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Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Titel: Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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vorgehabt, McNeil den Brief nach zwei Tagen zu geben, aber irgendwie hatte er es immer wieder aufgeschoben. Dieses Zaudern paßte eigentlich nicht zu Grant, dennoch redete er sich ein, vollkommen vernünftig zu handeln. Er wollte McNeil eine Chance geben, seinen Fehler wiedergutzumachen –
    – und zu beweisen, daß er kein Feigling war, indem er die Sache als erster zur Sprache brachte. Ihm kam nicht einmal der Gedanke, daß McNeil vielleicht das gleiche von ihm erwartete …
     
    Noch drei Tage, dann war – wie man so sagt – ihre Frist abgelaufen. Da kam Grant zum ersten Mal der Gedanke an Mord in den Sinn. Er hatte sich nach dem Abendessen auf das Steuerdeck zurückgezogen und wollte sich mit einem Blick hinaus in die Sternennacht durch die breiten Fernster entspannen, die das Steuerdeck umgaben. McNeil jedoch machte sich gerade daran, ebenso gründlich wie geräuschvoll die Kombüse zu putzen. Dabei verursachte er einen Lärm und ein Geklapper, was zumindest überflüssig, wenn nicht gar beabsichtigt war.
    Zu was war dieser McNeil eigentlich zu gebrauchen? Er hatte keine Familie, keine Verpflichtungen. Wem würde sein Tod schaden?
    Grant andererseits hatte Frau und drei Kinder, die er mochte, wie man seine Familie eben mag, auch wenn sie ihm nur gelegentlich ihre Zuneigung zeigten, und das mehr aus Pflichtgefühl. Einem unparteiischen Richter würde die Entscheidung, wer von den beiden überleben sollte, keine Schwierigkeiten bereiten, und wenn McNeil nur einen Funken Anstands besaß, mußte er bereits selber zu dem gleichen Ergebnis gekommen sein. Da er offenbar nichts dergleichen getan hatte, hatte er mit Sicherheit jeden Anspruch auf Mitgefühl verwirkt …
    So in etwa funktionierte die elementare Logik in Grants Unterbewußtsein. Natürlich war er insgeheim schon vor Tagen zu diesem Entschluß gekommen, aber erst jetzt war es ihm gelungen, sich die Argumente so zurechtzulegen, wie es sein Unterbewußtsein verlangte.
    Man muß Grant zugute halten, daß er den Gedanken sofort entsetzt von sich wies.
    Er war ein aufrechter und ehrenhafter Mensch mit einem sehr strikten Verhaltenskodex. Selbst die gelegentlichen Mordgedanken der fälschlicherweise als »normal« bezeichneten Menschen waren ihm nie in den Sinn gekommen. Aber in den ganz wenigen Tagen, die ihm jetzt noch blieben, sollten sie immer häufiger auftauchten.
     
    Die Luft wurde spürbar schlechter. Obwohl sie den Luftdruck auf ein Minimum reduziert hatten und keinerlei Mangel an Gasreinigungskanistern bestand, mit denen man das Kohlendioxyd aus der Atemluft entfernen konnte, war es trotzdem unmöglich, ein Ansteigen des Anteils an Inertgas in den schwindenden Sauerstoffreserven zu verhindern. Das Atmen fiel noch nicht wirklich schwer, aber der muffige Geruch erinnerte einen ständig an das bevorstehende Ende.
    Grant war in seiner Kabine. Es war »Nacht«, aber schlafen konnte er nicht. Das war in gewisser Hinsicht eine Erleichterung, denn es lockerte ein wenig den Griff seiner Alpträume. Aber in der Nacht davor hatte er auch nicht gut geschlafen, und seine körperliche Verfassung wurde immer schlechter. Er wurde auch immer gereizter, was noch durch dem Umstand beschleunigt wurde, daß McNeil eine Ruhe an den Tag legte, die nicht nur unerwartet kam, sondern ihn regelrecht wütend machte. Grant erkannte, daß es in seinem gegenwärtigen Gefühlszustand gefährlich werden konnte, die Entscheidung noch länger hinauszuzögern. Er befreite sich aus seinen Schlafgurten, öffnete sein Schreibfach und wollte gerade nach dem Brief greifen, den er McNeil schon vor Tagen hatte geben wollen, als er plötzlich etwas roch.
    Ein einziges Neutron setzt die Kettenreaktion in Gang, die in einem einzigen Augenblick Millionen Menschenleben und die Anstrengungen vieler Generationen vernichten kann. Ebenso unscheinbar sind die Schlüsselerlebnisse, die die Handlungsweise eines Menschen und damit seine gesamte Zukunft verändern können. Was Grant dazu brachte, mit dem Brief in der Hand innezuhalten, hätte nicht trivialer sein können, unter normalen Umständen hätte er es nicht einmal bemerkt. Es war der Geruch von Rauch – Tabakrauch.
    Die überraschende Erkenntnis, daß McNeil, dieser genußsüchtige Ingenieur, sich so wenig unter Kontrolle hatte, daß er den letzten wertvollen Rest Sauerstoff für Zigaretten vergeudete, erfüllte Grant mit blinder Raserei. Einen Augenblick lang ließ ihn dieses übermächtige Gefühl vollkommen verhärten. Dann, ganz langsam,

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