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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und Eßlust am Mahl teilgenommen hatte.
    Was war aus ihm geworden?
    »Herr Oriental!« rief Clovis Dardentor mit seiner mäch-
    tigen Stimme. »Wo ist er denn hin, der Sterngucker mit sei-
    nem Taschenteleskop? . . . He! Herr Oriental!«
    Keine Antwort.
    »Wir können den Herrn aber doch nicht im Stich las-
    sen«, sagte Frau Elissane.
    Natürlich ging das nicht. Mehrere suchten also nach
    ihm, und bald zeigte sich der Astronom, sein Fernrohr nach
    Nordwesten gerichtet, am Waldsaum.
    »Wir wollen ihn nicht stören«, ermahnte Herr Darden-
    tor, »da er eben den Horizont betrachtet. Wissen Sie denn,
    daß dieser Sonderling uns gegebenenfalls große Dienste
    leisten kann? Nur dadurch, daß er die Sonnenhöhe abliest,
    würde er uns, wenn unser Führer sich verirrte, wieder auf
    den richtigen Weg . . .«
    — 281 —
    »Nach einer Speisekammer bringen«, fiel Jean Taconnat
    ein.»Ganz recht!«
    Der Teil des Gebiets von Ouled-Balagh, durch den die
    Ausflügler auf dem Weg nach El-Gor kamen, enthält sehr
    ausgedehnte Alfakulturen. Der von unzähligen Gramineen,
    die über Sehweite hinausreichen, eingefaßte Weg bot kaum
    den Wagen genügend Platz. Es mußte sich alles im Gänse-
    marsch vorwärtsbewegen.
    Eine zitternd heiße Luft lag auf dem weit offenen Land.
    Die Wagen mußten mit den Vorhängen geschlossen wer-
    den. Wenn Marcel Lornans jemals das Strahlengestirn ge-
    lästert hatte, so war das heute der Fall, denn die geschlos-
    senen Wagen verhüllten ihm ja das liebliche Gesicht Louise
    Elissanes. Clovis Dardentor, jetzt zwischen den beiden Hö-
    ckern seines Mehari zurechtgesetzt und »beduinend wie
    ein echter Sohn Mohammeds« hatte zum großen Schaden
    seiner Schweißdrüsen die Augen der Sonne dem Anschein
    nach nicht zum Niederschlagen bringen können, und wäh-
    rend er sich den Schweiß von der Stirn wischte, bedauerte
    er vielleicht, keine arabische Tabourka aufzuhaben, die ihn
    gegen die brennenden Strahlen geschützt hätte.
    »Alle Teufel«, rief er, »dieser wandelnde Ofen, der von
    einem Ende des Horizonts bis zum anderen hinkriecht, ist
    aber auch bis zur Weißglut erhitzt. Der versengt einem ja
    ganz das Oberstübchen!«
    »Den Kopf . . . wenn ich bitten darf !« verbesserte ihn Pa-
    trice.
    — 282 —
    Gegen Nordwesten erhoben sich die bewaldeten Höhen
    von Ourgla, während im Süden der mächtige Bergstock der
    Hochebenen aufstieg.
    Um 3 Uhr erreichte man den Wald, wo die Karawane
    unter dem undurchdringlichen Dach immergrüner Eichen
    eine von frischen und belebenden Düften gesättigte Luft
    wiederfand.
    Der Wald von Ourgla ist weit und breit einer der größ-
    ten, denn er bedeckt nicht weniger als 75.000 Hektar Boden.
    Die Landstraße durchschneidet ihn auf eine Strecke von 11
    bis 12 Kilometern. Breit ausgefahren durch die Lastwagen,
    die die Regierung zur Zeit des Holzschlags hierher schickt,
    erlaubte sie den Touristen, sich nach Belieben zu gruppie-
    ren. Die Vorhänge der Wagen wurden wieder aufgezogen
    und die Reiter trabten heran. Da flogen so manche Scherz-
    worte hin und her, und Dardentor wiederholte immer die
    Lobsprüche, die ihm niemand – außer den mürrischen Dé-
    sirandelles – vorenthielt, einheimsend:
    »Na, liebe Freunde, wer ist denn der brave Mann, der
    Euch diese köstliche Reise angeraten hat? Sind Sie zufrie-
    den, Frau Elissane, und Sie liebes Fräulein Louise? . . . Und
    Sie zögerten noch, Ihre Wohnung in der Alten Schloßstraße
    einmal zu verlassen! Sagen Sie mir, ist dieser prächtige Wald
    nicht schöner als die Straßen von Oran? Könnte der Bou-
    levard Oudinot oder die Létang-Allee sich gegen ihn auf-
    spielen?«
    Nein, das konnten sie nicht, um so weniger, als jetzt ein
    Haufen kleiner Affen, von Baum zu Baum, von Zweig zu
    — 283 —
    Zweig springend, schreiend und nach Herzenslust Grimas-
    sen schneidend, der Karawane das Geleit gab. Um seine Ge-
    schicklichkeit zu zeigen – und er war geschickt, von einiger
    Aufschneiderei vielleicht abgesehen –, kam Herrn Darden-
    tor der Einfall, eines der gelenkigen Tiere herunterzuschie-
    ßen. Da ihm das andere gewiß nachgemacht hätten, wäre
    wohl eine Abschlachtung der ganzen Affenbande daraus
    geworden. Die Damen erhoben jedoch dagegen Einspruch,
    und wer hätte Fräulein Louise Elissane widerstehen kön-
    nen, wenn sie für diese hübschen Muster der algerischen
    Fauna um Gnade bat?
    »Und nebenbei bemerkt, Herr Dardentor«, sagte Jean
    Taconnat, der sich in den Steigbügeln bis zum Ohr dersel-
    ben

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