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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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bleiche Haut war von einer dünnen Schicht glitzernden grünen Schleims bedeckt.
    Die jüngere Königin ging bis zum Tisch und blieb ein paar Fuß entfernt stehen, um ihre Mutter anzustarren.
    Die Königin wies auf den leeren Stuhl. »Setz dich.«
    Die jüngere Königin nahm Platz. Sie starrte Invidia über den Tisch hinweg an, ohne zu blinzeln.
    »Das ist mein Kind. Sie ist neugeboren«, sagte die Königin zu Invidia. Sie wandte sich der jungen Königin zu. »Iss.«
    Die jüngere Königin betrachtete die Speisen einen Moment lang. Dann packte sie mit bloßen Fingern ein Stück und stopfte es sich in den Mund.
    Die Königin sah sich dieses Benehmen stirnrunzelnd an. Dann nahm sie ihre Gabel und begann, damit winzige Bissen abzuteilen und sie langsam zu verzehren. Invidia folgte dem Beispiel der älteren Königin und aß ebenfalls.
    Das Essen war … »ekelerregend« war so weit von der Wahrheit entfernt, dass es ungerecht wirkte. Invidia hatte gelernt, das rohe Kroatsch zu essen. Sie musste es verspeisen, damit die Kreatur, die sie am Leben hielt, fressen konnte. Sie war erstaunt gewesen herauszufinden, dass es sogar noch schlechter schmecken konnte. Die Vord begriffen einfach nicht, wie man kochte. Die Vorstellung war ihnen an und für sich schon fremd. Dementsprechend konnte man nicht von ihnen erwarten, dass sie es sehr gut machten – aber das Essen heute Abend war schlicht abscheulich.
    Invidia würgte die Speisen hinunter, so gut sie konnte. Die ältere Königin aß stetig und langsam. Die jüngere war innerhalb von zwei Minuten fertig, saß da und starrte die beiden anderen mit unergründlicher Miene an.
    Dann wandte sie sich an ihre Mutter. »Warum?«
    »Wir nehmen gemeinsam ein Mahl ein.«
    »Warum?«
    »Weil uns das vielleicht stärker macht.«
    Die jüngere Königin verarbeitete das einen Moment lang schweigend. »Wie?«
    »Indem es Bande zwischen uns schafft.«
    »Bande.« Die jüngere Königin blinzelte ein einziges Mal langsam. »Wozu braucht man Fesseln?«
    »Keine äußerlichen Bande«, sagte die Mutter. »Symbolische geistige Bindungen. Vertrauliche Gefühle.«
    Die junge Königin brauchte ein halbes Dutzend Herzschläge, um das zu verdauen. Dann sagte sie: »Solche Dinge machen uns nicht stärker.«
    »Stärke besteht nicht allein aus Körperkraft.«
    Die junge Königin legte den Kopf schief. Sie starrte ihre Mutter an, dann Invidia, was diese verstörte. Die Aleranerin spürte plötzlich den heftigen, drängenden Druck des Bewusstseins der jungen Königin, das in ihre Gedanken einbrach. »Was ist das für ein Geschöpf?«
    »Ein Mittel zum Zweck.«
    »Es ist fremd.«
    »Aber notwendig.«
    Der Tonfall der jungen Königin wurde barscher. »Es ist fremd.«
    »Aber notwendig«, wiederholte die ältere Königin.
    Wieder schwieg die junge Königin. Dann sagte sie, ohne dass ihr Gesichtsausdruck sich verändert hätte: »Du bist fehlerbehaftet.«
    Der gewaltige Tisch schien zu explodieren. Splitter, von denen manche sechs Zoll lang und messerscharf waren, flogen wie Pfeile davon weg. Invidia zuckte instinktiv zurück und konnte gerade eben noch den chitinbewehrten Unterarm zwischen sich und einen fliegenden Holzspeer reißen, der ihr sonst vielleicht ins Auge gedrungen wäre.
    Geräusche prallten so heftig auf Invidias Trommelfelle ein, das eines von ihnen platzte, ein jaulendes Gewitter aus schrillem, kreischendem Geheul. Sie schrie vor Schmerz auf, taumelte von ihrem Stuhl und vom Tisch weg, lieh sich unterwegs Schnelligkeit von ihren Windelementaren und ergab sich dem seltsam veränderten Zeitgefühl, das kürzeste Augenblicke zu Sekunden, Sekunden zu kleinen Zeiträumen zu dehnen schien. Es war die einzige Möglichkeit für sie zu sehen, was vorging.
    Die Vordköniginnen waren in einen Kampf auf Leben und Tod verstrickt.
    Obwohl sie sich mit dem Windwirken behalf, vermochte Invidia den Bewegungen der beiden Vord kaum zu folgen. Schwarze Krallen blitzten auf. Tritte wurden ausgeteilt. Ausweichmanöver wurden zu Sprüngen von zwanzig Fuß, die an der nächsten Wand der Kuppel endeten, woraufhin die beiden Königinnen ihr Ringen an der Wand hockend fortsetzten und unter der Kuppel umhersausten und hüpften wie zwei kämpfende Spinnen.
    Invidias Blick huschte zu dem zerstörten Tisch hinüber. Er lag in Stücken. Eine gezackte Kerbe war dort in eine Ecke eingegraben, wo die jüngere Königin einen Satz vorwärts gemacht und sich durch den massiven Hartholztisch gestürzt hatte, als sei er kein

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