Clovis Dardentor
gründen, in seinen Kindern und Kindeskindern fortzuleben…
– Zugegeben; die kann der Mensch aber haben, ohne sich zu verehelichen.
– Wie verstehen Sie das? fragte jetzt der Doctor.
– So wie es zu verstehen ist, meine Herren, und ich für meinen Theil würde die vorziehen, die schon da sind.
– Adoptivkinder?… warf Jean Taconnat ein.
– Natürlich! Ist das nicht hundertmal besser? Ist das nicht weit klüger? Da hat man doch die Wahl! Man kann Kinder nehmen, die an Leib und Seele gesund und über das Alter hinaus sind, wo sie noch von Keuchhusten, Scharlach und Masern bedroht werden; kann solche haben, die blond oder braun, dumm oder gescheidt sind. Man kann sich, je nach dem Geschlecht, das man wünscht, Knaben oder Mädchen zulegen, kann eines, zwei, drei, vier oder ein Dutzend davon bekommen, je nachdem man Sinn für Adoptivvaterschaft hat. Kurz, man ist völlig frei, sich eine Familie von Erben unter den besten Bedingungen für körperliches und geistiges Gedeihen zuzulegen, ohne darauf warten zu müssen, daß der Himmel seine Ehe segnete. Man segnet sich einfach selbst, wann und wie es Einem beliebt.
Man athmete die reine, sanft bewegte Seeluft. (S. 62.)
– Bravo, Herr Dardentor, bravo! rief Jean Taconnet. Auf das Wohlergehen Ihrer Adoptivengel!«
Und noch einmal erklangen die Gläser aneinander. Wieviel die Tischgenossen im Speisesalon des »Argeles« verloren hätten, wenn ihnen die letzten Phrasen der Tirade des mittheilsamen Perpignanesers entgangen wären, kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Er war in seiner Art prächtig gewesen!
»Ihre Methode, verehrter Herr, glaubte der Kapitän Bugarach jedoch hinzufügen zu müssen, mag an sich ja ganz gut sein. Wenn aber alle Welt ebenso dächte, wenn es nur noch Adoptiveltern gäbe, so vergessen Sie nicht, daß sich dann bald keine zu adoptierenden Kinder mehr finden würden.
– O nein, lieber Kapitän, so schlimm ist’s nicht, entgegnete Clovis Dardentor. Es wird nie an braven Leuten mangeln, die sich heiraten… Tausende… Millionen…
– Und das ist ein wahres Gluck, schloß Doctor Bruno, denn sonst würde es mit der Herrlichkeit der Welt bald zu Ende sein.«
Das Gespräch ging lebhaft noch weiter fort, ohne daß es weder Herrn Eustache Oriental störte, der jetzt am andern Ende der Tafel seinen Kaffee schlürfte, noch Agathokles Désirandelle abhielt, vollends die Dessertschüsseln zu plündern.
Da leitete Marcel Lornans, der sich eines gewissen Titels VIII vom Civilgesetzbuch erinnerte, die Frage auf das Gebiet des Rechts hinüber.
»Wenn jemand adoptieren will, Herr Dardentor, sagte er, so ist es unumgänglich, gewissen Bedingungen zu entsprechen.
– Das weiß ich wohl, Herr Lornans, und ich glaube, schon einige erfüllt zu haben.
– Mag sein, fuhr Marcel Lornans fort. Die erste lautet, daß Sie Franzose des einen oder andern Geschlechts sein müssen…
– Und ich speciell gehöre mit Ihrer Erlaubniß zum männlichen Geschlecht, meine Herrn!
– Ja, ja, das wollen wir Ihnen aufs Wort glauben, versicherte Jean Taconnat, und das setzt uns auch nicht in besondres Erstaunen.
– Des weitern verlangt das Gesetz, fuhr Marcel Lornans fort, von der Person, die adoptieren will, daß sie selbst weder Kinder noch legitime Descendenten habe…
– Ganz mein Fall, Herr Rechtsanwalt, und ich füge noch hinzu, daß mir auch Ascendenten abgehen…
– Ascendenten sind doch nicht verboten.
– Na, ich habe aber auch solche nicht.
– Eine nothwendige Eigenschaft, Herr Dardentor, fehlt Ihnen aber dennoch…
– Welche denn?
– Das Alter von fünfzig Jahren. Man muß wenigstens fünfzig Jahre zählen, um einen andern adoptieren zu dürfen.
– Das werd’ ich in fünf Jahren erreicht haben, wenn Gott mir das Leben läßt, und warum sollte er es nicht thun?…
– Ja, das wäre unrecht, fiel Taconnat ein; besser könnte er ein solches Geschenk gar nicht anlegen.
– Das mein’ ich auch, Herr Taconnat. Ich werde also die Vollendung meines fünfzigsten Lebensjahres abwarten und dann zu einer Adoption schreiten, wenn sich Gelegenheit, eine gute Gelegenheit, wie man im Geschäftsleben sagt, dazu bietet….
– Unter der Bedingung, docierte Marcel Lornans weiter, daß das männliche oder weibliche Individuum, das Sie dafür im Auge haben, nicht älter als fünfunddreißig Jahre ist, denn das Gesetz verlangt, daß der Adoptant mindestens fünfzehn Jahre älter ist, als der Adoptierte.
– Aber glauben Sie denn, rief
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