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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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stehen auf Messers Schneide.«
    »Darum tut sie es ja. Ich habe doch schon gesagt, dass es ein Angriff war, Max.«
    Varg sah mit zusammengekniffenen Augen und nach vorn geneigten Ohren zu Tavi hinüber. Der Cane stand nahe genug bei ihnen, um ihre gesenkten Stimmen zu hören.
    »Was sollen wir dagegen unternehmen?«, seufzte Max. »Bei den Krähen, sieh sie dir nur an.«
    Alle, Canim wie Aleraner, starrten das Bild der Vordkönigin an. Ihre Furcht und Unsicherheit erfüllten die Luft wie der Rauch eines Holzfeuers.
    »Tavar«, knurrte Varg plötzlich, »deinen Helm.«
    Tavi warf einen Blick auf den Cane. Dann nahm er den Helm ab und reichte ihn Varg.
    Der Kriegsführer der Canim sprang, den Helm in der Hand, auf die niedrige Steinmauer am Rande des Teichs. Er watete durchs flache Wasser, bis er vor dem Bild der Vordkönigin stand.
    Dann schwang er den Helm in einem waagerechten Bogen, fing damit das Wasser auf, das den kapuzenverhüllten Kopf der Vordkönigin bildete, und köpfte so das wässrige Bild.
    Im Anschluss daran warf er den Kopf in den Nacken und trank den Helm in einem Zug leer.
    Varg richtete sich zu seinen vollen neun Fuß Höhe auf, bevor er so, dass seine Bassstimme selbst für die Lautstärke der Wasserillusion eine Herausforderung darstellte, brüllte: » ICH HABE NOCH DURST !« Sein Schwert knirschte aus der Scheide hervor, als er es hochhob und sich den Canimsoldaten zuwandte. » WER TRINKT MIT MIR ?«
    Tausende von Augen waren auf den Kriegsführer gerichtet. Die Stille wurde zu etwas Zerbrechlichem, Kristallartigem, etwas, das im Begriff war zu bersten, sich zu verwandeln. Furcht, Zorn und Verzweiflung stiegen in die Luft auf wie die verwirrten, die Richtung ändernden Winde, die einem Sturm vorausgingen, oder die Strömungen, die Schwimmer in jede Richtung mitreißen konnten, wenn die Gezeiten wechselten.
    Tavi stieg ab und schritt vorwärts, um sich neben Varg zu stellen. Seine nagelbeschlagenen Stiefel klapperten auf dem Stein der Mauer und planschten durchs Wasser. Er holte sich seinen Helm aus Vargs Griff zurück, schwang ihn durchs wässrige Herz der Vordkönigin und trank einen tiefen Zug.
    Stahl schabte über Stahl, als Zehntausende von Schwertern aus ihren Scheiden gezogen wurden. Das plötzliche, zornige Gebrüll der Canim ließ die Luft so heftig erzittern, dass das Wasser der Teiche wie in einem heftigen Sturzregen tanzte und hüpfte. Die Wasserillusionen konnten angesichts dieser Störung nicht unbeschadet bleiben: Sie brachen zusammen und klatschten wieder in die Teiche, erschüttert vom wütenden Heulen der Canim und Aleraner zugleich.
    Tavi fiel mit ein, schrie in wortlosem Zorn, zog sein Schwert und reckte es in die Höhe.
    Der Begeisterungssturm der Canim verdoppelte sich, so dass die Platten von Tavis Lorica erbebten und aneinanderklapperten, und löste sich in einen tosenden Sprechgesang auf: » VARG ! TAVAR ! VARG ! TAVAR !«
    Tavi tauschte einen Canimgruß mit Varg, wandte sich dann ab und ging zu seinem Pferd zurück. Er stieg auf das tänzelnde, nervöse Tier und winkte Max und seine zweite Wache heran. Als sie aus dem Canimlager hinausritten, teilte sich die Menge, die immer noch seinen Canimnamen heulte, vor ihnen und um sie als gerüstetes Meer aus Schwertern, Reißzähnen und Zorn.
    Tavi trieb sein Pferd zum Galopp an und lenkte es zum Lager der Ersten Aleranischen Legion zurück.
    »Was machen wir jetzt?«, rief Max im Reiten.
    »Was wir immer tun, wenn der Feind uns angreift«, sagte Tavi und bleckte die Zähne zu einem wölfischen Lächeln. »Wir schlagen zurück.«

6

    Invidia betrat das klotzige kuppelförmige Gebäude, in dem die Vordkönigin täglich eine Mahlzeit einnahm, und erschauerte, wie jedes Mal. Die Wände waren aus schwach glimmendem Kroatsch errichtet. Überall gab es Strudel und Haufen davon, die sich zu abstrakten Formen ausbreiteten, schön und abstoßend zugleich. Die Decke wölbte sich fünfzig Fuß über ihnen, und Invidia hätte den gewaltigen Raum darunter nutzen können, um eine Flugstunde zu erteilen.
    Spinnenähnliche Kreaturen, die Hüter, wimmelten auf dem Kroatsch herum, und ihre vielbeinigen, durchscheinenden Körper verschwammen gespenstisch mit dem umgebenden Leuchten der Wände, des Bodens und der Decke. Wenn ein Hüter sich nicht bewegte, konnte man geradezu über ihn stolpern, so gut fügten sie sich in das riesige Bauwerk ein. Hunderte der Geschöpfe huschten umher, krabbelten mühelos die Wände hinauf und unter der Decke

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