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Club Dead

Club Dead

Titel: Club Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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gedanklich auszublenden. Ansonsten hätte mir nämlich sowohl die Art, wie Lorena mir schlaff von der Schulter baumelte, als auch die Tatsache, daß bei ihr sozusagen bereits die Farbe abblätterte, den letzten Nerv geraubt. Wie die Dinge lagen, mußte ich trotzdem noch die Zähne zusammenbeißen, um zu verhindern, daß die Lachbläschen der reinen Hysterie, die in meiner Kehle hochstiegen, sich womöglich noch entluden.
    Es regnete in Strömen, als ich die Leiche zum Pool trug. Ohne Erics Blut hätte ich die schweren Ränder der Poolabdeckung bestimmt nicht hochheben können. So jedoch gelang es mir spielend mit einer Hand, und dann beförderte ich das, was von Lorena übriggeblieben war, mit einem einzigen Fußtritt ins Schwimmbecken. Ich wußte wohl, daß jeden Moment jemand an eines der rückwärtigen Fenster des Palais treten und erkennen konnte, was ich hier unten am Schwimmbecken trieb - aber sollte einer der Menschen, die im Haus lebten, wirklich an jenem Morgen aus dem Fenster gesehen und mein Tun durchschaut haben, dann hat dieser jemand ganz offensichtlich beschlossen, Stillschweigen zu wahren.
    Mittlerweile war ich zerschlagen bis ins Mark. Den gepflasterten Pfad entlang trottete ich durch die Hecke hindurch zum Auto zurück. Eine Sekunde lang lehnte ich mich an die Fahrertür, wollte einfach nur tief durchatmen und zu mir kommen. Dann kletterte ich auf den Fahrersitz und drehte den Zündschlüssel im Schloß. Der Lincoln war das größte Auto, dessen Steuer ich je in Händen gehalten, und eines der luxuriösesten, in denen ich je gesessen hatte, aber mir gelang es in diesem Moment nicht, mich wirklich für den Wagen zu interessieren, geschweige denn, mich an ihm zu erfreuen. Ich schnallte mich an, stellte die Spiegel richtig ein und sah mir das Armaturenbrett noch einmal ganz genau an. Da es immer noch stark regnete, mußte ich wissen, wie sich die Scheibenwischer einschalten ließen. Der Lincoln war ganz neu; die Scheinwerfer gingen von allein an - eine Sorge weniger also.
    Erneut holte ich einmal ganz tief Luft. Das war jetzt bestimmt schon Phase drei der Aktion zur Rettung Bill Comptons. Wenn ich bedachte, wie sehr der Erfolg meines Vorgehens bislang vom reinen Zufall abhängig gewesen war, wurde mir etwas mulmig. Andererseits ließ sich aber auch festhalten, daß selbst der ausgetüfteltste Plan nie wirklich jede, aber auch jede Eventualität in Betracht ziehen kann. Das ist unmöglich. Die Pläne, die ich persönlich zu schmieden pflegte, konnte man wohl allesamt als recht flexibel bezeichnen ...
    Ich wendete den Wagen und fuhr vom Hof. In anmutigem Bogen erstreckte sich die Auffahrt bis hinüber zur Vorderfont des Haupthauses. Ich sah diese Vorderfront nun zum ersten Mal. Wie wunderschön sie war - weißlackierte Schindeln, langgestreckte Säulen, ganz so, wie ich es mir ausgemalt hatte. Bei der Renovierung dieses Objekts hatte Russel ganz schön tief in die Tasche gegriffen.
    Nun schlängelte sich die Auffahrt an Gartenanlagen vorbei, die selbst jetzt in den Brauntönen des Winters noch wie frisch manikürt aussahen. Aber da an diesem Morgen auch die längste Auffahrt für meinen Geschmack viel zu kurz gewesen wäre, konnte ich auf die Schönheit rings um mich herum kaum achten. Ich sah die Mauer schon vor mir, auf die ich unweigerlich zusteuerte. In der Mauer ein großes Tor, im Tor ein Wachhäuschen, im Wachhäuschen Wächter - mir brach trotz der Kälte am ganzen Leib kalter Schweiß aus.
    Kurz vor dem Tor brachte ich den Wagen zum Stehen. In der rechten Torhälfte befand sich ein kleines Kabäuschen, unten weiß gemauert, von der Hüfte aufwärts aus Glas. Das Häuschen reichte von der Innenseite der Mauer bis zu deren Außenseite, so daß die Wachen im Innern sowohl die ankommenden als auch die abfahrenden Wagen kontrollieren konnten. Im Interesse der beiden diensthabenden Were dort im Wachhaus hoffte ich, daß das Häuschen beheizt wurde. Die beiden Jungs trugen ihre Ledermontur und blickten griesgrämig drein. Sie hatten eine schwere Nacht hinter sich, daran konnte kein Zweifel bestehen. Während ich langsam abbremste, mußte ich einer fast überwältigenden Versuchung widerstehen, einfach weiterzufahren und die Schranke am Tor niederzuwalzen. Dann trat einer der Were aus dem Häuschen, und ich sah, daß er bewaffnet war. Wie gut, daß ich meinem Impuls widerstanden hatte!
    „Ich nehme an, Bernhard hat Ihnen mitgeteilt, daß ich heute morgen abfahre?" sagte ich, nachdem ich das

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