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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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schiebt sanft seine Finger zwischen meine. »Und du willst zulassen, dass sie das mit dir machen?«
    »Mir bleibt keine andere Wahl. Wahrscheinlich ist es meine einzige Möglichkeit, herauszufinden, wie das Verfahren funktioniert.« Und es verschafft mir Zugang zum Forschungsflügel des Konvents. Dort befinden sich vermutlich nützliche Aufzeichnungen. Doch ich habe das Gefühl, dass ich das besser für mich behalte.
    »Aber du hast doch gesehen, was mit Enora geschehen ist«, sagt er zärtlich.
    »Hoffen wir, dass ich mich irre«, murmle ich. »Und mach dir keine Sorgen, ich werde da nicht unvorbereitet hineingehen.«

    Der Wachmann vor dem Eingang zu den oberen Ateliers betrachtet mich misstrauisch. Hier war ich noch nie, deshalb verlasse ich mich darauf, dass mir meine Beförderung zum Sticklehrmädchen Einlass verschafft, doch es ist nur zu offensichtlich, dass ich keine Ahnung von dem Sicherheitsprozedere habe. Die schwere rote Tür zu den oberen Ateliers regt sich nicht, und ich beäuge die Komkonsole daneben, als der Wachmann sich räuspert.
    »Du musst deinen Identitätsnachweis vor den Scanner halten.« Er deutet auf die Komkonsole.
    Ich drücke meine Handfläche darauf, beschwöre die Tür im Stillen, dass sie sich öffnen möge, und wünsche mir dabei, dass niemand mir zusehen würde.
    »Adelice Lewys. Einlass gewährt«, zirpt die Konsole, und mit einem Klicken entriegelt sich die Tür.
    Ohne einen weiteren Blick zu dem Wachmann drücke ich die Tür auf und schlüpfe hinein. Ich habe bereits genug Aufmerksamkeit erregt.
    Ich weiß nicht recht, wohin ich gehe, aber ich habe so eine Ahnung. Da hier alles auf strengen Hierarchien beruht, wende ich mich zur Treppe. Sie windet sich endlos empor, und auf dem Weg nach oben komme ich an etlichen Stockwerken mit ruhigen Ateliers vorbei. Oben betrete ich den atemberaubendsten Raum, den ich je gesehen habe. Mir ist, als stünde ich auf der Spitze eines Turms. Die Bildschirme sind so gewebt, dass es aussieht, als wäre nichts zwischen mir und der wuchernden Vegetation außerhalb des Geländes oder dem Himmel über mir. Im Westen leckt das Meer gegen den Turm, und im Norden brandet es gegen eine Felsküste, die sich nahe dem Konvent zu zerklüfteten Bergen auswächst. Es ist eine ganz andere Aussicht als diejenige, die für mein Zimmer programmiert wurde.
    In der Mitte des Raums schimmert und wirbelt ein uralter Messingwebstuhl, er ist größer als jeder andere, den ich zuvor gesehen habe, und seine winzigen Zahnrädchen drehen sich klappernd. In seinen Rahmen sind zierliche Buchstaben in einer Sprache eingraviert, die ich weder sprechen noch lesen kann. Daneben steht ein mit rubinrotem Samt bezogener Stuhl, auf dem smaragdgrüne, alabasterfarbene und saphirblaue Seidenkissen liegen. Obwohl um mich herum das Meer tobt, Vögel kreisen und Schnee fällt, höre ich nur das sanfte Surren des Webstuhls.
    »Er ist schön, nicht wahr?«, erklingt Loricels Stimme hinter mir, und als ich mich umdrehe, streichelt sie ein Tier mit rotblondem Fell. »Auf dem Gelände gibt es über achthundert Webstühle, mit denen man Arras’ Gewebe bearbeiten kann, aber dieser ist der älteste. Der erste Webstuhl, der im Konvent des Westens aufgebaut wurde.«
    »Entschuldigung. Ich wollte nicht einfach so hereinplatzen.« Ich erröte. Trotz meiner engen Verbindung zu ihr fühle ich mich wie eine Diebin, die ihr das einzig Schöne in ihrem Leben stehlen möchte.
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, beruhigt mich Loricel. Sie neigt den Kopf zu dem Tier auf ihrem Arm. Anscheinend ist ihr aufgefallen, dass ich es angestarrt habe. »Das ist eine Katze. Ich halte sie mir als Schoßtier.«
    »Mir war nicht klar, dass das Halten von Haustieren noch gestattet ist.« Genau genommen weiß ich sogar mit Sicherheit, dass es untersagt ist. Laut unseres Akademieunterrichts in Bürgerpflicht hat man Haustiere vor zwanzig Jahren verboten. Heutzutage gebraucht man das Wort »Haustier« für gewöhnlich nur noch als scherzhafte Bezeichnung für Sekretärinnen. Ich muss lächeln, als ich daran denke, wie meine Mutter geschäumt hat, als ihr Chef sie einmal so bezeichnet hat.
    »Bürger dürfen keine Tiere halten«, sagt Loricel mit einem Schulterzucken. »Aber das ist eine der wenigen Vergünstigungen, die ich mir als Stickmeisterin genehmige.«
    Ich nicke. Das klingt logisch. Wenn sich jemand ein Haustier halten kann, dann Loricel.
    »Sag mir, Adelice, was siehst du?«
    Ich schaue mich um und beschreibe die

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