Cocktails fuer drei
musste Paddy sie auch noch daran erinnern.
»Ja, nun«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Die beiden haben viel zu tun.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Paddy nahm einen Schluck Tee und einen Keks aus der Dose. »Maggie …«
»Was?« Widerwillig wandte sich Maggie um.
»Hast du schon mal daran gedacht, dir Hilfe mit dem Baby zu holen? Zum Beispiel eine Nanny?«
Maggie starrte sie an und fühlte sich, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Paddy hielt sie also tatsächlich als Mutter für so unfähig, dass sie nicht ohne bezahlte Hilfe für ihr eigenes Kind sorgen konnte.
»Nein«, sagte sie und lachte auf, obwohl sie den Tränen nah war. »Wieso? Meinst du, ich sollte?«
»Natürlich ist das …«, sagte Paddy, »… deine Sache …«
»Ich würde lieber selbst für mein Kind sorgen«, sagte Maggie mit bebender Stimme. »Es mag ja sein, dass ich nicht perfekt bin …«
»Maggie!«, sagte Paddy. »Das wollte ich damit doch gar nicht …«
Sie stockte, und Maggie wandte sich ab. Es wurde still in der Küche. Nur Lucia schnaufte im Schlaf.
»Vielleicht sollte ich besser gehen«, sagte Paddy schließlich. »Ich will dir nicht im Weg sein.«
»Okay«, sagte Maggie und zuckte leicht mit den Schultern.
Sie sah sich an, wie Paddy ihre Sachen zusammensammelte, wobei sie Maggie hin und wieder besorgte Blicke zuwarf.
»Du weißt, wo du mich findest«, sagte sie. »Mach’s gut, meine Liebe.«
»Ja«, sagte Maggie gleichgültig.
Sie wartete, bis Paddy die Küche verlassen und die Haustür hinter sich zugemacht hatte. Sie wartete, bis das Auto ansprang und der Kies unter den Reifen knirschte. Und dann, als der Wagen weg war und sie ihn nicht mehr hören konnte, brach sie in Tränen aus.
Kapitel Zwölf
Mit hochgezogenen Schultern – das Gesicht hinter einem Schal verborgen – saß Roxanne auf einer Holzbank und beobachtete Ralph Allsopps Londoner Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war ein schmales Haus an einem stillen Platz in Kensington, mit schwarzem Geländer und blauer Tür. Ein Haus, vor dem sie schon unzählige Male gesessen hatte, das sie verflucht, beweint und Stunde um Stunde angestarrt hatte – ohne es jemals zu betreten.
Anfangs – vor Jahren – war sie heimlich hergekommen und hatte stundenlang davorgesessen. Damals hatte sie sich dann mit einem Buch in dem kleinen Park eingerichtet und die Fassade angestarrt, hinter der Ralph mit seiner Familie lebte, als wollte sie sich jeden einzelnen Mauerstein, jede Gehwegplatte einprägen, und sich gefragt, ob sie wohl heute einen Blick erhaschen würde – auf sie oder ihn oder irgendwen.
Denn damals hatte Cynthia ihre Zeit noch größtenteils in London verbracht, und Roxanne hatte ziemlich oft beobachtet, wie sie mit Sebastian die Treppe hinauf- oder hinunterging, beide in adretten, dunkelblauen Mänteln. (Vermutlich von Harrods, wenn man danach ging, wie oft deren Lieferwagen vor dem Haus hielt.) Sobald die Tür aufging, erstarrte Roxanne und ließ ihr Buch sinken. Dann erschienen die feinen Züge der nichts ahnenden Cynthia Allsopp. Und ihr kleiner Sohn Sebastian mit seinem unschuldigen Christopher-Robin-Haarschnitt. Da saß Roxanne dann da und sah sich an, wie sie die Treppe herunterkamen und ins Auto stiegen oder die Straße entlanghasteten. Sie prägte sich jedes neue Kleidungsstück von Cynthia ein, jeden neuen Haarschnitt, jedes belauschte Wort, jedes mögliche Detail. Ihr Anblick erschreckte sie noch jedes Mal, faszinierte sie – und deprimierte sie schließlich. Denn er war mit Cynthia verheiratet. Mit dieser eleganten, seelenlosen Frau. Und sie – Roxanne – war seine Geliebte. Seine billige, popelige Geliebte. Die anfängliche Aufregung, sie zu sehen, dieses Gefühl der Macht, wich noch jedes Mal einer entsetzlichen Leere, einem finsteren Unglück.
Und doch war sie immer wieder dorthin gegangen, konnte sich dem Sog dieser blauen Haustür nicht entziehen, bis zu jenem Tag, an dem Ralph mit einer Bücherkiste die Stufen herunterkam, zum kleinen Park herübersah und sie entdeckte. Augenblicklich hatte sie den Kopf eingezogen, mit rasendem Herzen, und gebetet, dass er sie nicht verriet, dass er die Ruhe bewahrte. Was er auch getan hatte – das musste sie ihm lassen. Abends am Telefon hatte er jedoch keineswegs die Ruhe bewahrt. Er war wütend gewesen, wütender, als sie ihn je erlebt hatte. Sie hatte ihn angefleht, auf ihn eingeredet, ihm versprochen, dass sie den kleinen Park nie mehr betreten würde. Und dieses
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