Cocktails fuer drei
Lucia zu trösten. In einem Artikel hatte sie mal gelesen, ein Neugeborenes würde sofort den Geruch der Mutter erkennen und ein wenige Stunden altes Baby ließe sich beruhigen, sobald es die mütterliche Stimme hörte. Der Artikel behauptete, zwischen Mutter und Kind bestünde eine unvergleichliche Bindung. Doch als Maggie ihr Neugeborenes wiegte, waren Lucias Schreie nur noch immer lauter geworden. Ungeduldig seufzend hatte die Hebamme das Kind schließlich genommen. Sie hatte es aufs Bett gelegt, fest in eine Decke gewickelt und wieder hochgehoben. Fast augenblicklich hatte Lucia aufgehört zu schreien. Hilflos hatte Maggie ihr Kind angestarrt, das still und friedlich in den Armen einer Fremden lag, und kaltes Grauen überkam sie.
»Hier«, sagte die Hebamme freundlicher. »Versuchen Sie es noch mal.« Starr vor Kummer hatte Maggie ihr das Baby abgenommen und erwartet, dass Lucia protestieren würde. Sie hatte Lucia an ihre Brust gelegt, und wie von Zauberhand hatte das Baby zufrieden losgenuckelt.
»So ist es besser«, sagte die Hebamme. »Sie brauchen nur ein bisschen Übung.«
Sie hatte noch ein paar Minuten gewartet und dann mit Blick auf Maggies rot geränderte Augen gesagt: »Geht es Ihnen nicht gut? Sind Sie zu erschöpft?«
»Alles in Ordnung«, hatte Maggie automatisch geantwortet und sich dazu gezwungen, die Hebamme glücklich anzusehen. »Ehrlich. Ich muss mich nur irgendwie daran gewöhnen.«
»Gut«, hatte die Hebamme gesagt. »Machen Sie sich keine Gedanken. Am Anfang fällt es allen schwer.«
Sie hatte noch einen Blick auf Lucia geworfen und dann die geblümte Kabine verlassen. Sobald sie draußen war, fing Maggie wieder an zu weinen. Sie hatte das Fußende ihres Bettes angestarrt, die heißen Tränen auf ihren Wangen gespürt und nicht gewagt, sich zu bewegen oder auch nur einen Laut von sich zu geben, um Lucia nicht zu stören oder – schlimmer noch – von den anderen Müttern gehört zu werden. Die würden sie für eine schlechte Mutter halten, weil sie wegen ihres Babys weinte. Alle anderen auf der Station waren glücklich. Sie sollte auch glücklich sein.
»Diese Lilien kamen für dich, als ich gerade gehen wollte«, sagte Paddy jetzt. »Sollen wir hier noch eine Vase besorgen, oder soll ich sie dir nach Hause bringen?«
»Ich weiß nicht«, sagte Maggie und wischte über ihr Gesicht. »Hat … hat meine Mutter angerufen?«
»Ja«, sagte Paddy strahlend. »Sie kommt morgen. Leider konnte sie sich heute nicht freinehmen. Irgendeine wichtige Besprechung.«
»Oh«, sagte Maggie und versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Schließlich war sie eine erwachsene Frau. Wozu brauchte sie ihre Mutter?
»Und da kommt auch schon Giles!«, sagte Paddy fröhlich. »Soll ich uns allen eine schöne Tasse Tee besorgen?« Vorsichtig legte sie die Lilien aufs Bett und machte sich auf den Weg. Wo sie eine schöne Tasse Tee auftreiben wollte, war Maggie ein Rätsel. Aber so war Paddy nun mal. Selbst einsam und verlassen mitten im Dschungel – nur mit einem Taschenmesser bewaffnet – wäre sie immer noch in der Lage, eine schöne Tasse Tee zu besorgen, und vermutlich auch ein paar Scones dazu.
Maggie sah sich an, wie Mutter und Sohn einander begrüßten. Dann, als Giles sich dem Bett näherte, versuchte sie, eine entspannte, freundliche Miene aufzusetzen, einen angemessenen Gesichtsausdruck für eine glückliche, liebende Ehefrau. In Wahrheit empfand sie große Distanz zu ihm und sah sich nicht in der Lage, mehr als oberflächlich zu kommunizieren. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war sie in eine völlig neue Welt abgetaucht, ohne ihn.
So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Er hätte bei ihr sein sollen, im wahrsten Sinne des Wortes. Doch als ihn die Nachricht bei der Arbeit erreichte, hatten die Wehen längst eingesetzt. Er kam gerade rechtzeitig, um die letzte halbe Stunde mitzuerleben, in der sie ihn kaum noch wahrgenommen hatte. Nun konnte er zwar behaupten, dass er bei der Geburt seiner Tochter dabei gewesen war, aber es schien ihr, als freute er sich über das Ergebnis, ohne den Weg dorthin erlebt zu haben. Er würde nie begreifen, was sie durchgemacht hatte.
Während sie schockiert und schweigend ihre neue Tochter angestarrt hatte, riss er mit den Schwestern Witze und schenkte Champagner ein. Sie hatte sich einen Augenblick der Zweisamkeit erhofft, einen stillen Moment, in dem sie ihre Gedanken ordnen konnte. Eine Gelegenheit für beide, das Unglaubliche dessen, was
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