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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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haben! Da jener es sich jetzt aber doch verbeten haben würde, ihm den Leib aufzuschlitzen, begnügte sich der Doctor Herrn Dardentor zu fragen, ob er denn mit seiner Gesundheit stets gut hausgehalten habe.
    »Mit der Gesundheit, lieber Doctor?… Ja, was verstehen Sie denn unter diesem Worte?
    – Nun, dasselbe, was die ganze Welt darunter versteht, erwiderte der Doctor, nach der allgemein angenommenen Definition, den dauernden und leichten Verlauf aller Functionen der Körperökonomie…
    – Und indem wir uns dieser Definition anschließen, ließ Jean Taconnat sich vernehmen, möchten wir wissen, ob bei Ihnen, Herr Dardentor, diese Functionen so leicht…
    – Und so ungestört verlaufen, setzte Marcel Lornans hinzu.
    – Ganz ungestört, denn ich bin niemals krank gewesen, erklärte unser Perpignaneser, indem er kräftig auf seinen Brustkasten loshämmerte, und leicht, weil sie von statten gehen, ohne daß ich etwas davon bemerke.
    – Nun, mein lieber Herr, fragte der Kapitän Bugarach, sind Sie jetzt darüber, was man unter dem Worte Gesundheit versteht, soweit aufgeklärt, daß es uns gestattet ist, auf die Ihrige zu trinken?
    – Wenn das dazu nöthig ist, so gesteh’ ich ein, darüber völlig aufgeklärt zu sein, und wirklich scheint es mir nun an der Zeit, in Erwartung des Desserts eingen »Weißköpfen den Hals zu brechen«!«
    Im Süden ist dieser Ausdruck für »Champagnertrinken« allgemein gebräuchlich, und von Clovis Dardentor ausgesprochen, erhielt er gewiß die richtige südländische Klangfarbe.
    Der Röderer wurde also aufgetischt, die Kelchgläser füllten sich, mit weißer Schaumkrone bedeckt, und die Unterhaltung ertrank darin keineswegs… im Gegentheil!
    Der Doctor Bruno war es, der das Feuer mit folgenden Worten wieder eröffnete:
    »Nun, Herr Dardentor, möchte ich Sie um Beantwortung einer zweiten Frage bitten: Haben Sie sich zur Bewahrung dieses ungetrübten Gesundheitszustandes von jedem Exceß ferngehalten?
    – Was verstehen Sie unter dem Worte Exceß?
    – Alle Kuckuck! fiel Marcel Lornans lachend ein, das Wort Exceß ist in den Ostpyrenäen also ebenso unbekannt, wie das Wort Gesundheit?
    – Unbekannt… nein, Herr Lornans, doch offen gestanden, weiß ich nicht recht, was es bedeuten soll.
    – Herr Dardentor, nahm Doctor Bruno wieder das Wort, einen Exceß begehen, das bedeutet, seinen Leib wie seinen Geist unbedacht mißbrauchen, indem man unmäßig, ungestüm, achtlos dahinlebt und sich vorzüglich den Tafelfreuden zu viel hingiebt… einer bedauerlichen Leidenschaft, die den Magen über kurz oder lang ruiniert…
    – Was haben sie wieder… den Magen?… fragte Clovis Dardentor im ernsthaftesten Tone.
    – Sie wissen nicht, was das ist? rief Doctor Bruno. Sapperment, ein Organ, das dazu dient, die Gastratgien, Gastriten, Gastrocellen, Gastroenteriten, die Endogastriten und die Exogastriten zu fabricieren!«
    Während er so diesen Rosenkranz von Ausdrücken abbetete, die alle das (griechische) Wort »Gaster« zum Stamme haben, schien er ganz glücklich zu sein, daß der Magen zu so vielen Specialkrankheiten Veranlassung gebe.
    Kurz, Clovis Dardentor blieb bei der Behauptung, daß ihm alles, was eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bedeutete, ganz unbekannt sei, und da er sich weigerte zuzugestehen, daß jene Worte überhaupt eine Bedeutung hätten, richtete Jean Taconnat, dem die Sache viel Spaß machte, an den Starrkopf noch die Frage:
    »Sie hätten also niemals eine flotte Zecherei 1 mitgemacht?
    – Nein… weil ich mich niemals verheiratet 2 habe!«
    Die Trompetenstimme dieses Originals ging dabei in ein so lautes Lachen über, daß die Gläser auf dem Tische erklangen, als würden sie von einer Schlingerbewegung des Schiffes gerüttelt.
    Es schien also unmöglich zu erfahren, ob dieser unfaßbare Dardentor das Prototyp der Nüchternheit gewesen sei oder nicht, ob er die unerschütterte Gesundheit, deren er sich erfreute, seiner gewohnten Mäßigkeit oder einer eisernen Constitution, die kein Mißbrauch zu zerstören vermochte, zu verdanken habe.
    »Aha, mein Herr Dardentor, bekannte der Kapitän Bugarach, ich sehe, daß die Natur Sie aufgebaut hat, um einen unsrer zukünftigen Hundertjährigen zu schaffen!
    – Und warum denn nicht, Herr Kapitän?
    – Ja, warum das nicht? wiederholte Marcel Lornans.
    – Wenn eine Maschine solid construiert, gut ausbalanciert ist, reichlich geölt und nach Gebühr in Stand gehalten wird, fuhr Clovis Dardentor fort, begreif’

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