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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Vidal
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gewesen, doch Florin hatte weiter angegriffen. Das Überraschungsmoment hatte sich auf ihrer Seite befunden, doch Guevara war immer noch der Meinung, dass sie lediglich Glück gehabt hätten.
    In dieser Nacht schliefen sie mit dem Gewehr an der Seite, bereit, jederzeit aufzuspringen und ihre Brüder zu verteidigen, und am nächsten Morgen würden sie erneut den Kampf suchen. Jesús und Ché wussten, dass ihre jungen Tiger zu tragischen Figuren in einem brutalen Schachspiel werden, und die meisten von ihnen sterben würden, bevor sie zwanzig Jahre alt waren. Dennoch musste und würde der Kampf weitergehen.
    Später, als die Jungen schliefen, tranken ihre Anführer zusammen und rauchten eine Zigarre. Und dann sprach Guevara die Worte, die Florin nie vergessen würde.
    »Ich werde bald nach Kuba zurückkehren«, verkündete er.
    »Was ist los?«, fragte Florin überrascht. In Afrika war immer noch so viel zu tun.
    »Wir haben uns unterhalten«, erklärte Guevara. »Fidel und ich. Das hier …« Er deutete mit dem Arm um sich, es war nicht eindeutig, ob er den Wald oder die schlafenden Jungen meinte. »Es muss natürlich weitergehen. Aber ich werde nicht jünger, und ich möchte zu Hause weiterkämpfen.«
    »In Argentinien?« Das hatte Florin nicht erwartet.
    »Irgendwann, ja.« Guevara nickte. »Aber jetzt noch nicht.
Jetzt im Moment würden wir in Argentinien verlieren. Wir fangen mit den ärmeren Ländern an. Fidel hat grünes Licht für Bolivien gegeben. Ich gehe davon aus, dass Moskau einverstanden ist.«
    »Wann?«
    »Nächsten Monat…« Guevara schien das Gespräch unangenehm zu sein. »Da ist noch etwas: Yuri möchte mit mir kommen. Er hat bereits seinen Comandante gefragt und mich gebeten, dich um Erlaubnis zu bitten.«
    »Yuri? Er ist noch so jung …« Florin stand auf und ging in dem kleinen Lager auf und ab. Yuri. Er war Soldat; erst vor vier Monaten hatte er seinen Abschluss an der Akademie gemacht und war begierig, sich zu beweisen. Sein älterer Bruder Leonid kämpfte bereits in einem Regiment und hatte kubanische Berater auf einer Reise durch Angola begleitet.
    Florin versuchte, durch das Blätterdach des Dschungels in den Himmel zu sehen, und dachte an Natalia. Zehn Jahre war es her, seit er ihren sterbenden Körper in einer dunklen Nacht in Sibirien an sich gepresst hatte, vor den Augen zweier verstörter Jungen. Ich kämpfe immer noch, mein Liebling, und ich führe diese afrikanischen Kinder. Wo bleibt die Ehrlichkeit, wenn ich ablehne?
    Er ging zurück zu Guevara, der ruhig an einem Baum lehnte, umarmte ihn kurz und sagte nur: »Pass auf ihn auf.«
    Das war vor fünf Jahren gewesen. Zwei Jahre später lagen Guevara, Yuri und ihre gesamte Einheit tot im bolivianischen Dschungel. Und im Jahr darauf starb der letzte von Natalias Blutsverwandten, als Leonids MPLA-Abteilung bei Luanda in einen tödlichen Hinterhalt geriet.
    Florin kehrte nach Kuba zurück, mit gebrochenem
Willen und verschleierten Zukunftsvisionen. Doch die Zeit heilt alle Wunden und menschliche Leidenschaften flackern wieder auf, und als sich die Gelegenheit bot, seine Träume ohne Gewehr und auf seinem eigenen Kontinent weiterzuverfolgen, war es Florin, der darum bat, nach Chile geschickt zu werden, und Castro hatte das Angebot bereitwillig angenommen.
    Jetzt schien der chilenische Traum zu zerplatzen. Massive Aufstände der Mittelklasse eiferten den Arbeiteraufmärschen der Vergangenheit nach. In scheinbar endlosen Demonstrationszügen schlugen die Frauen ihre leeren Töpfe aneinander, um das völlige Versagen der sowjetgestützten Agrarreformen zu unterstreichen, die das Land seiner Lebensmittel beraubt hatten.
    Der Einbruch der Kupferpreise auf dem Weltmarkt hatte der Regierung ihrer Haupteinkommensquelle beraubt und die erst kürzlich verstaatlichte Erzindustrie zu einer Verpflichtung gegenüber den Arbeitern gemacht. Täglich sank die Begeisterung der Bevölkerung für Allende. Und wieder sah es so aus, als ob es so weit wäre, dass die Meinungsverschiedenheiten mit Gewalt ausgetragen werden würden.
     
    »Wie lange wirst du fort sein?«, fragte Lucía.
    Sie hatten im Bote Salvavidas gegessen, wo sich auch die Kellner über die Knappheit an guten Produkten beschwerten – selbst die Weingüter schienen heruntergewirtschaftet zu sein.
    María Luz saß auf einem Kinderstuhl und hämmerte mit dem Löffel auf das Tablett, während sich ein junger Hilfskellner um sie kümmerte. Er hatte sich auf den ersten Blick
in das Florin-Mädchen

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