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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ganze Wohnung, und habe gemeckert und gemeckert, ich alte Närrin. Wenn ich gewußt hätte … Sie war so ernst, so konzentriert. Sonst war sie auch nicht auf den Mund gefallen, aber da hat sie nur geschwiegen. Ab und zu hat sie zurückgebissen, aber irgendwie halbherzig. Man merkte, sie hatte etwas anderes im Kopf. Sie hat sich angezogen und geschminkt, aber alles so müde und mechanisch. Und dann hat sie gesagt: Mama, gib mir zehntausend, für alle Fälle.«
    Das alles erzählte Ella Anatoljewna nicht dem Einsatzleiter,sondern Katja und Pawel, nachdem diese sie nach Hause gefahren hatten. Sie blieben bis zum Abend bei ihr. Die offizielle Theorie vom Raubmord wurde immer unwahrscheinlicher. Aber der Einsatzleiter hörte nichts davon. Er hatte die Befragung der Mutter auf den nächsten Tag verschoben, denn er fürchtete, sie könne wieder in Ohnmacht fallen. Der Einsatzleiter zweifelte nicht: Dieser Mord würde in die lange Reihe der unaufgeklärten Fälle eingehen, ungeachtet der Tatsache, daß die Leiche identifiziert worden war.
    Ella Anatoljewna saß bleich und vollkommen nüchtern in der Küche, starrte mit leeren Augen auf einen Punkt und erzählte, daß Sweta an jenem Abend nicht mehr als zehntausend Rubel in kleinen Scheinen bei sich gehabt hatte und keinen Schmuck außer billigen silbernen Ohrringen.
    »Wissen Sie, diese indische Massenware, solche großen, geflochtenen, mit Kügelchen. Sie sehen aus wie Weihnachtsbaumschmuck. Nicht mal im Dunkeln könnte man die für echt halten. Keine Ringe, keine Armbänder oder Anhänger. Nichts.«
    Es stellte sich heraus, daß Ella Anatoljewna noch deutlich und in allen Einzelheiten wußte, wie ihre Tochter sich zurecht gemacht hatte, um am Samstag um zehn Uhr abends für ein paar Stunden aus dem Haus zu gehen.
    »Hat sie vorher mit jemandem telefoniert? Haben Sie vielleicht gehört, wie sie sich verabredet hat?« fragte Katja.
    »Sie hat den ganzen Abend nichts anderes getan als zu telefonieren. Sie wurde angerufen und hat selber angerufen. Wer das alles im einzelnen war – ich weiß es nicht. Mit ihrem Wowtschik hat sie eine halbe Stunde geschwatzt, dann mit Wika, die wollte nach Polen fahren, um Schuhe einzukaufen. Dann noch mit verschiedenen anderen Leuten, mit Margarita, mit Slawik vom Markt. Sie plaudert gern, manchmal hängt sie stundenlang am Telefon.«
    Ella Anatoljewna erzählte von ihrer Tochter, und ihrwurde leichter. Die lebendigen, bekannten Namen, die Einzelheiten des Abends, der Swetas letzter werden sollte, verdrängten gleichsam die schreckliche Wahrheit. Katja hatte jüngst eine ähnliche Erfahrung gemacht.
    »Sie erwähnten, daß Sweta sich am Samstag mit Margarita treffen wollte«, sagte Katja, »wissen Sie noch, wann und wo?«
    »Oje, das habe ich vergessen. Vielleicht kam mir das auch nur so vor. Sie hat sich mit jemandem verabredet, und ich meinte aus irgendeinem Grund, das sei Margarita. Aber jetzt glaube ich, sie war es gar nicht.«
    »Warum nicht?« fragte Pawel. Er nahm fast gar nicht am Gespräch teil, hörte schweigend zu und stellte nur hin und wieder eine kurze Frage.
    »Wegen des Tonfalls. Mit Margarita spricht sie gewöhnlich ganz locker und fröhlich, sie kichern auch manchmal. Aber bei diesem Gespräch war sie gar nicht locker, sie war richtig gereizt. Ich hab danach gefragt: Wer war das? Und sie hat nur gebrummt: Laß mich in Ruhe.«
    Katja fiel auf, daß Ella Anatoljewna überhaupt nicht mehr an Alkohol dachte. Sie saßen in der Küche, tranken Tee und rauchten. Katja fragte, ob sie ihr Geld dalassen solle, aber Ella Anatoljewna schüttelte den Kopf.
    »Danke. Ich habe noch einiges auf dem Sparbuch. Wenn du mir jetzt was gibst, kann ich mich nicht beherrschen und renne noch mitten in der Nacht los, um Wodka zu kaufen. Und dann ist alles zu spät. Dann kann ich nie wieder aufhören …«
    Draußen war es dunkel geworden, sie mußten aufbrechen.
    »Wenn Sie Hilfe brauchen – Sie haben ja meine Telefonnummer«, sagte Katja zum Abschied.
     
    Als sie im Auto saßen, sagte Pawel leise: »Billige Ohrringe und ein bißchen Kleingeld. Ein Raubmörder ist wohl kaum hinter solchem Plunder her.«
    »Manche Morde werden für eine Flasche Schnaps oder eine Schachtel Zigaretten begangen«, wandte Katja ein.
    »Stimmt, das kommt vor. Aber dann wären garantiert auch die Handtasche und die Zigaretten samt Feuerzeug weg. Irgendein enthemmter Säufer oder Fixer hätte ihr restlos alles abgenommen.«
    »Willst du damit sagen, der Raubmord war nur

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