Cocktail fuer einen Vampir
mir etwas anzutun, aber ich war mir ziemlich sicher, dass meine Schutzzauber angeschlagen hätten, wenn sie jetzt noch einmal daran hätte vorbeikommen wollen.
Ich begann zu zittern und konnte gar nicht mehr aufhören. Obwohl der Regen die Temperatur etwas gesenkt hatte, war es immer noch eine Juninacht in Louisiana; doch ich zitterte und bebte so sehr, dass ich mich wiederhinsetzen musste. Bubba war genauso erschrocken wie ich und setzte sich zu mir an den Tisch. Aber er rückte so unruhig herum und warf immer wieder Blicke aus dem Fenster, dass ich irgendwann dachte, ich würde ihn jeden Moment anschnauzen. Dann griff er nach seinem Handy und rief Pam noch einmal an. »Freyda ist wieder weg«, sagte er. »Miss Sookie ist okay.«
Schließlich trank Bubba den letzten Schluck synthetischen Bluts aus. Er trug die beiden Flaschen zur Spüle hinüber und wusch auch Freydas mit aus, so als könnte er auf diese Weise ihren Besuch ungeschehen machen. Dann drehte er sich um und sah mich mit traurigen Augen an. »Wird Eric wirklich hier weggehen mit dieser Frau? Und muss Mr Bill dann mit ihm gehen?« Bill war einer von Bubbas Lieblingsfreunden.
Ich sah den ziemlich unfähigen Vampir an. Die Leere in seinem Gesicht lenkte ein wenig von seinem guten Aussehen ab, doch es strahlte eine Liebenswürdigkeit aus, die mich immer wieder berührte. Ich nahm ihn in die Arme, und wir drückten uns gegenseitig.
»Ich glaube nicht, dass Bill Teil des Handels ist«, sagte ich. »Er bleibt mit ziemlicher Sicherheit da, wo er ist. Sie will nur Eric.«
Ich hatte zwei Vampire geliebt. Bill hatte mir das Herz gebrochen. Und vielleicht war Eric gerade auf dem Weg, genau dasselbe zu tun.
»Wird Eric denn mit ihr nach Oklahoma gehen? Wer wird dann hier Sheriff werden? Und wer wird dann Ihr Freund sein, Miss Sookie?«
»Keine Ahnung, ob er gehen wird oder nicht«, sagte ich. »Ich werde mir jetzt noch keine Gedanken darüber machen, wer dann seinen Platz einnimmt. Und ich musseigentlich überhaupt keinen Freund haben. Ich komme auch sehr gut alleine klar.«
Ich konnte nur hoffen, dass ich Bubba da die Wahrheit sagte.
Kapitel 9
Eine Stunde nachdem Bubba gegangen und ich endlich gerade eingeschlafen war, klingelte mein Telefon.
»Geht’s dir gut?« Erics Stimme klang seltsam, beinahe heiser.
»Ja«, erwiderte ich. »Sie war sehr vernünftig.«
»Sie … das hat sie mir auch gesagt. Und Bubba hat Pam gesagt, dass es dir gut geht.«
Er hatte also schon mit Freyda geredet, und vermutlich sogar persönlich. Und er hatte sich auf Informationen aus zweiter Hand verlassen, was mich anging; deshalb also hatte er mich nicht gleich angerufen, so wie er es getan hätte, wenn er im Zweifel gewesen wäre. Oje, eine Menge Infos in zwei kurze Sätze hineingestopft.
»Ja, ist alles friedlich verlaufen«, versicherte ich ihm. »Keine Gewalt.« Ich hatte ziemlich lange allein in der Dunkelheit dagelegen, die Augen weit aufgerissen. Und überzeugt davon, dass Eric jeden Moment auftauchen und persönlich nach mir sehen würde.
Ich disziplinierte mich mit meinem letzten Rest an Selbstachtung.
»Sie wird nicht gewinnen.« Eric klang zuversichtlich, leidenschaftlich – all das, was zu meiner Beruhigung hätte beitragen können.
»Bist du sicher?«, fragte ich.
»Ja, Liebste. Das bin ich.«
»Aber du bist nicht hier«, bemerkte ich, und dann legte ich ganz leise auf.
Er rief nicht zurück.
Ich schlief von drei bis sechs, glaube ich, und erwachte an einem Sommertag, der sich mit seiner Schönheit über mich lustig zu machen schien. Der starke Regen hatte alles rein gewaschen, die Luft abgekühlt und das Grün des Grases und der Bäume erneuert. Die zarten rosaroten Blüten der alten Kräuselmyrte begannen sich zu öffnen.
Ich fühlte mich wie aus der Hölle ausgespien.
Als die Kaffeemaschine ihre Arbeit verrichtete, sackte ich an den Küchentisch, den Kopf in die Hände gestützt. Ich erinnerte mich – nur allzu lebhaft – noch daran, in was für eine düstere Depression ich versunken war, als ich begriff, dass Bill, mein erster Freund und Liebhaber überhaupt, mich verlassen hatte.
Dies war nicht ganz so schlimm; das war das erste Mal gewesen, dies das zweite Mal. Ich hatte in der Zwischenzeit noch andere Verluste erlitten. Liebe Verwandte, Freunde und Bekannte waren vom Sensenmann dahingerafft worden. Verlust und Veränderung waren mir also nicht fremd, und all diese Erfahrungen hatten mich einiges gelehrt.
Aber dieser Tag war schlimm genug, und
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