Codex Alera 06: Der erste Fürst
beiseitetraten, und winkte den Senator und seine Männer durch, ohne deren Waffen auch nur eines Blickes zu würdigen. Unmittelbar bevor Valerius im Zelt verschwand, sah er sich kurz um und musterte Amara dabei ebenso giftig wie selbstgefällig.
Aha. So stehen die Dinge also.
Amara holte tief Luft, schloss die Augen und beruhigte ihren Verstand. Dann öffnete sie die Augen wieder und sagte: »Ich glaube, ich habe von dieser Art parteiischer Dummheit genug. Sie ist genau das, was uns überhaupt erst in diese missliche Lage gebracht hat.«
»Du bist im Rat des Princeps willkommen, Gräfin«, sagte Ceregus in kaltem Ton. Er wies mit dem Finger auf Doroga. »Aber dieses Geschöpf kommt nicht in die Nähe des Princeps.«
Als Amara antwortete, war ihre Stimme sehr ruhig und vollkommen höflich. »Bist du sicher, dass du die Sache auf diese Weise erledigen willst?«
»Hat all das Herumschleichen und Leute ermorden dein Gehör geschädigt, Gräfin?« Seine Augen loderten. »Kalarus Brencis Minoris war mein Freund. Und du hast ihn getötet. Also wird die Sache hier genau so vonstattengehen.«
»Ich möchte nicht bis in alle Einzelheiten aufzählen, für wie viele Todesfälle wir mit gutem Recht diesen jungen Irren verantwortlich machen können, Ritter Ceregus. Dazu haben wir keine Zeit.« Amara sah ihm in die Augen. »Leben stehen auf dem Spiel, und wir brauchen die Marat. Das heißt, dass Doroga an unseren Planungen beteiligt sein muss. Wenn du mir also nicht aus dem Weg gehst, verehrter Ritter, dann werde ich dich bewegen. Die Erfahrung wird dir nicht gefallen. Geh lieber beiseite.«
Ceregus hob das Kinn und lächelte hämisch auf sie herab. »Ist das eine Dro…«
Amara rief Cirrus, stürmte mit all der ungestümen Geschwindigkeit, die ihr Elementar ihr verleihen konnte, auf den jungen Ritter zu und rammte dem Dummkopf den linken Daumenballen unter den Kiefer.
Rivus Ceregus fiel um wie ein mit der Axt niedergestreckter Ochse.
Die Legionares , die Wachdienst hatten, starrten den bewusstlosen Mann stumm und wie betäubt aus großen Augen an.
Doroga brach in dröhnendes Gelächter aus. Er unterdrückte es eine Sekunde später und neigte den Kopf, um so zu tun, als ob er einen losen Faden von seiner Tunika abriss, aber seine Schultern zuckten und wackelten vor gebändigter Heiterkeit.
Amara wäre in Versuchung gewesen, in sein Gelächter mit einzustimmen. Aber ihr linkes Handgelenk fühlte sich so an, als ob sie es sich gebrochen hätte. Menschliche Hände waren einfach nicht dazu gedacht, Hiebe mit dieser Geschwindigkeit und Kraft auszuteilen. Sie ballte die Finger der rechten Hand fest zur Faust, um den Schmerz an eine andere Stelle zu kanalisieren, nahm sich im Stillen vor, ihre Gliedmaßen nicht mehr so zu missbrauchen, richtete dann ruhig den Blick auf die Wachsoldaten und nickte dem jüngsten zu. »Du da! Geh ins Kommandozelt, such einen höheren Offizier und frag nach, ob die Teilnahme des Häuptlings willkommen ist oder nicht.«
Der Legionare salutierte fahrig und hastig vor ihr und eilte ins Zelt.
»Du«, sagte Amara und nickte einem anderen zu. »Hol den nächstbesten Heiler für den Dummkopf.«
»J… ja, gnädige Frau«, sagte der Legionare . Er eilte ebenfalls davon.
»Ich entschuldige mich für die Zeitverzögerung«, sagte Amara zu Doroga. »Ich bin sicher, dass wir alles gleich geklärt haben werden.«
»Nur keine Eile«, sagte Doroga, ein breites Grinsen auf dem hässlichen Gesicht.
Bernard tauchte im geschäftigen Treiben des Lagers auf und schlängelte sich zwischen mehreren Paaren von Schmiedegesellen hindurch, die immer zu zweit mehrere frisch angefertigte Legionsloricen an stabilen Stangen trugen. Er nickte Doroga zu und umfasste den Unterarm des Marat, bevor er sich an Amara wandte.
Sein Kiefer war von Invidias Schlag nicht zu Pulver zermalmt worden, aber anscheinend in ein halbes Dutzend Splitter zerbrochen. Die Heiler waren nur mit viel Mühe in der Lage gewesen, die Knochen wieder zusammenzufügen, einschließlich neuer Zähne, um die ausgeschlagenen zu ersetzen, aber es war immer noch eine beträchtliche Schwellung vorhanden. Es würde mehrere Behandlungen brauchen, um seinen Kiefer völlig wiederherzustellen, und angesichts der drohenden Schlacht konnten die Heiler die Zeit einfach nicht erübrigen. Als Bernard sprach, erklangen die Worte etwas verzerrt zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch: »Doroga. Amara. Haben sie schon angefangen?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte
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