Claw Trilogy 01 - Fenrir
auszudehnen und zu flackern wie im Licht unruhiger Kerzen. Er stand vor einem riesigen Wolf und schützte seine Schwester vor dessen Zähnen. Ein mächtiger, grimmiger Krieger, der ein Auge verloren hatte, stach am letzten Tag dem Wolf einen Speer in den Leib. Da wusste er, dass der Wolf, angezogen von der schrecklichen Rune, kam, um den Gott zu töten. Das Symbol drehte sich vor ihm in der Luft. Es lebte in einem Menschen, wie die anderen Runen in seiner Schwester wohnten. Es zischte und drohte wie die Kobras, welche die Händler zum Entzücken der Mönche ins Kloster gebracht hatten.
Vier Sommer hatten sie auf dem Berg verbracht, als seine Schwester eines Tages aus der Höhle kam und auf das Tal deutete, ohne den Arm zu heben. Ihre Bindung war inzwischen so stark, dass er seine Schwester ohne Worte und Gesten verstand. Er musste sie nur berühren, um zu fühlen, was sie empfand, und zu sehen, was sie wahrnahm.
»Die Rune erwacht in ihr«, erklärte seine Schwester. »Die Rune, die den Mörder des Gottes anlockt.« Sie meinte den Wolf und das Mädchen, das den Wolf seinem Schicksal entgegenführte.
»Dann muss sie sterben«, erwiderte Hugin ebenso im Geist wie auch mit Worten.
»Ja.«
Munin stand mit ihrem zerbrechlichen Körper und dem wirren Haar auf und ging in Richtung Tal hinab. Hugin folgte ihr vorsichtig. Er besaß das Schwert, den Bogen und einen guten Speer, den er geschnitten und im Feuer gehärtet hatte, aber er hatte seit seiner Kindheit den Berg nicht mehr verlassen. Nun liefen sie zwischen Fichten und Kiefern zu einem Wald von Birken und Eschen hinab, wo sie eine Jahreszeit lang blieben. Seine Schwester rief die Vögel zu sich und benutzte ihre eigenen Qualen als Tor, das sie zur Einsicht führte. Hugin fürchtete die Dämmerung, wenn die schwarzen Vögel aus dem Sommerhimmel herabstießen, um an ihrem Fleisch zu zerren und zu picken. Nordmänner, die alles töteten und niederbrannten, suchten das Land heim, doch als sie Hugin und seine Schwester im Wald entdeckten, knieten sie vor ihnen nieder und baten um einen Segen. Sie blieben, beschützten die Geschwister und sahen den Vögeln zu, die auf der Hexe landeten.
Aus Holz und Ranken bastelte Hugin ihr einen Schutz für die Augen. Sie konnte und konnte die Frau mit der heulenden Rune nicht finden, die den Wolf anlocken würde. Er flehte seine Schwester an, nicht das zu tun, was sie vorhatte, setzte sich an ihre Stelle, litt und kreischte unter den Vogelschnäbeln, doch es kam nichts dabei heraus. Der Totengott wollte mehr, also gab sie ihm schließlich ihre Augen und entdeckte die Frau. Sie sollte in Paris sein, wenn die Stadt brannte. Daraufhin reisten sie zu Siegfried, erklärten ihm, sein Schicksal werde sich in der kleinen Stadt an der Seine erfüllen, und der König glaubte ihnen.
Unterdessen setzte ihnen der Wolfsmann zu. Munins Magie konnte ihm anscheinend nichts anhaben. Dabei fiel dem Raben und seiner Schwester niemals auf, dass er den Wolfsstein besaß, das Stückchen aus dem Fels namens Giöll, gegen den keine Magie etwas ausrichten konnte. Durch Hugins Schwert konnte der Gegner allerdings verletzt werden. Zweimal hatte der Rabe gedacht, er habe den Wolfsmann getötet, und zweimal war das Wesen zurückgekehrt und hatte gegen ihn gekämpft.
Am Flussufer, wo er Aelis begegnet war, hatte er zum letzten Mal mit dem Wolfsmann gerungen. Hätte er da schon alles gewusst, dann wäre ein viel schärferer Kampf entbrannt zwischen dem, der er gewesen war, und dem, der er sein wollte. Die Begegnung mit Aelis hatte ihn berührt. Es war, als sei er, Hugin, der Diener des Todes, nur eine Tonfigur, die der Anblick der Edelfrau zerbrochen hatte, worauf im Inneren etwas ganz anderes zum Vorschein kam. Als er den Wolfsstein angelegt hatte, war der Rabe zu Staub zerfallen, und Louis hatte in der Morgendämmerung neben dem kleinen Händler im Wald gestanden und erkannt, dass sein Leben eine einzige Täuschung gewesen war. Jetzt waren seine Erinnerungen klar. Seine Schwester hatte in ihrer Kindheit nicht das Fieber bekommen. Sie hatte ihre Eltern mit ihrer Magie getötet und ihn durch ihren Willen an sich gebunden. Er war nicht einmal ihr Bruder, sondern nur ein Junge aus dem Kloster, den die wilde Frau benutzt hatte.
Nicht die wilde Frau hatte von ihm verlangt, den Abt zu töten, um Heilung zu finden. Das Mädchen, das kleine Mädchen war in seine Gedanken eingedrungen und hatte seine Liebe für sie geweckt und ihn sich gefügig gemacht. Die wilde Frau
Weitere Kostenlose Bücher