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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Mauer umschlossen wurde und deren Handel mit China stets sehr beträchtlich war. Heute zählt sie achtzigtausend Einwohner.
    Das erfahre ich von Major Noltitz, als ich ihn zu einem Besuche der Metropole, in der er wiederholt geweilt hat, aufforderte. Er wird mich nicht begleiten können, da er hier einige Besuche zu machen hat. Wir sollen um elf Uhr Morgens wieder abfahren. Nur fünf Stunden Aufenthalt, und dazu liegt die Stadt selbst ziemlich entfernt von der Station. Wäre die eine mit der andern nicht durch eine Decauville’sche Eisenbahn – die französische Bezeichnung für solche Nebenstrecken ist hier ganz gebräuchlich – verbunden, so fehlte es uns wahrlich an Zeit, auf Bukhara auch nur einen flüchtigen Blick zu werfen.
    Wir verabreden, daß der Major mit mir bis zur Stadt fährt, dort wird er mich verlassen, um seinen Geschäften nachzugehen. Ich kann also nicht auf ihn rechnen. Werd’ ich nun auf meine Person allein angewiesen sein? Könnte sich mir nicht eine meiner Nummern anschließen? …
    Lassen wir sie Revue passiren: Der Seigneur Farusklar? … Der hat nur an den todten Mandarin Yen-Lou in seinem rollenden Katafalk zu denken. Fulk Ephrjuell und Miß Horatia Bluett? … Diese fallen ganz allein weg, wenn es sich um Paläste, Minarets, Moscheen und andere archäologische Nichtse handelt. – Der Komiker und die Soubrette? … Unmöglich, denn Frau Caterna ist ermüdet und Herr Caterna muß unbedingt an ihrer Seite bleiben. Die beiden Söhne des Himmlischen Reichs? … Sie haben den Bahnhof bereits verlassen …. Ah, Sir Francis Trevellyan …. Warum denn nicht? Ich bin ja nicht Russe, und nur die Russen hat er auf dem Korn … Ich habe doch Centralasien wahrlich nicht erobert …. Versuchen wir also, den so verschlossenen Gentleman zu öffnen. Ich nähere mich ihm … will ihn anreden … Er verneigt sich kaum, dreht sich auf den Absätzen herum und verschwindet. Dieser Hammel!
    Die kleine Locomotive pfeift zum letztenmal zum Einsteigen. Der Major und ich springen in einen der offenen Waggons. Eine halbe Stunde später ist das Dervaze-Thor erreicht, der Major verläßt mich, und so schlendere ich nun allein durch die Straßen von Bukhara.
    Wollte ich meinen Lesern des »XX. Jahrhundert« sagen, ich hätte die hundert Gelehrtenschulen der Stadt besucht oder die dreihundert Moscheen – fast ebensoviel wie Rom Kirchen zählt – sie würden mir’s doch nicht glauben, trotz des Vertrauens, dessen die Reporter gewiß so würdig sind. Ich werde mich also an die nackte Wahrheit halten.
    Beim Durchlaufen der Straßen bin ich auf gut Glück in jene, unterwegs schon wiederholt gesehenen Gebäude eingetreten, in die Bazare. Hier befindet sich ein solcher, wo Baumwollenstoffe mit scharf abstechenden Farben, sogenannte »Aladjas«, verkauft werden, ferner Taschentücher, so leicht wie Spinnengewebe, vortrefflich zugerichtetes Leder, Seidenzeuge, deren Knistern man hier in bukhariotischer Mundart »Tchakhtchukh« nennt – ein Name, den Meilhac und Halévy ihrer berühmten Heroine glücklicherweise nicht beigelegt haben. Hier ist ein Laden, wo man sich mit sechzehn Sorten Thee versehen kann, von denen elf grüne Thees sind, die einzigen die in China und Centralasien genossen werden, und unter andern der am meisten geschätzte »Luka«, von dem ein einziges Blatt hinreicht, eine ganze Theemaschine zu parfümiren.
    Weiter spaziere ich längs des Quais der Reservoire von Divanbeghi hin, die die eine Seite eines mit Ulmen bepflanzten viereckigen Platzes einnehmen. Unsern davon erhebt sich die »Arche«, der befestigte Palast des Emirs, dessen Thor durch eine moderne Uhr geschmückt wird. Arminius Vambéry hat diesen Palast von düsterem Aussehen gefunden, und ich stimme ihm darin bei, obgleich die zur Vertheidigung des Eingangs bestimmten Bronzekanonen mehr künstlerisch, als verderbendrohend erscheinen. Vergessen wir nicht, daß die bukharischen Soldaten, die in weißen Beinkleidern, schwarzem Rocke, Astrachanmützen und hohen Stiefeln durch die Straßen ziehen, von russischen, reich mit Goldschnüren geschmückten Officieren befehligt werden.
    Zur Rechten und nahe dem Palaste erhebt sich die größte Moschee der Stadt, die Moschee des Mesdjidi-Kelan, die einst von Abdullah-Khan-Sheibani erbaut wurde. Das ist eine ganze Welt von Kuppeln, Glockenthürmchen und Minarets – dicht bewohnt von Störchen, deren es in der Stadt Tausende giebt.
    Immer auf Abenteuer ausgehend, gelange ich bis zum Ufer des Zaraschaue im

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