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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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El-Gor, wo sie
    vor Einbruch der Nacht anlangen mußte.
    An dieser Stelle wurde ein Flußübergang nötig, der sich
    weniger leicht als die früheren gestaltete.
    Ein ziemlich breiter Oued durchschnitt die Straße.
    Der Sar, ein Seitenarm des Oued-Slissen, hatte Hochwas-
    ser, wahrscheinlich infolge der teilweisen Leerung einer
    stromaufwärts gelegenen, übervollen Talsperre. Die Furten,
    durch die die Karawane zwischen Saïda und Daya gezogen
    war, hatten kaum die Füße der Gespanne benetzt, da sie fast
    trocken lagen. Diesmal handelte es sich um 80 bis 90 Zenti-
    meter Wassertiefe, was indes den Führer, der die Furt genau
    kannte, gar nicht in Verlegenheit setzte.
    Moktani wählte also eine weniger steil abfallende Stelle
    aus, wo die Personen- und der Lastwagen bequemer nach
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    dem Bett des Oued hinabgelangen konnten. Da das Was-
    ser kaum bis über die Nabe der Räder reichen sollte, wür-
    den die Sitzkästen trocken bleiben und die Insassen konn-
    ten darauf rechnen, ungefährdet nach dem anderen, etwa
    10 Meter entfernten Ufer zu gelangen.
    Der Führer ritt voraus; Dérivas und Dardentor folgten
    ihm. Von der Höhe seines gewaltigen Reittiers beherrschte
    letzterer sozusagen die Fläche des Flusses, ähnlich einem
    Wasserungetüm der antediluvianischen Epoche.
    Zu beiden Seiten des Wagens, worin die Damen saßen,
    hielten sich Marcel Lornans zur Linken und Jean Taconnat
    zur Rechten. Dann folgten die anderen beiden Wagen, von
    denen die Touristen nicht abgestiegen waren. Die auf den
    Lastwagen sitzenden Eingeborenen bildeten die Nachhut
    der Karawane.
    Agathokles hatte auf das bestimmte Verlangen seiner
    Mutter von dem Maultier absitzen und mit in den Wagen
    steigen müssen. Frau Désirandelle wollte ihren Sohn keinem
    unfreiwilligen Bad im Sar ausgesetzt sehen, für den Fall, daß
    das launische Tier wieder einige Bocksprünge wagte, denen
    sein Reiter rettungslos zum Opfer gefallen wäre.
    Die Durchfahrt ging in der von Moktani eingehaltenen
    Richtung bisher ohne Unfall vonstatten. Da sich das Fluß-
    bett allmählich vertiefte, sanken die Gespanne nur nach und
    nach ins Wasser. Dieses reichte ihnen, selbst in der Mitte
    des Oued, noch nicht einmal bis an den Bauch. Wenn die
    Reiter auch die Beine emporhoben, hatten das Herr Dar-
    dentor und der Führer auf ihren Meharis nicht nötig.
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    Die Hälfte der kleinen Strecke war bereits überwunden,
    als sich ein Schrei vernehmen ließ.
    Louise Elissane hatte ihn ausgestoßen, als sie Jean Ta-
    connat verschwinden sah, dessen Pferde es für alle vier
    Füße plötzlich an Grund fehlte.
    Rechts von der Furt befand sich nämlich eine 5 bis 6 Me-
    ter tiefe Senke, die der Führer dadurch vermied, daß er sich
    etwas weiter stromauf davon hielt.
    Der Aufschrei von Fräulein Elissane brachte die Kara-
    wane zum Stehen.
    Jean Taconnat als guter Schwimmer wäre nicht gefähr-
    det gewesen, wenn er sich von den Steigbügeln befreit hätte.
    Von dem plötzlichen Vorgang überrascht, fand er aber keine
    Zeit dazu und wurde gegen die Seite seines Pferdes gewor-
    fen, das heftig ausschlug.
    Marcel Lornans riß in dem Augenblick, wo sein Vetter
    verschwand, sein Pferd schnell nach rechts.
    »Jean«, rief er, »Jean!«
    Trotz seiner Unfähigkeit zu schwimmen, wollte er doch,
    auf die Gefahr, selbst zu ertrinken, den Versuch machen,
    ihm Hilfe zu bringen, als ein anderer ihm schon zuvorkam.
    Dieser andere war Clovis Dardentor.
    Nach Abwerfung seines Zerdani stürzte sich der Per-
    pignaneser vom Rücken seines Mehari in den Sar und
    schwamm nach der Stelle, wo sich noch ein Wirbeln des
    Wassers zeigte.
    Regungslos, kaum atmend und starr vor Schreck folgten
    aller Augen dem kühnen Retter. Sollte er seine Kräfte nicht

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    überschätzt haben und waren am Ende gar zwei Opfer statt
    eines zu zählen?
    Nach wenigen Sekunden tauchte Clovis Dardentor wie-
    der auf und zog den halberstickten Jean Taconnat, den er
    glücklich aus den Steigbügeln losgemacht hatte, nach sich.
    Er hatte ihn am Halskragen gepackt, hielt seinen Kopf mit
    der einen Hand über Wasser und steuerte mit der anderen
    Hand den seichteren Stellen zu.
    Einige Augenblicke später erstieg die Karawane das jen-
    seitige Ufer. Alles verließ die Wagen und die Pferde und
    drängte sich um den jungen Mann, der bald wieder zu
    Bewußtsein kam, während Clovis Dardentor sich wie ein
    durchnäßter Neufundländer schüttelte.
    Jean Taconnat begriff nun, was vorgegangen war,

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