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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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Irrsinn. Die Menschen haben gewisse Praktiken missverstanden, das ist alles.«
    »Welche Praktiken?«
    Der Rabe schluckte. »Was immer du denken magst, ich bin ein Mann voller Mitgefühl. Was haben dir die Berserker, mit denen du reist, über mich erzählt?«
    »Woher weißt du, mit wem ich reise?«
    »Ich beobachte das Land vor mir und hinter mir. Der Dicke ist aus großer Entfernung zu erkennen, und sie sind ein Volk, dem Täuschung nicht liegt. Du hast wohl vor ihnen das Kreuz getragen, oder?«
    »Ja.«
    »Ich war gleichzeitig mit eurer Gruppe in Siegfrieds Lager. Dort sind einige Männer und ihre Familien Christen. Sie haben gehört, dass ich auch ein Heiler bin. Ich habe es bei ihrer Tochter versucht, vermochte aber nichts auszurichten. Ein Pferd hatte das Mädchen getreten, und die Knochen waren gänzlich zerschmettert. Die Priester deines Landes sind Feiglinge, sie sind geflohen, als sie hörten, dass die Waräger kommen. Sie waren nicht bereit, sich um das Mädchen zu kümmern. Ich versprach zu tun, was ich konnte. Das Mädchen starb. Sie war eine Christin, und ihre Angehörigen waren verzweifelt. Ich sprach die Messe für sie und gab ihr die letzte Ölung. Ofaeti und seine Männer glaubten fortan, ich äße Fleisch.«
    »Du bist ein Heide.«
    »Ich bin ein Mensch, und mein Gott ist nicht eifersüchtig«, erwiderte der Rabe.
    »Mitfühlend ist er auch nicht.«
    »Seine Hallen sind voller Seelen der Krieger, die in der Schlacht gestorben sind. Die Seele eines kleinen Mädchens interessiert ihn nicht. Wohin sie geht, kümmert ihn nicht. Dein Gott sollte froh sein, dass ich seine Magie für ihn gewirkt habe.«
    Der Rabe legte die Hände um die Kerzenflamme, um sich zu wärmen, und sogleich schrumpfte die Helligkeit in der Kirche auf die kleine Kugel zwischen den Fingern. Als er weitersprach, klang seine Stimme kräftiger.
    »Unsere Götter sind gar nicht so anders. Meiner verlangt Blut, deiner auch. Als damals der schwarze Heilige durch diese Pässe marschierte, wollten sie, wie mir scheint, genau das Gleiche. Odin ist hier in den Steinen, in den Bergen, auf dem Pass. Er ist der Gott der Toten und sucht den Tod, um sich daran zu erfreuen. Welch ein Glück, dass dein Gott das Gleiche von seinen thebaischen Märtyrern verlangte.«
    »Mein Gott ist nicht dein Gott.«
    »Was weißt du über meinen Gott?«
    »Nur, dass er falsch ist.«
    Der Rabe nickte. »Das ist er, das ist er.« Er dachte einige Augenblicke nach. »Aber kommt es nicht immer darauf an, aus welchem Blickwinkel man eine Angelegenheit betrachtet? Der Verrat meines Gottes ist gut bekannt. Er tötet die Helden, um sie in seine Hallen zu holen. Deiner lässt die Märtyrer sterben, um ihren Glauben zu prüfen, und schickt sie in den Himmel.«
    Der Beichtvater riss sich zusammen, um wieder klar zu denken, und konzentrierte sich auf die Gunst, um die er, die Hand auf den Sarg des Heiligen gelegt, gebeten hatte. Wieder bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Jehan erinnerte sich an das Gespräch in Siegfrieds Haus und an die Erklärung des Raben, er sei einst ein Christ gewesen und habe an diesem Ort den Glauben gefunden und wieder verloren. Sein Ziel kennen heißt seine Schwäche kennen. Jehan sagte sich die Worte im Kopf immer wieder selbst vor. Die Vernunft war jetzt wie eine Kerze im Sturm, die nur mit großer Gewissenhaftigkeit und Aufmerksamkeit am Leben erhalten werden konnte.
    »Du bist kein Mönch, und doch sprichst du wie ein Mönch«, erwiderte Jehan.
    »Einst war ich einer«, erklärte Hugin.
    »Warum hast du dann Christus verlassen?«
    »Weil Christus mich verlassen hat.«
    »Er ist immer für dich da.«
    »Er war nicht da, als ich ihn um Beistand bat. Dafür war etwas anderes da.«
    Der Rabe gab die Kerzenflamme wieder frei. Das Licht spielte auf dem Gold des Altars, das in der tanzenden Flamme wie eine Flüssigkeit wirkte.
    »Was denn?«
    »Ein anderer Weg.« Das Pferd trampelte hin und her, in einem Schwall Zugluft spuckte die Kerze. Der Rabe hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, als trauerte er über etwas, der ausgemergelte Kopf ähnelte im Kerzenlicht einem Totenkopf. Er sprach leise weiter: »Christus hat mich verlassen. Ich habe gebetet, und er hat mich verlassen.«
    Im Schatten bewegte sich verschwommen, als sähe man sie durch trübes Wasser, eine Gestalt. Es war das Kind, das Jehan am Flussufer erblickt hatte, die schrecklich ausgemergelte junge Frau mit dem faltigen, verlebten Gesicht. Der Rabe hatte sie nicht bemerkt, und

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