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Club Dead

Club Dead

Titel: Club Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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wirklich ging, weswegen ich ganz froh war, an der Tür eine kleine Pause einlegen zu können, um die Türklinke herunterzudrücken. Dabei wäre mir Bill um ein Haar aus dem Arm gerutscht, denn er schlief wortwörtlich im Stehen.
    Überhaupt hatte lediglich die drohende Gefahr, auf der Flucht entdeckt zu werden, ihn soweit aufgeputscht, daß er sich hatte bewegen können.
    Die Tür sprang auf, und ich überprüfte ein letztes Mal den Sitz der Wolldecke, die gelb und fransig Bills Kopf ganz bedecken sollte. Auch wenn das Sonnenlicht nur schwach und wäßrig trübe war, stöhnte Bill auf, als wir nach draußen traten und erschlaffte fast völlig in meinen Armen. Da fing ich an, leise auf ihn einzureden, mit ihm zu schimpfen, zu fluchen, ihn auf jede nur denkbare Weise zu triezen, damit er in Bewegung blieb. Ich sagte, wenn es der Schlampe Lorena gelungen sei, ihn wachzuhalten, dann würde ich das ganz gewiß auch schaffen. Ich sagte, ich würde ihn windelweich schlagen, wenn er es nicht bis zum Auto schaffte.
    Dann endlich, nach einer letzten riesigen Kraftanstrengung, hatte ich es vollbracht und wir standen am Kofferraum des Lincoln. Ich öffnete den Deckel. „Hock dich auf den Rand hier!" wies ich meinen Liebsten an und zupfte und schob dann solange an ihm herum, bis er, das Gesicht zu mir gewandt, auf dem Rand des Kofferraums saß. Genau da verließ ihn das letzte Fünkchen Leben. Er sackte einfach in sich zusammen und kippte nach hinten. Mit einem Klagelaut, der mir fast das Herz gebrochen hätte, fand sein langer Körper Platz in dem beengten Raum, der ihm zur Verfügung stand, und dann lag mein Freund absolut schlaff und leblos einfach nur noch da. Es war jedesmal schrecklich, Bill so sterben zu sehen. Diesmal hätte ich ihn am liebsten angeschrien, mit den Fäusten gegen seine Brust getrommelt.
    Aber nichts von alldem hätte auch nur den geringsten Sinn gehabt.
    Mühsam beherrschte ich mich also, zwang mich dazu, alle überstehenden Körperteile - ein Arm, ein Bein - zu Bill in den Kofferraum zu stopfen und schloß die Haube. Dann erlaubte ich mir den Luxus, einen Moment lang einfach nur dazustehen und nichts als tiefe Erleichterung zu empfinden.
    Dann stand ich dort im Tageslicht auf dem menschenleeren Garagenhof, und in meinem Kopf brach eine kurze, aber heftige Debatte los. Sollte ich versuchen, Lorenas Leiche zu verstecken? Wäre ein solcher Versuch Mühe und Zeit wirklich wert, die er mich kosten würde?
    Innerhalb der nächsten dreißig Sekunden änderte ich wohl an die sechsmal meine Meinung. Dann endlich beschied ich, daß es wirklich von großem Vorteil wäre, sollte es mir gelingen, Lorenas Leiche fortzuschaffen. Solange keine Leiche sichtbar herumlag, gingen die Werwölfe vielleicht davon aus, daß Lorena Bill mitgenommen hatte, um ihm irgendwo anders eine kleine Extra-Foltersitzung zuteil werden zu lassen. Russel und Betty Joe waren vorübergehend tot; die standen nicht zur Verfügung und konnten keine Anweisungen erteilen. Darüber, daß Betty Joe mir so dankbar sein könnte, daß sie mich, sollten wir entdeckt werden, eventuell verschonen würde, machte ich mir keinerlei Illusionen. Ein etwas schnellerer Tod als sonst in solchen Fällen üblich war das Höchste, was ich mir von ihr erhoffen durfte.
    Nachdem ich meine Entscheidung getroffen hatte, begab ich mich kurzentschlossen und tapfer wieder auf den Rückweg in jenes schrecklich blutbefleckte Zimmer. Zusammen mit dem Blut war Leid und Elend in Wände und Fußboden gedrungen, hatte alles durchtränkt. Ich fragte mich, wie viele Menschen, Were und Vampire wohl in diesem Raum schon gefangengehalten worden waren. Rasch und leise rollte ich die Silberketten auf und stopfte sie Lorena in die Bluse. So mußte jeder, der hier nachsehen kam, davon ausgehen, daß Bill immer noch damit gefesselt war. Dann sah ich mich um und versuchte zu entscheiden, ob noch weitere Reinigungsmaßnahmen vonnöten wären. Aber in diesem Zimmer war so viel Blut geflossen, daß es auf das von Lorena nun auch nicht mehr ankam.
    Gut, dann war also die Zeit gekommen, die Leiche zu entfernen.
    Ich mußte mir Lorena über die Schulter werfen, wenn ich nicht wollte, daß die Hacken ihrer Schuhe über den Boden schleiften und unnötigen Lärm verursachten. So etwas hatte ich noch nie zuvor getan, und die ganze Sache erwies sich als ziemlich unhandlich. Gott sei Dank war Lorena so schmal und zierlich, und glücklicherweise hatte ich jahrelange Übung darin, bestimmte Sachen einfach

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