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Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Titel: Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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brachte es endlich hinter sich? Nun, er wollte es in den nächsten Tagen tun … und dann mußten sie zusammen entscheiden. Außerdem bekam McNeil durch diese Verzögerung Gelegenheit, das Thema selbst zur Sprache zu bringen.
    Daß McNeil möglicherweise andere Gründe für sein Zögern hatte als schlichte Feigheit, kam Grant nicht in den Sinn.
    Er fragte sich, wie McNeil wohl seine Zeit verbrachte, jetzt, wo ihm der Alkohol ausgegangen war. Der Ingenieur besaß eine umfangreiche Bibliothek auf Videochip, denn er las sehr viel und war ungewöhnlich vielseitig interessiert. Grant hatte gesehen, wie er sich in Bücher über westliche Philosophie und östliche Religion vertiefte. Irgendwann hatte McNeil einmal erwähnt, sein Lieblingsbuch sei der merkwürdige Roman Jurgen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Vielleicht verlor er sich auch nur in dessen seltsamer Magie, um sein eigenes Schicksal zu vergessen. Unter seinen Büchern befanden sich aber auch weniger anspruchsvolle, und nicht wenige gehörten zu der Sorte, die man wohl als ›wunderlich‹ bezeichnen mußte …
     
    In Wirklichkeit aber war McNeil, der jetzt meist in seiner Kabine lag oder sich still im Schiff umherbewegte, eine viel feinfühligere und komplexere Natur, als Grant ahnte. Vielleicht war er für Grant sogar viel zu kompliziert. Gewiß, McNeil war ein Genießer. Er tat, was er konnte, um sich das Leben an Bord des Schiffes so angenehm wie möglich zu machen, und wenn er auf einem Planeten war, genoß er die Vorzüge des Lebens in vollen Zügen, um so mehr, als er sonst monatelang davon abgeschnitten war. Keinesfalls jedoch war er der moralische Schwächling, den der phantasielose, puritanische Grant in ihm vermutete.
    Zweifellos war er unter dem Schock des Meteoriteneinschlags vollständig zusammengebrochen. Als es passierte, befand er sich gerade auf dem Weg durch den Verbindungskorridor des Versorgungsdecks. Er kam gerade von den Laderäumen zurück und begriff sofort die Gefährlichkeit der gewaltigen Explosion – es geschah kaum einen Meter von ihm entfernt, auf der anderen Seite der Stahltrennwand –, er brauchte gar nicht erst auf eine Bestätigung zu warten. Seine Reaktion glich der eines Flugpassagiers, der in 10.000 Meter Höhe bemerkt, wie sich eine Tragfläche löst: zwar blieben noch zehn oder fünfzehn Minuten des Absturzes, aber der Tod war unausweichlich. Also geriet er in Panik. Er hatte dem Druck nachgegeben, wie ein Halm im Wind – und sich dann wieder erholt. Grant war ein härterer Bursche – eine Eiche von einem Mann – und zugleich sehr viel spröder.
    Was die Geschichte mit dem Wein anbelangte, war McNeils Verhalten Grants Vorstellungen zufolge sträflich gewesen; aber das war Grants Problem. Abgesehen davon lag auch diese Episode bereits hinter ihnen. In stiller Übereinkunft waren sie zur normalen Routine zurückgekehrt, wenn sie auch nichts unternahmen, den Eindruck ständiger Anspannung zu mildern. Sie gingen sich aus dem Weg, so gut es ging, und nur die Mahlzeiten brachten sie zusammen. Wenn sie sich dann begegneten, legten sie eine übertriebene Höflichkeit an den Tag, so als wollte jeder mit aller Gewalt vollkommen normal erscheinen – was ihnen aber auf unerklärliche Weise nicht gelang.
     
    Ein Tag verging, und noch einer. Und ein dritter.
    Grant hatte gehofft, McNeil würde das Thema Selbstmord endlich zur Sprache bringen und ihm dadurch eine sehr unangenehme Pflicht ersparen. Aber der Ingenieur weigerte sich hartnäckig, irgend etwas in dieser Richtung zu unternehmen, was Grants Unmut und Verachtung noch steigerte. Mittlerweile litt er auch noch unter Alpträumen und Schlaflosigkeit.
    Der Alptraum war immer derselbe. Als Kind hatte Grant vor dem Einschlafen oft eine Geschichte zu lesen begonnen, die viel zu spannend war, als daß er mit dem Weiterlesen bis zum nächsten Morgen hätte warten können. Um nicht erwischt zu werden, hatte er mit der Taschenlampe unter der Bettdecke weitergelesen, und sich dabei wie in einen weißen Kokon eingewickelt. Ungefähr alle zehn Minuten war die Luft so stickig geworden, daß er kaum noch Luft bekam, und das Herauskrabbeln in die herrlich kühle Nachtluft hatte ihm dabei fast am meisten Spaß gemacht. Jetzt, dreißig Jahre danach, kehrten diese harmlosen Kindheitserlebnisse wieder und verfolgten ihn. Er träumte, daß er sich nicht mehr aus den erstickenden Laken herauswinden konnte und daß die Luft um ihn herum stetig und unerbittlich immer stickiger wurde.
    Er hatte

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