Clovis Dardentor
kratzen?«
Diese Metapher war nicht gerade seemännischer Art, Clovis Dardentor war aber auch kein Seemann, und in seiner bildlichen Ausdrucksweise sagte er seine Ansicht so, wie es ihm in den Mund kam, manchmal in abscheulich pomphafter und manchmal in bedauerlich vulgärer Redeweise.
»Mein Herr, erwiderte der Kapitän Bugarach, wir fahren genau zur bestimmten Zeit ab und die Vorschriften der Gesellschaft gestatten uns nicht, zu warten…
– O, ich bin Ihnen darum auch gar nicht böse! antwortete Clovis Dardentor, indem er dem Kapitän die Hand bot.
– Ich Ihnen auch nicht, obwohl Sie mich zwangen zu stoppen…
– Nun gut, so stoppen wir hiermit!« unterbrach ihn der Perpignaneser.
Dabei schüttelte er dem Kapitän die Hand so kräftig wie ein alter Faßbinder, der Reifenzieher und Schneideisen gehandhabt hat.
»Wissen Sie übrigens, setzte er hinzu, wenn meine Schaluppe Ihr Schiff nicht hätte einholen können, wär’ ich damit bis Algerien gefahren… na, und wenn ich diese Schaluppe nicht hätte austreiben können, wär’ ich einfach ins Wasser gesprungen und Ihnen nachgeschwommen! Ja, das ist so einmal meine Art, bester Kapitän Bugarach!«
In der That, so war Clovis Dardentor, und die beiden jungen Leute, die diesem Original mit Vergnügen zuhörten, wurden jetzt von ihm mit einem Gruße beehrt, den sie lächelnd erwiderten.
»Ein nettes Kerlchen!« murmelte Jean Taconnat.
In diesem Augenblicke drehte der »Argeles« um ein Viertel und stellte sich in die Richtung nach dem Cap Agde ein.
»Ach, Kapitän Bugarach, eine Frage von höchster Bedeutung! nahm Clovis Dardentor noch einmal das Wort.
– Bitte, sprechen Sie.
– Um wieviel Uhr wird hier gespeist?
– Um fünf Uhr.
– Also in fünfundvierzig Minuten. Eher nicht… aber ja nicht später!«
Clovis Dardentor machte eine Pirouette nach einem Blicke auf seine kostbare Repetieruhr, die an schwerer Goldkette im Knopfloche seiner Weste aus gutem Diagonal mit großen Metallknöpfen befestigt war.
Entschieden hatte dieser Perpignaneser, um einen durch sein ganzes Auftreten gerechtfertigten Ausdruck anzuwenden, »viel Chic«, wie er so mit dem weichen Filzhute mehr nach dem rechten Ohre, mit seinem karrierten Mac-Farlane, dem Feldstecher am Riemen, mit der Reisedecke, die über die Schulter bis zur Taille hinunter hing, den Pluderkniehosen, den Gamaschen mit kupfernen Schnallen und mit den doppelsohligen Jagdstiefeletten dastand.
Und wiederum erschallte seine scharfe, durchdringende Stimme.
»Wenn ich die Abfahrt versäumt hatte, die Mittagstafel verfehle ich nicht, lieber Kapitän, und wenn Ihr Schiffskoch seine Sache gut gemacht hat, werden Sie mich nach Gebühr kauen sehen…«
Plötzlich wendete sich sein Redefluß, den bisherigen Curs aufgebend, einer andern Person zu.
Herr Désirandelle, der seine Gattin von dem endlichen Eintreffen des so unselig verspäteten Reisegefährten unterrichtet hatte, war eben wieder erschienen.
»Ach, liebster Freund, guten Tag! rief Clovis Dardentor. Nun, und Frau Désirandelle?… Wo ist denn die vortreffliche Dame?… Und der schönste aller Agathoklesse?…
– Keine Angst, Dardentor, antwortete Herr Désirandelle, wir hatten uns nicht verspätet und der »Argeles« brauchte nicht ohne uns abzufahren!
– Was… Vorwürfe, mein Bester?…
– Verdient hätten Sie sie gewiß!… Welche Unruhe haben Sie uns bereitet!… Wenn wir nun in Oran bei Frau Elissane ohne Sie eintrafen?…
– O, ich hab’ auch genug gewettert, Désirandelle… Da war nur der Kerl, der Pigorin, daran schuld!… Er hat mich mit seinen Proben von alten Rivesaltesweinen aufgehalten. Ich mußte kosten und immer wieder kosten… und als ich auf dem Kai des alten Bassins ankam, da kam der »Argeles« gerade aus der Durchfahrt gedampft. Doch, hier bin ich ja, es ist also unnütz, über die Sache ein weiteres Wort zu verlieren oder die Augen zu rollen wie ein absterbender Lachs…
Ihrem Dampfer juckte es wohl in den Gliedern. (S. 38.)
Das könnte das Schiff nur in stärkeres Rollen bringen. – Nun aber, Ihre Frau?…
– Liegt auf Ihrer Schlafstätte… ein wenig…
– Schon jetzt?…
– Leider schon jetzt, seufzte Herr Désirandelle, dessen Lider zitterten, und auch ich selbst…
– Lieber, alter Freund, nehmen Sie einen Rath an, sagte Clovis Dardentor darauf. Oeffnen Sie den Mund nicht wie jetzt… Halten Sie ihn möglichst geschlossen, sonst hieße das den Teufel herausfordern…
– Du lieber Himmel,
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