alex und ich haben gerade erst geheiratet und wollen uns hier eine neue Existenz aufbauen. Er ist Fallensteller.« Sie folgte der Wirtin in den Flur. »Mit Gold haben wir nichts im Sinn. Wir gehen in die Wildnis, so wie wir es in Kanada getan haben. Hier soll es noch wertvolle Pelztiere geben … Polarfüchse, Hermeline …«
    Mrs Buchanan führte sie ins Esszimmer und brachte Tee und Kekse an den großen Tisch. »Sie sehen gar nicht wie die Frau eines Fallenstellers aus«, wunderte sie sich, »eher wie eine … eine Lady. So was haben wir selten hier.«
    Clarissa musste lachen. »Das täuscht. Ich musste mir unterwegs neue Kleidung kaufen, und in Fort Wrangel gab es leider nichts anderes.« Warum sie sich neue Kleider hatte besorgen müssen, verriet sie der Wirtin nicht. Und weil sie glaubte, ihre Gedanken lesen zu können, tischte sie ihr gleich noch eine Lüge auf: »Alex, mein Mann, hat noch was Dringendes zu erledigen. Er müsste morgen oder übermorgen nachkommen. Ich soll hier auf ihn warten.«
    »Dann wussten Sie bestimmt nicht, was Sie in Skaguay erwartet«, erwiderte die Wirtin. Sie biss in einen Keks und kaute genüsslich. »Ich hatte auch keine Ahnung, sonst hätte ich meine Pension bestimmt

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