Clovis Dardentor
»sogenannte« weiche Eier vorgesetzt, die da hätten am Spieß gebacken sein können. Zum Glück war der Beamte Derivas nicht anwesend, sonst wäre es ohne derbe Vorwürfe nicht abgegangen. Zum Ersatze wurden die Touristen jedoch von Eingebornen mit einem Ständchen beehrt. Vielleicht hätten sie das Concert abgelehnt, sie fügten sich aber auf Verlangen Dardentor’s, dessen schlechte Laune doch keiner zu verschlimmern wagte.
Die Serenade wurde also im großen Saale des Gasthauses ausgeführt, war aber freilich kaum des Anhörens werth.
Sie bestand aus einer sogenannten »Nouba« von drei verschiedenen arabischen Instrumenten, einem »Tebeul«, d. i. einer großen Trommel, die auf beiden Schallflächen mit zwei dünnen Holzklöppeln geschlagen wurde, ferner aus der »Rheïta«, einer zum Theil metallnen Flöte, deren scharfer Ton fast dem einer Kindertrompete gleicht, und endlich dem »Nouara«, der aus zwei halben, mit getrockneter Thierhaut überzogenen Flaschenkürbissen besteht. Wenn eine »Nouba« gewöhnlich von graziösen Tänzen begleitet ist, so standen solche heute Abend wenigstens nicht auf dem Programm.
Nach Schluß der kleinen Festlichkeit rief Dardentor mit voller Stimme:
»Bezaubernd… ich bin ganz hingerissen!«
Da niemand eine gegentheilige Ansicht zu äußern wagte, ließ er den Eingebornen durch Moktani seine Anerkennung aussprechen und begleitete diese auch noch mit einem recht anständigen Trinkgeld.
Ob der Perpignaneser wirklich so zufrieden war, wie er sich stellte, ist zwar fraglich. Dagegen gab es unter den Zuhörern einen, dessen Befriedigung sicher nichts zu wünschen übrig ließ. Während der Nouba hatte einer der beiden Vettern – welcher, ist ja leicht zu errathen – ein Plätzchen neben Fräulein Elissane zu finden gewußt und ihr wahrscheinlich »die drei Worte«, die in seinem Herzen geschrieben standen und in dem des jungen Mädchens ein Echo fanden, zugeflüstert.
Zeitig am nächsten Morgen erfolgte der Aufbruch der Touristen, die dem Endziel der Reise voll Ungeduld entgegensahen. Nach Lamoricière und bis zum Aïn-Tellout folgten sie auf etwa zehn Kilometer der in Bau begriffenen Bahnstrecke. Dann zweigt die Straße nach Nordosten hin ab und schneidet wenige Kilometer vor Sidibel-Abbès eine andre, noch unvollendete Bahnlinie, die nach Südoran führt.
Erst mußten hier ausgedehnte Alfaanpflanzungen und bis zum Horizonte reichende Getreidefelder durchzogen werden. Längs der Straße gab es zahlreiche Ziehbrunnen, obwohl die Oueds Mouzen und Zehenna hier schon ziemlich viel Wasser führen. Wagen und Pferde bewegten sich so schnell wie möglich dahin, um die noch übrige Strecke in einem Tage zu überwinden.
Jetzt ließ man sich nicht mehr durch fröhliches Geplauder aufhalten, auch bot die Straße nichts Sehenswerthes, nicht einmal Ruinen aus der Römer-oder Berberzeit.
Die Temperatur war ziemlich hoch, zum Glück milderte eine Wolkendecke den Sonnenbrand, der in dieser waldlosen Gegend unerträglich gewesen wäre. So ging es durch Felder ohne Bäume. durch Ebnen ohne Schatten bis zur Zeit des Frühstücks weiter.
Es war elf Uhr, als die Karawane auf ein Zeichen des Führers Halt machte. Wäre sie um einige Kilometer nach links abgewichen, so hätte ihr der Wald von Ouled-Mimoun einen recht hübschen Platz zu kurzer Rast geboten. Noch einen Umweg zu machen, schien aber nicht rathsam.
So setzten sich also Alle in Einzelgruppen an der Straßenböschung zum Frühstück nieder. Da gab es die Gruppe Dósirandelle-Elissane, der natürlich Louise sich anschließen mußte; ferner die Gruppe Jean-Marcel, und der junge Mann, der sich dem jungen Mädchen nicht zu nähern suchte, zeigte dabei eine zarte Zurückhaltung, für die jene gewiß erkenntlich war. Wahrscheinlich waren Beide von Lamoricière ab weiter vorwärts gekommen, als die Karawane, und einem Ziele entgegen, das Sidibel-Abbés wohl nicht war.
Endlich gab es die Gruppe Dardentor, die nur aus der Person dieses Namens bestanden hätte, wenn unser Perpignaneser sich nicht in Ermanglung erwünschterer Gesellschaft mit der des Herrn Oriental begnügt hätte.
So saßen sie Beide bei einander und plauderten zusammen von allerlei… von der Reise vorzüglich, die ohne Zwischenfälle zu Ende gehen sollte. Von der Abfahrt an hatte es keine Verspätung, keine Unfälle ernsterer Art gegeben. Die Touristen waren wohlauf, höchstens, besonders die Damen, etwas ermüdet. Noch gegen sechs Stunden bis Sidibel-Abbès, dann
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