Clemens Gleich
"Aber bis jetzt ist es eine Menge Spaß, eine Menge neu gelernte Tricks, also bleibe ich auf jeden Fall noch eine Weile. Gehen kann ich später immer noch." Jianna wischte sich die Hände an der Hose ab und zeigte mit einer davon auf ihre einladend sonnenbeschienene Terrasse. Ein alter Mann saß dort auf einem der Holzklappstühle, die um einen kleinen Kaffeetisch herumstanden.
"Komm, wir setzen uns", schlug sie vor. "Was willst du trinken?"
"Kaffee!", rief Fuzz aus. Er wirkte so aufgekratzt, als hätte er schon den ganzen Tag Kaffee getrunken. Der Grund dafür war, dass er schon den ganzen Tag Kaffee getrunken hatte.
"Kaffee?" Jianna runzelte die Stirn. Nicht, dass er ihr völlig ausflippte.
"Kaffeeee!", wiederholte der Junge, als sie zu den Stühlen gingen. "Kaffee! Was für eine wunderbare Erfindung! Ich hab' so viel nachzuholen. Und Schokolade dazu will ich! Äh, bitte."
"Meinetwegen", sagte Jianna achselzuckend. "Du musst ja wissen, was du machst." Sie verschwand im Haus. Fuzz setzte sich neben den alten Mann:
"Hallo, alter Mann!", grüßte er zu laut.
"Hallo, Kleiner. Nenn mich doch Danus. Ich weiß, dass Jianna dir schon von mir erzählt hat."
"Ach ja? Was denn?"
"Naja, mindestens, dass es mich gibt." Er fummelte seinen Tabakbeutel heraus. "Sie ist sehr stolz auf dich, weißt du?"
"Tja, da hat sie recht." Fuzz verschränkte die Arme hinterm Kopf. "Wenn ich weiter so ranklotz', bin ich bald Kaiser." Danus lachte.
"Und du, alter Mann?", fragte der Junge dann zu ihm gewandt.
"Du sollst mich doch Danus nennen!", lachte Danus. "Ich bin fertig mit ranklotzen. Ich bin alt und lass' es ruhig angehen. Sollen andere Kaiser werden."
"Gute Entscheidung." Fuzz nickte hyperaktiv. Jianna stellte ein Tablett mit Tassen, einer Kanne, Keksen und Zubehör auf das Tischchen. Dann setzte sie sich zu den beiden.
"Das ist ja schnell gegangen", befand Fuzz. "Wie hast du das gemacht? Mächtige Zaubersprüche?"
"Nein, weise Voraussicht. Wir hatten schon Kaffee auf dem Wärmer." Sie füllte die Tassen.
"Mm! Ihr erwartet Besuch!" Fuzz' koffeinglänzende Augen wurden groß.
"Genau."
"Aber... doch nicht... nee..." Aufgeregt setzte Fuzz sich aufrecht.
"Doch!", grinste Jianna. "Wir haben einen Brief von den Siebenrings bekommen, dass Pikmo mal wieder zu Besuch kommt. Elis macht das in letzter Zeit öfter, weil sie kürzlich einen jungen Mann kennengelernt hat, und Probleme mit Pikmos Programmierung vermeiden will."
"Ha!", rief Fuzz aus. "Die will nur nicht, dass ihr neuer Kerl eifersüchtig ist, wenn er sieht, wie toll Pikmo ist!"
"Wer weiß?", schmunzelte Jianna. Fuzz schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. "Pikmo... sowas..."
Salvin Huntgeburth schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. Sein eigenes Chefredakteursbüro, dachte er und richtete den noch leeren Raum im Geiste ein. Er sah aus dem Fenster. Draußen lag "das Dorf", wie er die Stadt Paltberg nannte, weil nach einem Leben in der Hauptstadt jede andere Siedlung des Imperiums bestenfalls wie ein Dorf wirkte. Wie es im Einzelnen dazu gekommen war, dass das Tägliche Echo hier eine Redaktion eröffnete, das wusste er nicht und es interessierte ihn auch nicht. Eine Chance war gekommen, und die hatte er fest am Schopf gepackt. Er würde von hier aus den Regionalteil der Genburg-Ausgabe des Echos verantworten. Mehr Geld, mehr Ehre. Salvin nickte mit vorgeschobenem Kinn. Weniger Technik, fiel ihm dann ein. Weniger Glitzer, das auch. Seine Kollegen im Echo-Verlagshauptquartier Romala hatten außerdem "weniger Stress" angeführt. Salvin grinste. Das wollte er doch mal sehen. Sein Plan war, mehr Stress in die eher gemütlichen Angelegenheiten hier zu bringen. Diese Gegend brauchte dringend jemanden, der sie auf Drehzahl brachte!
Jianna brachte Fuzz auf den aktuellen Stand der Dinge. Sie hatte angefangen, neben der Arbeit auf dem Hof anderen Interessenten aus Romala Platz in ihrer Gegend zu vermitteln; Platz zum Ferien machen, Platz zum Wohnen, Platz zum Bauen, Platz zum Leben. Einen halben Tagesmarsch entfernt richtete zum Beispiel ein Pärchen in den mittleren Jahren eine alte Hofruine wieder her, die den Schadspuren nach zu urteilen vor langer Zeit einmal ein Brandgeschoss abbekommen haben musste. Es war eine attraktive Gegend, wenn man die Kombination von Langeweile, einem wunderbar grünen Panorama und einer latenten Gefahr des Todes als Kollateralschaden mochte. Jianna schrieb von Herzen kommende Liebesbezeugungen über die Genburg-Ebenen, über ihre
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