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Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Titel: Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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und riskiert einen Blick um den Baumstamm. Sie kann ihn nicht sehen. Kingmans Schritte kommen immer noch näher.
    Das laute Krachen einer Pistole zerreißt die morgendliche Stille. Obwohl er gegen seine Gewohnheit keinen Schalldämpfer benutzt, erkennt sie die .38er des orangefarbenen Mannes am Geräusch. Die erschreckten Rehe verschwinden mit großen Sätzen tiefer in den Wald. Dann hört sie, wie Kingmans lebloser Körper auf den Waldboden wie ein gefällter Baum schlägt. Kopfschuß.
    Könnte sie den orangefarbenen Mann sehen, würde sie auf ihn schießen, aber er bewegt sich bereits von ihr fort. Zu viele Bäume verdecken ihn, während er in aller Ruhe auf das Haus zugeht. Sie schleicht ihm nach, bis sie die Rasenfläche und das Landhaus überblicken kann.
    Jetzt hat er den Wald verlassen und ist im Freien. Er unternimmt nichts, um sich zu verstecken. Kingmans Gäste haben sich alle auf der Terrasse versammelt, sie unterhalten sich ruhig miteinander, während sie zusehen, wie er näher kommt. Der Mann namens Bill steht mit dem Rücken zum Geländer und hat sich den anderen zugewandt. Seine Haltung ist selbstsicher, arrogant.
    Fünfzehn Sekunden lang horcht sie …
    »Also Bill, auf zum Jupiter«, sagt Holly Singh gerade mit einem leicht spöttischen Lächeln auf den roten Lippen. »Aber woher wollen wir wissen, daß Linda nicht vor uns dort ist, wie auf Phobos?«
    Bill läßt sich mit der Antwort Zeit. »Wenn ich ehrlich sein soll, meine Liebe, ich verlasse mich ganz einfach darauf.«
    Ihr Trancezustand dauert nur einen Augenblick. Als sie daraus erwacht, ist sie fest entschlossen. Sie zielt und drückt ab. Der Kopf des orangefarbenen Mannes zerbirst und ist jetzt eher rötlich als orange.
    Für die anderen Schüsse braucht sie Zeit, knapp eine Drittelsekunde für jeden. Die extreme Entfernung bringt eine gewisse Unsicherheit mit sich. Nur zwei der ersten vier Schüsse finden ihr Ziel.
    Der erste, für Bill vorgesehene Schuß trifft statt dessen Jack Noble. Der zweite, ein Fehlschuß, bohrt sich in die Hauswand. Der nächste ist auf Holly Singh gerichtet, aber sie duckt sich. Er trifft sie an der Schulter, reißt sie mit einem Teil des Halses heraus. Der vierte Schuß bricht ein unregelmäßiges Stück aus der steinernen Balustrade, hinter der die anderen mittlerweile in Deckung gegangen sind. Ein paar Sekunden später erwidern sie das Feuer.
    Sie ist längst verschwunden. Leichtfüßiger als ein Reh läuft sie durch den Wald.

21
    An jenem ersten Tag meinte es der Göttervater gut mit Falcon. Es war hier auf dem Jupiter ebenso ruhig wie vor Jahren, als er mit Webster über die nordindischen Ebenen geschwebt war.
    Die fünf Stunden Tageslicht waren fast vorüber. Die Schatten auf den Wolken unter ihm verliehen ihnen eine scheinbare Festigkeit, die sie zuvor beim höheren Stand der Sonne nicht gehabt hatten. Der Himmel verlor rasch seine Färbung, nur im Westen legte sich ein Streifen dunkler werdenden Violetts über den Horizont. Darüber stand die dünne Sichel eines Mondes, der sich blaß vor der völligen Schwärze dahinter abhob.
    Falcon konnte zusehen, wie die Sonne hinter dem fast 3000 Kilometer entfernten Jupiterrand verschwand. Schnell wurden die Sterne sichtbar. Einer davon, genau auf der Lichtgrenze, war der überwältigend schöne Abendstern, die Erde. Sie erinnerte ihn daran, wie weit er vom Ort seines Ursprungs entfernt war. Sie folgte der Sonne und ging im Westen unter. Falcons erste Nacht auf dem Jupiter hatte begonnen.
    Mit dem Einbrechen der Dunkelheit begann die Kon-Tiki abzusinken. Der Ballon wurde vom schwachen Sonnenlicht nicht mehr aufgeheizt und verlor einen kleinen Teil seines Auftriebs. Falcon unternahm nichts dagegen, er hatte es erwartet und wollte ohnehin tiefer gehen.
    Die jetzt unsichtbare Wolkendecke lag immer noch 50 Kilometer unter ihm, er würde sie gegen Mitternacht erreichen. Sie zeichnete sich deutlich im Infrarotradar ab, der ihm sowohl die Vielzahl komplexer Kohlenstoffverbindungen anzeigte als auch die übliche Mischung aus Wasserstoff, Helium und Ammoniak. All das konnte Falcon auch selbst erkennen, mit einer Wahrnehmungskapazität, von der kaum jemand etwas wußte.
    Die Chemiker waren verrückt nach einer Probe dieses flauschigen, pinkfarbenen Zeugs. Obwohl einige der früheren Sonden einige Gramm eingesammelt hatten, war es nicht gelungen, die Proben mit den automatischen Instrumenten in der kurzen Zeit bis zum Verschwinden in der alles zermalmenden Tiefe zu analysieren.

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