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Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Titel: Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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nur ihren Weg durch das Labyrinth finden könnte. Sie hatte das Gefühl, ihre Freunde bei sich zu haben, dennoch vollkommen alleine zu sein, daß es keinen Unterschied machte, ob sie fand, was sie brauchte oder nicht, daß sie in dem Fall jedoch sterben müßte. Und dann schoben sich ganz sachte von den Augenwinkeln her die farbigen Lichter ins Bild, und das Chaos der Gerüche übermannte sie erneut.
     
    Sonntags hatten die Rekruten frei. Sparta verbrachte diesen Tag gewöhnlich damit, durch Manhattan zu laufen, von der Battery bis zur Bronx, gleichgültig, ob es regnete, schneite, hagelte oder stürmte. Wenn sie auch nicht kräftig war, so war sie doch zäh. 25 Meilen am Tag schaffte sie spielend. Sie lief umher, um ihren Kopf wieder von all den zweckbestimmten Gedanken freizumachen, wie auch von dem Zwang, Daten aufzuspüren, einzuplanen und abzuspeichern. In gewissen Abständen war eine geistige Ruhepause unbedingt erforderlich, um Überlastung und damit einen Zusammenbruch zu vermeiden.
    Im ursprünglichen Konzept des Projekts SPARTA waren keinerlei Einpflanzungen künstlicher Gehirnsubstanz vorgesehen gewesen. Aber als die Regierungsstellen sich einmischten, veränderte sich das Projekt. Plötzlich gab es viel mehr Studenten und neue und größere Einrichtungen. Sparta war damals ein Teenager; anfangs schien es durchaus nichts Ungewöhnliches, daß sie immer weniger von ihren vielbeschäftigten Eltern und den anderen, zumeist jüngeren Kindern zu sehen bekam. Eines Tages rief ihr Vater sie in sein Büro und erklärte ihr, daß sie nach Maryland geschickt werden sollte, wo die Regierung eine Reihe von Auswertungen vornehmen wollte. Er versprach ihr, daß seine Mutter und er sie so oft wie möglich besuchen würden. Irgend etwas schien ihren Vater sehr zu bedrücken. Bevor sie den Raum verließ, drückte er sie fest, beinahe verzweifelt, an sich, sagte aber nichts, außer daß er »Mach’s gut« und »Wir haben dich sehr lieb« murmelte. Die ganze Zeit über war ein Mann mit orangefarbenen Haaren im Büro dabeigewesen und hatte zugesehen.
    Über das, was danach geschah, existierten in ihrer Erinnerung nur noch Bruchstücke. In Maryland hatten sie weit mehr mit ihr angestellt, als sie nur zu testen, aber vieles, was sie ihrem Gehirn angetan hatten, hatte sie erst in letzter Zeit herausgefunden. Was sie mit ihrem Körper gemacht hatten, sollte sie erst noch erfahren.
    Sparta lief die Park Avenue entlang und näherte sich dem Grand Central Conservatory. Es war Frühlingsanfang, der Tag war sonnig und warm. Die Kirschbäume entlang der Straße standen in voller Blüte, ihre duftenden rosa Blütenblätter wehten wie parfümiertes Konfetti auf die glitzernde Promenade. Schimmerndes Glas und Stahl, Waschbeton und poliertes Granit türmte sich überall um sie herum auf, und Helikopter peitschen sich ihre Bahn durch die Luftschneisen über den Dächern. Auf dem glatten Straßenbelag zogen Busse und gelegentlich ein Streifenwagen vorbei. Magnetbahnen summten in flinker Selbstsicherheit über dünne Stahlgeleise, die von hohen Stützen getragen wurden, während unter Spartas Füßen, sichtbar gemacht durch blocklange Glaspflasterung, die in freundlichen Farben gestrichenen, die seltsamen uralten U-Bahn-Wagen ratterten und kreischten.
    Am Anfang des Jahrhunderts, als die Nordatlantikstaaten aus Gründen verwaltungsmäßiger Vereinfachung zusammengefaßt worden waren, hatte man Manhattan als Demonstrationszentrum der Föderation konzipiert – als ›Nationalpark der Wolkenkratzer‹, wie Zyniker gerne behaupteten. Obwohl die Insel von stinkenden Industrieanlagen und schmutzigen Vorstädten umringt war, waren die Straßen der Modellstadt belebt, und die meisten Leute in der Menschenmenge waren gepflegt, farbig und teuer gekleidet, und machten glückliche Gesichter. Armut war in den Demonstrationszentren der Föderation ein Verbrechen, das mit Umsiedlung geahndet werden konnte.
    Sparta gehörte nicht zu den Glücklichen. Der Abschlußtest ihres Trainingsprogramms war noch zwei Monate entfernt. Danach würden sich die körperlichen Belastungen ein wenig legen und die akademische Seite in den Vordergrund treten, aber im Augenblick stand sie kurz davor, aufzugeben. Noch sechzig anstrengende Tage. Im Augenblick hatte sie das Gefühl, sie würde es nicht schaffen.
    Als sie sich den Ziergärten in der Passage an der 42. Straße näherte, bemerkte sie einen jungen Mann, der ihr folgte. Sie fragte sich, wie lange er schon hinter ihr

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