Code Vision (Vereint) (German Edition)
uns gelassen hatten, erreichten wir die Tür zur Dachkammer.
Schwer atmend streckte ich die Hand nach dem Türknauf aus. Die Angst nistete sich in meiner Brust ein, doch ich musste wissen, ob das, was ich gesehen hatte, Wirklichkeit war.
Mit einem letzten Blick in Emilys Augen öffnete ich die Tür.
Emily
Voller Erwartung starrte ich in den großen düsteren Raum. Chris machte keine Anstalten hineinzugehen und so fasste ich mir ein Herz und setzte einen Fuß über die Schwelle.
„Komm schon“, sagte ich bestimmend und zog ihn in den Raum hinein.
Er war immer noch blass und sein Blick wanderte suchend umher. Was war nur mit ihm los? Eben auf der Treppe hatte er schon so ausgesehen, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.
Ich drückte die Handtasche enger an meine Seite und sah mich um. Es handelte sich um einen typischen Dachboden: altes Gerümpel, viel Staub und Erinnerungsstücke aus längst vergangenen Zeiten. Als Chris meine Hand los ließ und seine stattdessen auf meinen Rücken legte, zuckte ich innerlich zusammen. Meine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt, denn die Geräusche hatte ich deutlich vernommen. Und es handelte sich ganz sicher nicht um Ratten. Viel mehr dachte ich sofort an einen Einbrecher, wie der allerdings über das Dachgeschoss in das Haus hätte einsteigen sollen, war mir schleierhaft. Vielleicht mit einem Mission-Impossible-Stunt?
Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr und wirbelte herum. Die meisten Ecken des Speichers waren düster und wurden vom fahlen Tageslicht, das durch die kleine Dachluke hereinfiel, nicht erfasst. Ich kniff die Augen ein wenig zusammen, um besser sehen zu können, doch das brachte nicht den gewünschten Erfolg.
„Gibt es hier kein Licht?“, flüsterte ich an Chris gewandt.
„Doch, warte.“
Eine einzelne Glühbirne, die an einem Kabel von der Decke hing, nahm ihren kläglichen Dienst auf.
„Das ist alles?“
Als Antwort zuckte er nur entschuldigend mit den Schultern.
Das Licht der Lampe erhellte den Raum nur minimal. Ich ging vorsichtig ein paar Schritte weiter in das Zimmer hinein.
„Hallo?“, rief ich probehalber. „Ist hier jemand?“
„Du glaubst doch nicht, dass du eine Antwort …“
„Schhh …“, unterbrach ich ihn grob und spitze die Ohren. Ich vernahm ein dumpfes Grollen, ähnlich dem Geräusch einer Kaffeemaschine, wenn die letzten Tropfen Wasser erhitzt wurden.
„Hörst du das?“
Chris schloss die Augen und legte den Kopf schief. Dann riss er panisch die Augen auf und starrte mich an.
„Du etwa auch?“
„Klar, ich bin ja nicht taub. Was ist das?“
„Das … kann nicht sein …“, brachte er mühsam stotternd hervor. Was war nur los mit diesem Mann? Eben noch übte er so einen starken, begierigen Einfluss auf mich aus und jetzt kam er nicht aus sich heraus.
Ein Umriss löste sich aus den Schatten und kam in Zeitlupe auf uns zu. Erst dachte ich, dass es wirklich ein Einbrecher war, doch dann stutzte ich. Wer war das? Oder vielmehr: WAS war das?
Plötzlich umgab ein violettes Schimmern das Wesen. Es wirkte, als wäre es statisch aufgeladen, denn sofort setzte ein Knistern ein, was an Elektrizität erinnerte. Die Konturen waren nicht klar definiert, es schien sich ständig aufzulösen und wieder neu zusammenzusetzen.
„Ist das eine Halluzination?“, fragte ich vorsichtig.
„Nein, offenbar nicht.“
Unser Gegenüber kam langsam, aber beständig, näher. Endlich kam auch Leben in Chris und er schob mich beschützend hinter sich.
„Ich verstehe das nicht. Was ist das für ein Ding?“, gab ich verwirrt von mir.
„Das ist der Schatten, der mich verfolgt. Schon seit einer Weile …“
„Was? Aber wieso kann ich ihn sehen? Ich dachte der wäre nur in deinem …“
„Kopf?“, fragte er mit einem kalten Unterton.
„Ja“, gab ich zerknirscht zu. „Was machen wir jetzt?“
Doch bevor wir weiter über unsere Taktik nachdenken konnten, gab der Schatten ein markerschütterndes Kreischen von sich, sodass ich mir die Ohren zuhalten musste. Das war ein Scherz! Oder ein Albtraum. Genau. Ein Albtraum. Chris war gar nicht wieder zu mir zurückgekehrt. Ich hatte das alles nur geträumt und dies hier war das große Finale, wo ich Chris als meinen glorreichen Beschützer suggerierte.
Als eine Art Luftstoß uns beide von den Füßen holte, verwarf ich diese Überlegung allerdings wieder. Kein Albtraum – Realität!
Schlimm genug, dass dieses Ding überhaupt existierte, noch dazu schien es uns
Weitere Kostenlose Bücher