Codex Alera 06: Der erste Fürst
»Die Hohen Fürsten sind mehr als in der Lage, einem Angriff von jedem der Vord zu begegnen, die wir in dieser Schlacht gesehen haben.«
»Was ist mit einem Angriff anderer Cives?«, fragte Amara. »Wie derer, die Fürstin Isana entführt haben?«
Ehrens Mund öffnete sich leicht. »Aha«, sagte er. »Oje.«
Amara wirbelte auf dem Absatz herum, sprang in die Luft und ließ sich von Cirrus hochheben. Sie nahm Fahrt auf und sauste alsbald wie ein Pfeil auf die brennende Stadt zu.
Amara flog hinauf zur Zitadelle des Hohen Fürsten, dem höchsten der vielen Türme in der großen Stadt. Mehrfach musste sie Säulen aus dichtem schwarzen Rauch umgehen. Die Luft war wildbewegt, da sich die Brände unten immer weiter ausbreiteten.
Südlich der Stadt konnte sie die Schlacht toben hören. Trommeln dröhnten und hämmerten Nachrichten. Hörner schmetterten. Das laute, dumpfe Knallen der traditionelleren Feuerkugeln donnerte durch die Luft, so dass die Druckwellen in unregelmäßigen Abständen auf Amaras Brust trafen. Obwohl die Schreie der verwundeten Legionares sie nicht erreichten, trug das Kreischen der sterbenden Vord weit, doch der Abstand nahm den schrillen Lauten die stahlharte Bedrohlichkeit. Sie klangen eher wie ein riesiger Vogelschwarm aus einiger Entfernung.
Aber Amara war nicht weit genug entfernt, um dem Schmerz und dem Entsetzen der Nacht zu entkommen. Menschliche Rufe, Geschrei und Gebrüll tönten aus der Stadt herauf – die Männer der Civeslegion, die versuchten, diejenigen zu retten, die von Bränden eingeschlossen, verwundet oder dem Tode nah waren. Sie sah mehrere Vord, als sie über Riva hinwegflog, Einzelkämpfer, die im Durcheinander der Nacht irgendwie in die Stadt eingedrungen waren und schlanker und schneller wirkten als diejenigen, die die Front angriffen. Trupps aus drei bis vier bewaffneten Männern, vermutlich Ritter Ferrum, schienen ihrerseits die Vord zu jagen und pirschten durch das brennende, von Panik erfüllte Labyrinth der sterbenden Straßen von Riva.
Ritter Aeris und flugfähige Cives waren überall über der Stadt und zogen Zivilisten, die in der Falle saßen, aus dem Feuer. Amara nahm an, dass sie von weitem alle wie Motten aussehen mussten – dunkle Schemen, die in der Luft die Flammen umflatterten.
Wilde Elementare streiften durch Straßen und über die Dächer, nur um immer wieder von den Anstrengungen eines einzelnen Civis oder ganzer Gruppen von Zivilisten, die zusammenarbeiteten, zurückgeworfen zu werden. Amara selbst hatte auf dem Weg in die Stadt noch mehrere Windmähnen aus dem Weg gekegelt. Wenigstens waren die verwilderten Elementare nicht mehr so zahlreich oder angriffslustig, wie sie es in den vergangenen Stunden gewesen waren, obwohl sie immer noch eine tödliche Gefahr für jeden darstellten, der ihnen begegnete und nicht gut genug im Elementarwirken war, um sich zu verteidigen.
Lichter bewegten sich durch die Straßen, Elementarlampen, die von fliehenden Zivilisten getragen wurden: vor allem von den Verwundeten, Jungen und Älteren, die sich auf den wenigen verbliebenen Wagen drängten, und ihren Legionares -Eskorten. Die Feuer beleuchteten einige der Straßen, aber die Schatten in den anderen waren darum nur umso tiefer.
Der Turm des Hohen Fürsten war die einzige Insel der Ruhe und Ordnung innerhalb der Stadtmauern. Lichter loderten ringsum und wurden von den glänzenden Rüstungen der Singulares reflektiert, die dort postiert waren. Der Turm verfügte über einen breiten Steinbalkon, der sich um seine ganze Außenseite zog und von dem aus der Hohe Fürst auf seine Stadt hinaussehen konnte. Als Amara sich näherte, konnte sie Fürst Rivas Gefolge sehen, das sich um diesen selbst geschart hatte, während er wieder und wieder auf dem Balkon im Kreis um den Turm herumlief und Boten, die in verzweifelter Hast kamen und gingen, Befehle erteilte.
In viel zu verzweifelter Hast, wie Amara klar wurde. Die Verwüstung, die der Vordangriff angerichtet hatte, hatte die gesamte Verteidigung der Stadt ins Chaos gestürzt. Es gab keine sichtbare Luftpatrouille über dem Turm des Hohen Fürsten. Zweifelsohne hatte Riva vor, die Stadt innerhalb der nächsten Stunde zu verlassen, und hatte die Mehrzahl seiner Flieger ausgeschickt, um die Flüchtlinge zu eskortieren. Die meisten anderen Flieger waren jetzt damit beschäftigt, denjenigen das Leben zu retten, die in brennenden Gebäuden in der Falle saßen, genau wie Amara das während ihrer Zeit an der Akademie bei einem
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