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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wirklich nur Spiegelscheiben für Fräulein Zinca Klork, Cha-Chua-Straße, Peking, China?
    Nein, so schwach es war, ich konnte jetzt ein leises Geräusch aus dem Innern des Kastens vernehmen. Dasselbe nimmt zu, und ich frage mich nun, ob der Obertheil der Vorderwand in einem Falze herabgleiten, ob der Gefangene sein Gefängniß verlassen wird, um draußen etwas frische Luft zu schöpfen.
    Um nicht entdeckt zu werden, bleibt mir nur übrig, mich wieder im Hintergrunde des Packwagens zwischen zwei Frachtstücken zu verbergen. Dank der Finsterniß hab’ ich nichts zu fürchten.
    Plötzlich schlägt ein trockenes Knarren an mein Ohr, das war keine Einbildung …. Das rührte von einem Streichhölzchen her das irgend Jemand anrieb ….
    Fast gleichzeitig schossen auch einige schwache Lichtstrahlen durch die Luftlöcher des Kastens.
    Wenn ich mir noch nicht über die Stellung klar gewesen war, die der Gefangene auf der Stufenleiter der lebendigen Wesen einnahm, so bin ich jetzt darüber aufgeklärt worden, wenn es sich nicht etwa um einen mit dem Gebrauch des Feuers vertrauten Affen handelte, und noch dazu um einen, der mit Streichhölzchen umzugehen verstand. Verschiedene Reisende behaupten, daß es solche Affen gäbe, doch giebt es dafür keine eigentlichen Beweise.
    Warum sollte ich’s nicht gestehen, daß sich meiner eine merkwürdige Erregung bemächtigt hatte und ich mich weidlich hütete, die geringste Bewegung zu machen?
    So verfließt eine Minute. Nichts verräth, daß die Wandhälfte heruntergeglitten sei, nichts, daß der Unbekannte die Absicht habe, herauszukommen.
    Und vorsichtig warte ich noch immer; da kommt mir der Gedanke, jenes Licht zu benützen. Jetzt ist der Kasten inwendig hell, und wenn ich da einen Blick durch die Luftlöcher werfe …
    Ich erhebe mich, krieche im Packwagen hin und nähere mich … nur eine Furcht beschleicht mich … daß das Licht plötzlich verlöschen könnte …
     

    Wenige Minuten über elf. (S. 77.)
     
    Endlich befinde ich mich vor der Kastenwand, die zu berühren ich mich weislich hüte, und bringe das Auge an eines der Löcher …
    Es ist wirklich ein Mensch, der da drin steckt, und auch nicht der österreichische Schneider Zeitung … Gott sei Dank! Ich verleihe ihm auf der Stelle die Nummer elf.
     

    Auf den Knieen hält er eine Conservenbüchse. (S. 82)
     
    Der Mann, dessen Gesichtszüge ich recht gut erkennen kann, scheint fünfundzwanzig bis sechsundzwanzig Jahre alt zu sein. Er zeigt den echten rumänischen Typus – was meine Gedanken bezüglich seiner Auftraggeberin bestätigt. Er sieht recht hübsch aus, trotz der ausgesprochenen Energie seines Gesichts, doch derselben bedarf es ja, um sich in Form eines Frachtstückes über eine so lange Strecke hin befördern zu lassen. Wenn er auch nichts von einem Uebelthäter an sich hat, der sich mit Rücksicht auf drohende Unannehmlichkeiten versteckte, so muß ich gestehen, daß er auch nichts von dem Helden erkennen läßt, den ich zur Hauptperson meiner Geschichte zu machen träumte.
    Alles in Allem waren es ja auch keine Helden, weder der Oesterreicher noch der Spanier, die solche Kistenreisen ausgeführt haben; es waren junge Menschen mit beschränktem, kleinbürgerlichem Horizont, und doch brachten sie den Berichterstattern manche schöne Columne ein. Auch diese brave Nummer 11 werde ich durch einige Erweiterungen, durch Antonomasien, Diaphern, Beiwörter, Metaphern und andere Redefiguren zustutzen, werde ich vergrößern, erweitern … wie man eine photographische Platte zur Entwicklung bringt.
    Ein Kistenfahrer von Tiflis nach Peking ist übrigens an und für sich ein ander Ding als Einer, der von Wien oder Barcelona nach Paris geht, wie das Zeitung, Erres und Flora Anglora gethan haben.
    Ich füge ausdrücklich hinzu, daß ich meinen Rumänen nicht verrathen und ihn gegen Niemand denunciren werde. Er braucht an meiner Verschwiegenheit nicht zu zweifeln, kann vielmehr auf meine Unterstützung rechnen, wenn ich ihm im Falle einer Entdeckung nützen könnte – übrigens wird er nicht entdeckt werden.
    Was beginnt er augenblicklich? … Sieh’ da, er sitzt gemüthlich in seinem Kasten, den dem wackeren Burschen eine kleine Lampe erhellt. Auf den Knieen hält er eine Conservenbüchse, an Bisquit fehlt’s ihm nicht und in einem Wandschränkchen entdecke ich auch noch einige volle Flaschen, ferner eine Decke und, an der einen Seite hängend, einen Ueberrock. Wahrlich, meine Nummer 11 befindet sich höchst schlau.

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