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Club Dead

Club Dead

Titel: Club Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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wie ein tumbes Honigkuchenpferd.
    Der Einstieg in die Fahrerkabine von Alcides Pick-up fiel mir nicht leicht: Mein Kleid war derart kurz, die Hacken meiner Schuhe derart hoch, daß es die Sache ziemlich erschwerte. Ich schaffte es erst, nachdem Alcide mir einen wohlplazierten Schubs versetzt hatte.
    Unser Ziel war ein kleines Lokal an der Ecke Capitol/Roach Road. Das Mayflower Cafe wirkte von außen wirklich nicht besonders beeindruckend, entpuppte sich dann aber als ebenso interessant, wie Alcide prophezeit hatte. Ein paar der Gäste an den Tischen, die auf dem schwarzgekachelten Fußboden verteilt standen, hatte sich ebenso herausgeputzt wie Alcide und ich, andere trugen Flanellhemd und Jeans. Manche hatten ihren eigenen Wein oder härtere Getränke mitgebracht. Ich war froh, daß weder mein Begleiter noch ich tranken. Alcide bestellte sich nur ein Bier. Ich trank Eistee. Das Essen war wirklich gut, nichts Hochgestochenes. Unser Abendessen zog sich lange hin und war sehr interessant. Viele Leute im Lokal kannten Alcide und kamen an unseren Tisch, um ihn zu begrüßen und herauszufinden, wer ich war. Von unseren Besuchern hatten ein paar etwas mit der Landesregierung zu tun, andere waren, wie Alcide selbst, im Baugewerbe tätig und wieder andere schienen Freunde von Alcides Vater zu sein.
    Bei einigen unserer Besucher handelte es sich nicht gerade um gesetzestreue Bürger. Ich mag ja mein ganzes Leben in Bon Temps verbracht haben, aber einen Ganoven erkenne ich auf den ersten Blick, wenn ich mitbekomme, was sich in seinem Hirn abspielt. Ich will damit nicht sagen, daß diese Leute darüber nachdachten, wie sie jemanden umlegen oder irgendwelche Senatoren bestechen könnten oder daß sie irgend etwas anderes derart Spezifisches planten. Ihre Gedanken waren einfach von Gier beherrscht - sie gierten nach Geld, gierten nach mir und einer gierte auch nach Alcide (was der, wie ich genau sehen konnte, gar nicht mitbekam).
    Aber am meisten gierten all diese Männer, aber auch wirklich alle, nach Macht. Ich nehme an, in der Hauptstadt eines US-Bundesstaates stellt sich diese Gier unausweichlich ein, auch wenn es sich um die Hauptstadt eines derart von Armut geplagten Bundesstaates handelt, wie Mississippi einer ist.
    Die Frauen, die zu den gierigsten Männern gehörten, waren fast alle gut zurechtgemacht und gepflegt und sehr teuer gekleidet. Aber an diesem Abend war ich durchaus in der Lage, es mit jeder einzelnen von ihnen aufzunehmen, weswegen ich den Kopf stolz hocherhoben trug. Eine der Frauen fand, ich sähe aus wie eine Edelnutte - ich beschloß, dies als Kompliment zu nehmen, zumindest in jener einen Nacht. Immerhin hielt sie mich für eine teure Hure. Eine andere Frau, Bankerin, kannte Debbie, Alcides Exfreundin, weswegen sie mich ganz genau von Kopf bis Fuß begutachtete, weil sie der Meinung war, Debbie würde sich über eine detaillierte Beschreibung meiner Person freuen.
    Keiner dieser Menschen wußte natürlich auch nur das geringste über mich. Es war wunderbar, unter Leuten zu sein, die weder meine Herkunft noch meine Erziehung noch meinen Beruf und meine Fähigkeiten kannten. Ich war fest entschlossen, diese Situation in vollen Zügen zu genießen und auszukosten und konzentrierte mich ganz darauf, nicht zu reden, es sei denn, ich wurde direkt angesprochen. Weiterhin war ich tunlichst darauf bedacht, mein kostbares Kleid nicht zu bekleckern und mich auf meine guten Manieren zu besinnen - die Tischmanieren wie die gesellschaftlichen. So sehr mir die ganze Sache nämlich Spaß machte: Es wäre doch schade gewesen, Alcide in Verlegenheit zu bringen, wo ich doch nur so kurze Zeit Teil seines Lebens sein würde.
    Alcide hatte sich die Rechnung geschnappt, ehe ich überhaupt Gelegenheit erhielt, die Hand danach auszustrecken und knurrte mich an, als ich den Mund aufmachte, um gegen sein Verhalten zu protestieren. Letztlich gab ich dann mit einem knappen Nicken nach. Ich war nach diesem kurzen stummen Streit froh mitzubekommen, daß Alcide ein großzügiges Trinkgeld gab. Dadurch stieg er ehrlich gesagt erheblich in meiner Achtung. Um noch ehrlicher zu sein, ich schätzte den Mann bereits mehr, als überhaupt gut war. Dabei gab ich wirklich acht wie ein Schießhund, um irgend etwas Negatives an ihm entdecken zu können. Als wir nun wieder in den Pick-up kletterten, half er meinem Einstieg kräftiger nach als zuvor, und ich hätte schwören können, daß ihm die Sache Spaß machte. Ansonsten waren wir beide ziemlich

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