Clean Team
Hollywood liegt ein kleines Industriegebiet. Unverputzte Ziegelhallen, in denen Firmen Bleche zuschneiden, Baugeräte verleihen, Traktormotoren überholen, Kupferdrähte aus alten Elektroanlagen recyceln oder sich hinter hohen Maschendrahtzäunen und Stacheldraht verschanzen, damit große bellende Hunde pausenlos auf dem Gelände patrouillieren können. Verbeulte Pick-ups stehen am Straßenrand. Dieselben, die man an Werktagen frühmorgens durch West Hollywood kurven sieht, beladen mit Laubgebläsen, Rasenmähern und Motorsensen. Stromleitungen hängen von Masten auf die verrosteten Blechdächer herab.
Inmitten dieser Pracht hockte ich auf einer Werkbank und starrte auf drei riesige Kühltruhen, randvoll mit Kleidern, Bettzeug, Teppichstücken, Sofakissen, Papierhandtüchern, getränkt mit jeder nur vorstellbaren Flüssigkeit, die aus menschlichen Leichen austreten kann. Sondermüll, der darauf wartete, zu SaniWaste gekarrt und von dort mit Lastwagen nach Utah geschafft zu werden, wo solcher Unrat massenweise verbrannt wurde.
Zumindest entnahm ich das der SaniWaste-Broschüre, die ich in einem der Büroregale gefunden hatte. Ich hatte die Wahl gehabt zwischen dieser Broschüre und einer alten Ausgabe von Entertainment Weekly , die auf dem Klo
herumlag. Kein Wunder, dass ich mich für die Broschüre entschied.
Ich sprang von der Werkbank und wanderte durch den Laden. Studierte eine Maschine, die laut einer weiteren Broschüre Formalin recycelte. Ich fragte mich, was sie wohl mit dem Zeug anstellte, das in dem Formalin schwamm, bevor es gereinigt wurde. Die Augen, Gewebeproben, amputierten Glieder, zerfressenen Innereien, oder was auch immer sie in den Gläsern mit diesem Zeug üblicherweise einlagerten. Ich spazierte zum Fenster und blickte über die Straße. Dort bewachte einer dieser großen Hunde sein Fleckchen Asphalt. Klar, das wäre eine Möglichkeit, um das Zeug loszuwerden. Aber möglicherweise verfrachteten sie es auch zusammen mit dem ganzen anderen Müll nach Utah.
Ich ging zurück ins Büro, schaltete den Fernseher ein, zappte durch ein paar Kanäle und knipste ihn wieder aus. Ich ließ die Maus um den Computer kreisen und überlegte, ob ich mir einen Porno reinziehen sollte. Aber allein bei der Vorstellung, mir in dieser Umgebung einen runterzuholen, verging mir sofort die Lust, und ich verwarf die Idee wieder. Das Letzte, was ich im Moment brauchte, waren weitere verstörende Bilder, die mein Hirn heimsuchten.
Der Gedanke an verstörende Bilder rief prompt einige davon auf den Plan.
Es war zum Kotzen.
Ich kauerte auf dem Doppelbett in der Ecke des Büros, das offensichtlich für kleine Nickerchen zwischendurch bestimmt war. Eine normale Liege hätte Po Sins Erfordernissen aus leicht nachvollziehbaren Gründen nicht genügt. Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach Mitternacht. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal so spät auf gewesen war. Verdammt, ich konnte mich nicht mal darauf besinnen, wann ich das letzte Mal nach neun Uhr abends wach gewesen war.
Nicht, dass es mir ein Rätsel gewesen wäre, woher das große Schlafbedürfnis stammte.
Im Schlaf war alles leichter zu ertragen als im Wachzustand.
Also, warum dagegen ankämpfen?
Ich rollte mich zusammen und gab den Kampf auf. Ein alltägliches Ritual im letzten Jahr. Aufgeben.
Hallo, Sie haben die Nummer von Clean Team gewählt. Unser Büro ist zurzeit nicht besetzt. In dringenden Fällen wählen Sie bitte die 1-888-256-8326. Ich wiederhole, 1-888-CLN-TEAM. Wir melden uns umgehend zurück.
Piiiiiep.
- Hallo, hier, äh, hier ist Soledad Nye. Die Frau aus Malibu. Sie haben heute die Sauerei beseitigt, die mein Dad angerichtet hat. Ich meine, verdammt, das war alles so schrecklich. Sie haben das Haus gereinigt. Jedenfalls, ich versuche einen Ihrer Angestellten zu erreichen. Web. Ich wollte mit ihm über was reden. Meine Nummer, also, er soll mich auf dem Handy anrufen, meine Nummer ist … Moment.
Ich vermied nur knapp einen versehentlichen Suizid, als ich aus dem Schlaf hochfuhr und meinen ohnehin in Mitleidenschaft gezogenen Schädel gegen die viel zu niedrige Ablage donnerte. Allerdings brachte ich es immerhin so weit, dass ich zum Schreibtisch kriechen musste.
- Hallo? Hallo? Scheiße! Verdammt!
- Äh, Web?
- Ja, ich bin’s. Oh, verfluchte Scheiße! Jesus.
- Alles okay?
- Ja, ich hab nur, verdammt, ich hab mir grade ziemlich heftig die Rübe angestoßen.
Ich hockte auf dem
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