Club Kalaschnikow
ein wichtiges Gespräch ist, möchte ich, daß du innerlich schon darauf vorbereitet bist«, sagte Lunjok und berührte dieses Thema nicht mehr.
Es war noch zuwenig Zeit seit Glebs Tod vergangen, als daß sie schon ernsthaft darüber hätte nachdenken können, wie alles weitergehen sollte. Sie hatte nur eine sehr ungefähre und verschwommene Vorstellung von der bevorstehenden Aufteilung des Erbes. Die Mehrheit der Casino-Aktien, genauer gesagt, der Teil, der Gleb gehört hatte, würde durch drei geteilt werden, wie das Gesetz es vorsah. Die drei unmittelbaren Erben waren die Witwe und die Eltern. Bei dieser Konstellation würde sie, Katja, einer der Teilhaber werden, mit dem Recht auf einen Teil des Einkommens, den sie dringend für das Theater und für sich selbst brauchte. Wieviel genau machte dieser Anteil aus, reichte er für das Theater und für ihren bisherigen Lebensstil aus? Sie wußte es nicht. Sie hoffte einfach, daß eine Zeitlang alles so bleiben konnte. Sofort würde sicher niemand das Theater schließen. Sie würde Zeit haben, um zur Besinnung zu kommen und sich in Ruhe mit allem zubeschäftigen. Letztendlich hatte nicht sie zu bestimmen, sondern Lunjok – und der hatte sein Machtwort schon gesprochen. Jetzt mußte Katja noch ihre eigene Entscheidung treffen, und nicht nur für sich allein, sondern für die ganze Truppe.
Übrigens war in zwei Tagen im Theater Zahltag. Welches Gehalt stand ihr eigentlich zu? Sie hatte daran bisher keinen Gedanken verschwendet. Irgend etwas hatte man ihr immer aufs Konto überwiesen. Vermutlich eine Summe, die in ihrem persönlichen Budget kaum eine Rolle spielte.
Wieviel hatte sie überhaupt noch auf ihrem Konto? Auch das wußte sie nicht genau. Alle finanziellen Fragen hatte Gleb geregelt. Sie war daran gewöhnt, sich einfach zu nehmen, was sie brauchte. Aber das Schlimme war, daß sie nicht einmal wußte, wieviel sie brauchte. Es hatte immer gereicht. Gleb hatte darauf geachtet, daß ihr Konto nie leer war. Er konnte mit Geld umgehen, sie nicht. Wozu auch? Sie war Künstlerin.
Im Portemonnaie waren nur noch hundert Dollar. Sie hatte heute so selbstverständlich der unglücklichen Ella Anatoljewna Geld angeboten und hätte ihr, wenn diese nicht abgelehnt hätte, diesen Hunderter ohne langes Zögern gegeben. Wie angenehm, wenn man nicht zu überlegen braucht, und wie unangenehm, wenn man auf den Boden der Tatsachen herabsteigen, nachdenken und rechnen muß.
Demnächst mußte sie Shannotschka bezahlen. Im Haus war kein Geld mehr. Etwas war natürlich noch auf ihrem Konto. Aber wieviel? Wieviel auch immer, das Geld würde zu Ende gehen, wenn nicht in einem Monat, dann in zwei.
Geld – das war das Casino mit dem Striptease, das waren die groben, unkultivierten Kerle mit den Gangstervisagen, solche wie diese baschkirischen Ölfritzen, das war eine Welt für sich, die schlecht roch und über die Katja früher angeekelt die Nase gerümpft hatte. Sie war die Künstlerin, undGleb kümmerte sich um alles andere, das heißt, er verdiente das Geld, ohne das weder die hohe Kunst noch Katja selbst existieren konnten. Katja, die an ihren weißen Ford, an ihre Fünfzimmerwohnung und an die ordentliche, zuverlässige Shannotschka gewöhnt war, die ihr alle langweiligen Hausarbeiten abnahm.
In zwei Tagen war im Theater also Zahltag. Bisher war der Lohn immer pünktlich ausgezahlt worden. Katja wußte, die Geschäftsführung des Theaters hatte sich in allen wichtigen finanziellen Fragen an Gleb gewandt. Und jetzt?
Sie stellte sich plötzlich deutlich vor, wie der geschäftsführende Direktor, der muntere dicke Goscha Fridman, sie anriefe und sagte: Jekaterina Filippowna, die Bank gibt uns kein Geld mehr. Was sollen wir tun?
Sie würde mit schwachem Stimmchen antworten: Entschuldigen Sie, lieber Georgi Wladimirowitsch, ich weiß nicht, was Sie tun sollen, die finanziellen Fragen hat immer Gleb Konstantinowitsch entschieden, ich verstehe nichts davon. Ich bin Künstlerin, keine Buchhalterin, und außerdem bin ich in Trauer. Mit anderen Worten, laß mich mit deinen Problemen in Ruhe, mein Lieber! Und was weiter?
Entweder stimmte Katja zu, den Platz von Gleb einzunehmen, kopfüber in den dunklen, gefährlichen, übelriechenden Sumpf mit dem schönen Namen »Glücksspiel« zu tauchen; dann brauchte sie sich um das Theater und um ihr eigenes materielles Wohlergehen keine Sorgen mehr zu machen. Oder sie rümpfte weiterhin verächtlich die Nase, schwebte in den Wolken und teilte
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