Cocktails fuer drei
gewesen.
Um fünf vor halb zehn erschien Justin in der Tür des Redaktionsbüros, noch in ein Gespräch mit jemandem auf dem Flur vertieft.
»Okay, Charles«, sagte er. »Vielen Dank dafür. Ich weiß es zu schätzen. Ja, ich sag Bescheid.« Er hob seine Hand zum Gruß, dann kam er herein und sah Candice an.
»Okay«, sagte er. »Rein mit dir.«
Er führte Candice zu einem Stuhl, dann schloss er die Tür und sogar die Jalousie. Langsam ging er um seinen Schreibtisch herum, setzte sich und sah sie an.
»Also, Candice«, sagte er schließlich, hielt inne und seufzte. »Sag mal: Wie lange arbeitest du schon für den Londoner ?«
»Das weißt du doch!«, sagte Candice. »Fünf Jahre.«
»Stimmt«, sagte Justin. »Fünf Jahre. Und du warst hier glücklich? Du wurdest gut behandelt?«
»Ja!«, sagte Candice. »Natürlich. Justin …«
»Also sollte man doch meinen, dass sich in der langen Zeit ein gewisses Maß an … Vertrauen herausgebildet hätte, nicht wahr? Man sollte meinen, dass sich eine zufriedene Angestellte nicht zu einer … Unaufrichtigkeit hinreißen lassen würde.« Feierlich schüttelte Justin den Kopf, und Candice starrte ihn an, hätte am liebsten laut gelacht über seine herablassende Art, während sie überlegte, worauf er wohl hinauswollte. War im Büro eingebrochen worden? War jemand beklaut worden?
»Justin«, sagte sie ganz ruhig. »Wovon redest du?«
»Okay, Candice, du machst es mir verdammt schwer.«
»Was denn?«, sagte Candice ungeduldig. »Wovon redest du?« Justin starrte sie an, als könnte er es nicht fassen, dann seufzte er.
»Ich spreche von Spesen, Candice. Ich spreche von gefälschten Spesenabrechnungen.«
»Ach ja?«, sagte Candice. »Wer macht denn so was?«
»Du machst so was!«
Die Worte trafen Candice wie eine Ohrfeige.
»Was?«, sagte sie und hörte sich ungläubig lachen. »Ich?«
»Findest du das auch noch komisch?«
»Nein! Natürlich nicht. Es ist nur … lächerlich! Ist das dein Ernst? Das kann doch nicht dein Ernst sein!«
»Ach, komm schon!«, sagte Justin. »Hör auf mit dem Theater. Man hat dich erwischt, Candice.«
»Aber ich hab doch gar nichts getan!«, sagte Candice, und ihre Stimme klang schriller als beabsichtigt. »Ich weiß nicht, wovon du redest!«
»Dann weißt du also nicht, was das hier ist?« Justin griff in seine Schreibtischschublade und holte einen Stapel Spesenformulare mit angehefteten Quittungen hervor. Er blätterte darin herum, und erschrocken sah Candice darauf ihren Namen. »Haarschnitt bei Michaeljohn«, las er auf dem obersten Beleg. »Willst du mir erzählen, das wäre eine legitime Spesenforderung?«
»Bitte?«, sagte Candice sprachlos. »Das habe ich nicht eingereicht! So was würde ich doch nie einreichen!« Justin blätterte weiter. »Ein Beauty-Morgen im Manor Graves Hotel.« Er blätterte weiter. »Lunch für drei im Ritz.«
»Das war Sir Derek Cranley mit seinem Pressemann«, sagte Candice sofort. »Ich musste sie zum Essen einladen, um ein Interview zu bekommen. Sie haben sich geweigert, woanders hinzugehen.«
»Und das Manor Graves Hotel?«
»Aber ich war noch nie im Manor Graves Hotel!«, sagte Candice beinah lachend. »Und so etwas würde ich auch nicht einreichen! Das Ganze ist ein Irrtum!«
»Dann hast du diese Hotelrechnung also nicht unterschrieben und dieses Formular auch nicht ausgefüllt.«
»Selbstverständlich nicht!«, sagte Candice fassungslos. »Lass mal sehen!«
Sie nahm das Blatt Papier, betrachtete es eingehend und spürte, wie sich ihr der Magen umdrehen wollte. Ihre eigene Unterschrift stand auf einer Quittung, von der sie sicher wusste, dass sie diese niemals unterschrieben hatte. Das Spesenformular war ordentlich ausgefüllt – offensichtlich in ihrer Handschrift. Ihre Hände fingen an zu zittern.
»Eine Gesamtsumme von hundertsechsundneunzig Pfund«, sagte Justin. »Nicht schlecht für einen Monat.«
Plötzlich lief es Candice eiskalt über den Rücken, und ihr fiel der letzte Kontoauszug ein, das Geld, dessen Herkunft sie nicht näher erkundet hatte. Sie warf einen kurzen Blick auf das Datum der Hotelquittung – ein Samstag vor sechs Wochen – und dann noch mal auf die Unterschrift. Es sah aus, als wäre es ihre. Aber es war nicht ihre.
»Du meinst vielleicht, das sei keine große Sache«, sagte Justin. Candice blickte auf und sah, dass er am Fenster stand und sie betrachtete. Er war nur eine Silhouette, und sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, doch die Stimme klang
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