Cocktails fuer drei
die Stirn. »Es ist das Beste so, Roxanne.«
»Du willst nicht, dass ich nach Zypern gehe. Du meinst es gar nicht so. Sag mir, dass du es nicht so meinst.« Ihr wurde fast schwindlig, als würde sie jeden Moment die Fassung verlieren. Gleich würde sie flehend vor ihm auf die Knie fallen. »Du machst Witze.« Sie schluckte. »Machst du Witze?«
»Nein, Roxanne. Ich mache keine Witze.«
»Aber du liebst mich.« Ihr Lächeln wurde immer breiter. Tränen liefen über ihre Wangen. »Du liebst mich doch, Ralph.«
»Ja«, sagte Ralph mit erstickter Stimme. »Das stimmt. Ich liebe dich, Roxanne. Vergiss das nie.«
Er trat vor, nahm ihre Hände und presste sie an seine Lippen. Ohne ein Wort drehte er sich um, nahm seinen Mantel vom Sofa und ging.
Wie betäubt vor Schmerz sah Roxanne ihn gehen, hörte, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Einen Moment lang saß sie schweigend da, totenblass und bebend, als müsste sie sich gleich übergeben. Dann nahm sie mit zitternder Hand ein Kissen, hielt es sich mit beiden Händen vors Gesicht und schrie hinein.
Kapitel Elf
Maggie lehnte sich an den Zaun und schloss die Augen, atmete die saubere Landluft. Es war Vormittag, der Himmel hellblau. Eine Vorahnung des Sommers lag in der Luft. In ihrem früheren Leben hätte das Wetter sie aufgerichtet. Sie hätte neue Kraft daraus gezogen. Aber heute, wie sie hier auf ihrem Grund und Boden stand und das Baby neben ihr im Kinderwagen schlief, war sie nur fix und fertig.
Sie war blass, dünnhäutig und ständig den Tränen nah – und sie fühlte sich von dem ewigen Schlafmangel völlig ausgelaugt. Lucia weckte sie alle zwei Stunden, wollte gefüttert werden. Sie konnte sie nicht im Bett stillen, weil Giles mit seinem anstrengenden Job den Schlaf brauchte. Und so kam es ihr vor, als säße sie die ganze Nacht im Schaukelstuhl im Kinderzimmer, nickte ein, während Lucia trank, und schreckte hoch, sobald das Baby wieder schrie. Wenn dann der Morgen graute, raffte sie sich auf und tappte benommen ins Schlafzimmer, mit Lucia im Arm.
»Guten Morgen!«, sagte Giles dann und strahlte sie verschlafen vom großen Doppelbett aus an. »Wie geht es meinen zwei Mädels?«
»Gut«, antwortete Maggie dann jeden Morgen, ohne näher darauf einzugehen. Wozu auch? Schließlich konnte Giles Lucia weder stillen noch dafür sorgen, dass sie schlief. Und Maggie zog eine gewisse trotzige Zufriedenheit aus ihrer Weigerung, sich zu beklagen. Aus ihrer Fähigkeit, zu lächeln und Giles zu sagen, dass alles ganz wunderbar laufe. Und er glaubte ihr sogar. Sie hatte ihn am Telefon gehört, wie er seinen Freunden mit stolzgeschwellter Brust erzählt hatte, dass Maggie die geborene Mutter sei. Dann kam er zu ihr, küsste sie liebevoll und sagte, alle staunten nur so, wie gut sie ihre Sache machte und dass alles so reibungslos lief. »Mutter des Jahres!«, sagte er eines Abends. »Hab ich doch gewusst!« Seine Begeisterung für sie war unübersehbar. Die wollte sie ihm nicht verderben.
Also reichte sie ihm Lucia nur und ließ sich von der tröstlichen Wärme des Bettes umfangen, wollte fast weinen vor Erleichterung. Diese halbe Stunde jeden Morgen war ihre Rettung. Wenn sie sah, wie Giles mit Lucia spielte und sich ihre Blicke über den kleinen, flaumigen Kopf hinweg trafen, wurde ihr ganz warm ums Herz – diese Liebe war so stark, dass es fast wehtat.
Dann zog Giles sich an, gab beiden einen Kuss und machte sich auf den Weg zur Arbeit. Der Rest des Tages gehörte ihr. Stunde um Stunde hatte sie nichts anderes zu tun, als sich um ein kleines Kind zu kümmern. Es klang lächerlich einfach.
Warum also war sie so müde? Warum fiel ihr alles so schwer? Sie fühlte sich, als würde sich der Nebel der Erschöpfung nie mehr verziehen. Als würde sie weder ihre frühere Kraft noch ihren Sinn für Humor je wiederfinden. Manches, was sie vor der Geburt lediglich gestört hatte, ließ sie nun in Tränen ausbrechen. Bei kleinsten Problemen, über die sie sonst nur gelacht hätte, geriet sie nun in Panik.
Am Tag zuvor hatte sie den ganzen Morgen gebraucht, um sich und Lucia anzuziehen, in den Wagen zu bugsieren und zum Supermarkt zu fahren. Zwischendurch musste sie Lucia auf der Damentoilette stillen und hatte sich dann wieder in die Schlange eingereiht – just als Lucia zu schreien anfing. Maggie war richtig rot geworden, als sich die Leute umdrehten, und sie hatte versucht, Lucia so gut wie möglich zu beruhigen. Doch deren Geschrei war immer lauter und lauter geworden,
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