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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Kader einst den heiligen Krieg

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    — 228 —
    predigte, deren zweite, zu einer Kirche umgestaltet, zur Be-
    reitung des Brotes der Seele dient, und deren dritte, jetzt
    ein Getreidemagazin, das Brot des Leibes liefert (wörtlich,
    nach Jean Taconnat). Nach dem mit einer schönen Fontaine
    mit weißem Marmorbassin geschmückten Gambettaplatz
    besuchte man nacheinander den Beylik, einen alten Palast
    in arabischem Baustil, das arabische Büro, ein maurisches
    Gebäude, und den bis zum Grund der Schlucht des Oued-
    Toudman hinabreichenden öffentlichen Garten mit seinen
    großen Baumschulen und Anpflanzungen von Öl- und Fei-
    genbäumen, deren Früchte zur Herstellung eines eßbaren
    Teigs verwendet werden. Zu Mittag ließ Herr Dardentor ei-
    nen großen Laib von diesem Teig auftragen, den er ganz
    köstlich fand und den Jean Taconnat mit demselben Eigen-
    schaftswort – im Superlativ – zu bezeichnen für gut fand.
    Gegen 8 Uhr nahm der Omnibus seine Fahrgäste vom
    vorigen Tag wieder auf und verließ Mascara. Diesmal fuhr
    der Wagen aber, statt nach Crève-Cœur zurückzukehren,
    nach der Station Tizi durch die Ebene von Eghris, deren
    Weingärten einen weißen Tropfen von gutem Ruf erzeu-
    gen.Der Zug ging um 11 Uhr ab. Obwohl Herr Dardentor
    wieder 40-Sols-Stücke unter die Füße der Beamten ge-
    streut hatte, kam es diesmal doch zu einer Trennung seiner
    Gruppe.
    Der aus vier Waggons bestehende Zug war fast überfüllt,
    und infolgedessen konnten Frau Désirandelle, Frau Elis-
    sane und ihre Tochter nirgends anders Platz finden, als in
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    einem Damencoupé, worin schon ein paar ältere weibliche
    Personen saßen. Herr Désirandelle versuchte zwar mit al-
    ler Gewalt, sich hineinzuschmuggeln, der Widerspruch der
    zwei unzugänglichen Matronen, die ihr Alter desto wilder
    machte, nötigte ihn jedoch, einen anderen Platz zu suchen.
    Clovis Dardentor ließ ihn mit in das Coupé für Raucher
    steigen und wetterte ohne Scheu:
    »Da sieht man diese Bahngesellschaften! . . . In Afrika
    geht es ebenso verkehrt zu wie in Europa! . . . Überall Er-
    sparnis an Wagen, von der Ersparnis an Beamten ganz zu
    schweigen.«
    Da das Coupé schon fünf Reisende enthielt, blieb noch
    ein Platz übrig, nachdem sich die Herren Dardentor und
    Désirandelle einander gegenüber gesetzt hatten.
    »Wahrhaftig«, sagte Jean Taconnat, »ich ziehe es noch
    vor, mit ihm zusammen zu sein!«
    Marcel Lornans brauchte nicht erst zu fragen, auf wen
    sich das »ihm« bezog, und antwortete lachend:
    »Hast recht . . . Steig an seine Seite . . . man kann ja nicht
    wissen . . .«
    Er selbst war nicht böse darüber, sich in einem anderen,
    minder vollgepfropften Wagen unterzubringen, um unge-
    stört träumen zu können. Der letzte des Zugs enthielt nur
    drei Passagiere in dem einen Coupé, und darin nahm er
    Platz.
    Die Nacht war dunkel, ohne Mond und Sterne, und der
    Horizont von Dünsten verhüllt. Das Land bot auf dieser
    Strecke auch nichts Sehenswertes, da es nur neuere Ansied-
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    lungen enthält. So hätte man da nichts als Farmen und Ou-
    eds, die ein ganzes Netzwerk bildeten, sehen können.
    In seine Ecke gelehnt, überließ sich Marcel Lornans
    Träumereien, wie man solchen nachhängt, ohne zu schla-
    fen. Er dachte an Louise Elissane, an den Zauber ihrer Un-
    terhaltung und an den Liebreiz ihrer Person . . . und sie
    sollte die Gattin dieses Agathokles werden? Nein, das war
    unmöglich! Das ganze Weltall hätte dagegen protestiert . . .
    und Herr Dardentor selbst mußte doch schließlich als der
    Wortführer des Weltalls auftreten . . .
    »Froha . . . Froha!«
    Dieses Wort, das dem Geschrei der Raben ähnelt, er-
    scholl von der durchdringenden Stimme des Schaffners.
    Kein Passagier verließ das Coupé, wo er sich in seinen Träu-
    men wiegte. Er liebte sie! . . . Ja, er liebte das reizende junge
    Mädchen . . . liebte sie von dem Tag an, wo er sie zum ersten
    Mal auf dem Verdeck der ›Argèlès‹ erblickt hatte. Das war
    der berühmte Blitz gewesen, der den Menschen zuweilen
    aus heiterem Himmel trifft.
    »Thiersville! . . . Thiersville!« wurde 20 Minuten später
    gerufen.
    Der dieser kleinen Station beigelegte Name des gro-
    ßen Staatsmanns riß Marcel Lornans auch nicht aus seinen
    Träumen, und Louise Elissane verdunkelte vollständig das
    Bild des berühmten »Befreiers des Landes«.
    Der Zug fuhr nur mäßig schnell, da er bis zur Station
    Traria am gleichnamigen Oued, die 126 Meter hoch

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