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Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant

Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant

Titel: Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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Winkel auf die Wände, und obwohl ihm alles bekannt vorkam, war nichts mehr wie zuvor.
    Er war bestimmt durch einen dieser Gänge … aber durch welchen? Den linken. Aber gerade, als er hineinsteuern wollte, glaubte er ganz am Rande seines Blickfeldes etwas Weißes flackern gesehen zu haben.
    »Marianne?«
    Er schob sich in den anderen Durchgang und folgte einer momentanen Eingebung, die vielleicht nur auf sein eigenes Spiegelbild zurückging. Kurz darauf befand er sich in einer kleinen, kreisrunden Kammer, an der sich sechs in alle Richtungen führende Korridore trafen. Jetzt spürte er zum erstenmal so etwas wie Sorge –
    – und im selben Augenblick fiel der Strahl seiner Lampe auf die Statue.
    Wenn man zum erstenmal einem großen Kunstwerk gegenübersteht, übt dieser Augenblick eine Wirkung aus, die nie wieder eingefangen werden kann. Der fremde Gegenstand dieses Kunstwerkes übersteigerte diese Wirkung und machte sie überwältigend. Hier stand ein offenbar nach dem Leben gestaltetes Geschöpf, mit höchster Fertigkeit und Kunst aus einem Metall gegossen, dessen sanfte Farbe und matter Glanz an Blei erinnerte.
    Hawkins war, soweit er wußte, das erste menschliche Wesen, das einen Vertreter der Kultur X tatsächlich zu Gesicht bekam.
    Zwei Augen, in denen sich die Lichtstrahlen brachen, sahen heiter auf ihn herab – Augen aus Kristall, wie die Augen der unvergleichlichen griechischen Bronzestatuen in Lebensgröße. Diese Augen jedoch standen dreißig Zentimeter weit auseinander und saßen in einem Gesicht von der dreifachen Größe des menschlichen, einem Gesicht ohne Nase und mit einem Mund, der alles andere als menschlich war; vielleicht war es nicht einmal ein Mund, sondern eher eine komplizierte Hautfalte.
    Zwar wirkten weder Gesicht noch Körper menschlich, dennoch war Hawkins tief berührt, denn dem Künstler war es gelungen, die zeitlichen und kulturellen Grenzen in einer Weise zu überbrücken, die er niemals für möglich gehalten hätte. Es gab vieles, das die Menschen mit den Erbauern dieser Welt nicht teilten, aber in allen wirklich wichtigen Dingen, so schien es Hawkins, hätten sie ähnlich empfunden. Nicht menschlich, dachte er, trotzdem alles andere als unmenschlich.
    Ebenso wie man Gefühle in die fremden, aber doch vertrauten Augen eines Hundes oder Pferdes hineinliest, hatte Hawkins auch den Eindruck, die Gefühle dieses Unterwasserwesens zu kennen, das ihn mit seinen blinden Augen anstarrte. Hier waren Weisheit und Autorität zu erkennen, die ruhige, sichere Kraft, die man vielleicht aus Bellinis Porträt des Dogen Leonardo Loredane von Venedig kannte, gebrochen im schillernden Licht aus unsichtbaren Fenstern, von denen man auf ein in Nebel gehülltes Meer blickt. Auch Traurigkeit war zu erkennen, die Traurigkeit einer Rasse, die sich einer ungeheuren Anstrengung unterzogen hat.
    Hawkins schwebte wie gebannt vor diesem Geschöpf, dessen Fleisch wie übergeworfen wirkte. Wie bei einem riesigen Tintenfisch ragte ein großer Überwurf über das Gesicht, der am Rand mit Tentakeln besetzt war. Im Gegensatz zu einem Tintenfisch war sein Körper jedoch länglich, eine schmale Ellipse, deren untere Hälfte mit kräftigen Flossen ausgestattet war. Auf dem Überwurf zeichneten sich die Kiemen in einer Zackenlinie ab; ihr Wassereinlaß befand sich oberhalb des Gesichts und war von dem Mund getrennt. Er krönte die ›Stirn‹ dieses Wesens wie ein Diadem.
    Warum diese einzelne Darstellung eines Amaltheaners, wie Hawkins sie mittlerweile nannte? Er wußte es nicht. Er wußte nur, daß dieser eine hier mit Absicht aufgestellt worden war. Er sollte die Zeiten überbrücken und die Wesen begrüßen, die eines Tages dieses riesige Schiff betraten. Daß man sie in diesen Raum gestellt hatte, der vom Innern durch enge Korridore getrennt war, deutete darauf hin, daß sie keine Geschöpfe erwarteten, die größer waren als sie selbst.
    »Bill, es ist wunderbar«, sagte Mariannes Stimme in seinem Anzugfunk.
    Er fuhr erschrocken zusammen und scheiterte beim Versuch, sich umzudrehen. Sie war in aller Stille herangeschwommen und schwebte nur drei Meter hinter ihm.
    »Wie bist du hinter mich gekommen?« fragte er plötzlich. »Ich dachte, du wolltest in diese Richtung.«
    »Ja? Also, du kannst mir unmöglich nachgeschwommen sein. Ich bin die ganze Zeit deinem Lichtschein hinterhergeschwommen.«
    Sie fühlte sich ein wenig brüskiert. »Du hast mich zu Tode erschreckt. Ich war die ganze Zeit alleine, mir kam es vor

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