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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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beisammenzuhalten, viel zu brüchig, um das Gewicht des Leibes zu tragen, ohne zu zersplittern. Ein Bild kam ihm in den Sinn. Ein Mann, an eine Säule gefesselt, die Beine unter Wasser, das Gesicht vor Schmerzen verzerrt, während grausame Finger ihm die Haut abschälten.
    Blut. Da war der Geschmack schon wieder. Er war voll davon, und der Mensch, der er einst gewesen war, Jehan der Beichtvater, wandte sich angewidert ab. Er war über christliche Krieger hergefallen wie ein Löwe über die Märtyrer im Kolosseum. Ein anderer Teil in ihm, der allmählich erwachte und sich beharrlich in den Vordergrund schob, fand das alles keineswegs falsch. Das Schamgefühl wuchs und wucherte und fiel schließlich von ihm ab. Wie fühlte er sich? Begeistert. Die Schrift fiel ihm ein. Leviticus: Und ihr sollt das Fleisch eurer Söhne verzehren und das Fleisch eurer Töchter sollt ihr verzehren. Und Johannes, das Evangelium, das Jehans Namen trug: Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Ihm war bewusst, wie sich sein Geist drehte und wand, und dass er die Worte Gottes falsch interpretierte, aber das schien keine Rolle mehr zu spielen. Bei der Belagerung von Samaria, in dieser Notlage, hatten die Einwohner ihre Kinder gegessen, und der Herr hatte sie nicht bestraft.
    »Ich kann euch nicht taufen, ich kann euch nicht retten.«
    »Bekehre uns zu deinem Glauben.«
    Das Mädchen an seiner Seite blickte zu ihm auf. Jehan schüttelte den Kopf. »Sucht euch dafür jemand anderen.«
    Er ging das Tal hinunter zu den Pferden. Die Wikinger folgten ihm. Es waren jetzt neun, zwei waren im Kampf gefallen. Sie trugen die Toten zu den freien Pferden und legten sie über die Sättel. Die Nordmänner wollten die Toten mitnehmen, um sie auf ihre eigene Weise zu ehren. Jehan dachte an die Gebeine seines Mönchsbruders, die sie weggeworfen hatten, um die größeren Reichtümer an sich zu nehmen. Es sollte ihm wichtig sein, was aus den sterblichen Überresten wurde, doch es war ihm einerlei. Er konnte sich gerade noch mit Mühe darauf konzentrieren, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Jehan stieg auf ein Pferd. Der Schweiß, der ihm im Kampf ausgebrochen war, gefror. Das bleiche Mädchen saß vor ihm auf dem Sattel.
    »Lasst den Mönch hier, wir haben genug ergattert. Lasst ihn.« Das war Egil, in dessen Augen die Furcht schimmerte.
    Ofaeti schüttelte den Kopf. »Er ist ein mächtiger Krieger. Dieser Mann bringt uns Glück. Wir sollten bei ihm bleiben.«
    Jehan schüttelte nur den Kopf und lenkte das Pferd das Tal hinunter. Als die Nordmänner die toten Kameraden auf den Sätteln verschnürt hatten, folgten sie ihm im Trab.
    Fünf Tage später hielten sie an einem Wasserlauf an, um die Pferde zu tränken.
    »Hier, Mönch, großer Mönch, hier wasche uns für deinen Gott«, verlangte Ofaeti.
    »Das werde ich nicht tun.« Jehan hatte seit Tagen nichts gegessen.
    »Warum nicht? Auf dem Weg hierher wolltest du es doch unbedingt tun.«
    Nein, Jehan wollte diese Männer nicht taufen. Er hatte sie verlassen wollen, doch sie waren ihm gefolgt. Obwohl das Mädchen an seiner Seite ihn führte, wusste er nicht, wohin er ging und wie lange es dauern würde. Franken und Flandern lagen im Norden, christliche Länder.
    Wie viel Zeit war seit den abscheulichen Ereignissen im Quellbecken verstrichen? Fast eine Woche, und er war immer noch nicht hungrig. Ihm war klar, dass er eines Tages wieder Hunger verspüren und dass der Hunger sich auf eine Weise bemerkbar machen würde, die er nicht verleugnen konnte. Keine Küche, keine Tafel konnte diese Gier stillen. Der Geruch von Blut war nun in ihm, und er würde immer wieder den Geschmack von Menschenfleisch brauchen. Er dachte an Selbstmord, doch wenn er betete, gab Gott ihm keinen Fingerzeig. Augustinus, der weise Vater, hatte gesagt: »Wenn einer aber weiß, dass es unrechtmäßig ist, sich selbst zu töten, so mag er es dennoch tun, so Gott es ihm befiehlt.« Thomas von Aquin hatte erklärt, der Selbstmord sei die größte aller Sünden, weil man sie nicht bereuen könne. Die Theologie ließ in dieser Hinsicht keinen Zweifel. Kannibalismus war die geringfügigere Sünde. Dachte er nun klar genug? Es schien ihm so, doch in seinem Kopf summte eine neue Kraft, die ihn schlaflos machte und doch nicht ermüdete, die nicht genährt wurde und doch kein Hungergefühl weckte. Seine Gedanken waren ein

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