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Codename Merlin - 3

Codename Merlin - 3

Titel: Codename Merlin - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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welche … Zweifel seine jugendliche Regentin an der derzeitigen Führungsspitze der Kirche hegte, hatte er sie doch niemals von sich aus darauf angesprochen. Inständig hoffte Sharleyan, er werde es auch hier und jetzt so halten, doch sie war sich dessen nicht so sicher. Andererseits war seine Miene bemerkenswert ruhig.
    »Pater?«, fragte sie leise.
    Vielleicht zwei Herzschläge lang blickte Raiyz sie nur an, dann lächelte er ein wenig, erhob sich und blickte der Reihe nach sämtliche Mitglieder von Sharleyans Rat an.
    »Lasset uns beten«, sagte er und senkte den Kopf. »Großer Gott, Der Du uns Deine Erzengel gesandt hast, um den Menschen die Wahrheit Deines Willens zu lehren, wir bitten Dich, schenke Deine Gnade unserer geliebten Königin und den Männern, die in diesem Saal versammelt sind, um ihren Willen zu erfahren, Zeugnis darüber abzulegen und ihr mit Rat und Tat beiseite zu stehen. In diesen unruhigen Zeiten verbleibst Du mit Deinen Erzengeln letzte Zuflucht und letzte Hilfe all jener Männer und Frauen in guter Absicht, und so bedürfen wir keiner anderen Hilfe. Segne die Beratungen unserer Königin, gewähre ihr die Weisheit, sich bei den schwerwiegenden Entscheidungen, die vor ihr liegen, für das Rechte zu entscheiden, und schenke ihr den Frieden, Deine Liebe und Deinen Ratschluss zu erkennen. In Langhornes Namen, Amen.«
    Na, das war zumindest hoffnungsvoll, fuhr es Sharleyan durch den Kopf, während sie es den Mitgliedern ihres Rates gleichtat und das Zeichen von Langhornes Szepter schlug. Andererseits hat er sich vor Begeisterung auch nicht gerade überschlagen, was?
    Sie wartete ab, bis Raiyz sich wieder gesetzt hatte, dann blickte sie den um diesen Tisch versammelten Männern der Reihe nach ins Gesicht. Ihr Blick verriet, dass sie an diesem Tage nicht gewillt war, jegliche Starrköpfigkeit zu dulden. Sharleyan spürte, wie die Spannung im Saal noch deutlich zunahm, als ihre Ratgeber der Reihe nach genau verstanden, was ihre Königin von ihnen verlangte. Sie war nicht nur die jüngste Person in diesem Saal, sondern auch noch die einzige weibliche Person, und sie konnte sich gerade noch das Lächeln einer erfolgreichen Jägerin verkneifen, als sie darüber nachdachte, wie sie alle auf ihren unnachgiebigen Blick reagiert hatten. Einige ihrer ›Ratgeber‹, das wusste sie sehr wohl, hatten sich niemals ganz damit abgefunden, eine Königin zu haben, und nicht etwa einen König.
    Bedauerlicherweise, dachte sie, in gewisser Weise sehr zufrieden, haben Vater und Mutter nun einmal mir das Leben geschenkt, nicht wahr? Und gemeinsam haben Mahrak und ich − und auch Onkel Byrtrym − es trotzdem geschafft. Das war wirklich eine unruhige Fahrt bislang, nicht wahr, Meine Lords? Aber natürlich werden Sie alle erst jetzt herausfinden, wie ›unruhig‹ das alles noch werden kann.
    »Meine Lords«, brach sie nach kurzem Nachdenken das angespannte Schweigen, und ihre Stimme klang kräftig und deutlich, »wir haben Sie heute hierher gerufen, um Sie über einige Dinge in Kenntnis zu setzen, die wir in den vergangenen Tagen reiflich überdacht haben. Wie stets sind wir Ihnen für jeglichen Ratschlag bezüglich der Entscheidung dankbar, zu der wir gekommen sind.«
    Wenn schon zuvor im Ratssaal unverkennbare Anspannung geherrscht hatte, so war das doch noch gar nichts im Vergleich zu dem Ruck, der jetzt sämtliche ihrer Zuhörer durchfuhr, als sie begriffen, dass ihre Königin den Pluralis Majestatis verwendete. Das hatten sie bislang nur sehr selten erlebt, vor allem in Ratssitzungen. Zusammen mit ihrer Entscheidung, die hochherrschaftliche Krone anzulegen, und der Art und Weise, wie sie den letzten Satz formuliert hatte, führte das jedem einzelnen der Anwesenden vor Augen, dass Sharleyan bereits einen unumstößlichen Entschluss bezüglich der Dinge gefasst hatte, die sie hier mit ihren Ratgebern ›erörtern‹ wollte.
    Es war nicht das erste Mal, dass dies geschah. Sharleyan Tayt war ebenso scharfsinnig wie einst ihr verstorbener Vater, und ihre Willensstärke war vielleicht sogar noch ausgeprägter. Als sie sich unmittelbar nach seinem Tode auf dem Rücken der sprichwörtlichen Peitschenechse wiederfand, hatte sie begriffen, dass sie es sich schlichtweg nicht leisten konnte, dass ihre Ratgeber in ihr nur ein Kind sahen − auch wenn sie genau das gewesen war, als sie die Krone entgegennahm. In der Geschichte von Safehold hatte es im Ganzen nur recht wenige regierende Königinnen gegeben. Tatsächlich war

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