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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Proben seiner Monomanie beobachten, denn der Doctor wie sein Schüler drücken sich im reinsten Französisch aus:
    »Ehe wir an die Mahlzeit gehen, sagt Pan-Chao, zählen Sie mir, lieber Doctor, alle Grundregeln auf, um das rechte Maß im Essen und Trinken zu finden.
    – Deren giebt es sieben, mein junger Freund, antwortet Tio-King höchst ernsthaft. Die erste lautet, daß man nur so viel Nahrung zu sich nehmen darf, daß man gleich nachher sich ohne Unbehagen geistiger Arbeit hingeben kann.
    – Und die zweite? …
    – Die zweite ist die, nur so viel Nahrung zu verzehren, daß man hinterher keine Anfüllung, keine Schwere und keine körperliche Erschlaffung empfindet. Die dritte …
    – Na, für heute wollen wir uns damit begnügen, wenn’s Ihnen recht ist, Doctor, unterbricht Pan-Chao die Vorlesung. Da ist ein gewisser ›Maintuy‹, der mir höchst verlockend aussieht, und …
    – Nehmen Sie sich in Acht, lieber Schüler! Dieses Gericht ist eine Art Pudding aus gehacktem und mit Fett und Gewürzen gemengtem Fleisch …. Ich fürchte, es ist zu schwer verdaulich …
    – Deshalb rathe ich Ihnen, Doctor, nicht davon zu essen. Was mich betrifft, werd’ ich dem Beispiel jener Herren da folgen« Das thut denn Pan-Chao auch – und zwar mit Recht, denn der Maintuy ist köstlich – während der Doctor Tio-King sich mit den allerleichtesten Speisen der Karte begnügt. Nach Aussage des Major Noltitz sollen diese Maintnys in Fett gedämpft noch weit schmackhafter sein. Das dürfte wohl zutreffen, denn sie erhalten dann den Namen »Zenbusis«, und das bedeutet »Frauenküsse«.
    Da Herr Caterna sein Bedauern über das Fehlen dieser »Zenbusis« auf der Frühstücksspeisekarte ausspricht, beeile ich mich zu sagen:
    »Solche Zenbusis findet man übrigens auch noch anderwärts, als in Centralasien!«
    Auf diese Bemerkung fällt Pan-Chao rasch mit den Worten ein:
    »Gewiß; in Paris bereitet man sie am vorzüglichsten.«
    Ich sehe mir den jungen Sohn des Himmels an. Mit welchem Appetit der arbeitet …. Der Doctor freilich verschont ihn deshalb auch nicht mit seinen Bemerkungen über »die unmäßige Consumtion seiner Körperkräfte, der er sich damit aussetzt«.
    Wir frühstücken indessen in bester Stimmung weiter. Das Gespräch wendet sich den Arbeiten der Russen in Asien zu. Pan-Chao scheint mir über ihre Fortschritte genau unterrichtet zu sein. Sie haben nicht allein die Transcaspische Bahn erbaut, sondern es ist jetzt auch die seit 1888 vorbereitete Transsibirische Bahn in Ausführung begriffen und bereits ziemlich weit vorgeschritten. An Stelle der erstgeplanten Linie über Iscim, Omsk, Tomsk, Krasnojarsk, Nijni-Usimsk und Irkutsk hat man eine andre mehr südliche gesetzt, die über Orenburg, Akmolinsk, Minussinsk, Abatui und Vladivostock verläuft. Nach Vollendung des sechstausend Kilometer langen Schienenstranges wird St. Petersburg nur noch sechs Tagereisen vom Japanischen Meere entfernt liegen. Und diese, die Nordamerikanische Pacificbahn an Länge übertreffende Strecke wird nur siebenhundert Millionen kosten.
    Es liegt auf der Hand, daß diese Unterhaltung über die eifrige Arbeit der Moskowiten Sir Francis Trevellyan nicht im geringsten gefallen kann.
    Obwohl er kein Wort fallen läßt und die Augen gar nicht von dem Teller abwendet, steigt doch schon eine leise Zornesröthe in sein englisches Gesicht.
    »O, meine Herren, sage ich, das, was wir sehen, ist noch gar nichts gegen das, was unsere Enkel dereinst noch sehen werden. Heute fahren wir in einem durchgehenden Zuge der Groß-Transasiatischen Bahn, welche sich an die Groß-Transafrikanische anschließen wird ….
    – Wie könnte denn Asien durch eine Eisenbahn mit Afrika verbunden werden? fragt Major Noltitz.
    – Nun auf dem Wege durch Rußland, die Türkei, Oesterreich, Italien, Frankreich und Spanien. Dann gelangen die Reisenden ohne Wagenwechsel vom Cap der Guten Hoffnung bis nach Peking.
    – Und die Meerenge von Gibraltar?«, wirst Pan-Chao ein.
    Bei Nennung dieses Wortes spitzt Sir Francis Trevellyan die Ohren. Sobald von Gibraltar gesprochen wird, scheint das ganze Vereinigte Königreich von einem mittelmeer-patriotischen Schrecken ergriffen zu werden.
    »Nun ja, Gibraltar? wiederholt der Major.
    – Man geht einfach unter diesem weg. Ein Tunnel von fünfzehn Kilometern, ist das so etwas besonderes? Da wird kein englisches Parlament vorhanden sein, um kleinlichen Widerspruch zu erheben, wie das jetzige gegen den Tunnel zwischen Calais und

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