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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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entlang, ein ständiges, lästiges Gewimmel.
    Unter dem Mittelpunkt der Kuppel stand der hohe Tisch aus dem Bankettsaal des Hohen Fürsten von Ceres mitsamt den zugehörigen Stühlen. Er war mit wunderschönen Schnitzereien verziert und aus massiver rhodischer Eiche gefertigt. Der Großvater des jetzigen Hohen Fürsten hatte ihn als Geschenk erhalten. Man hätte eine halbe Kohorte Legionares an der Längsseite Platz nehmen lassen können, ohne dass man auch nur einmal die Schulterplatten der Rüstungen hätte zusammenstoßen hören.
    Die Vordkönigin saß am Kopf des Tisches, die Hände geziert auf dem Tischtuch gefaltet. Die Tischdecke war schmierig; die großen Elementare allein wussten, mit welchen Flüssigkeiten sie besudelt war.
    Die Königin wies mit einer blassen Hand auf den Sitz zu ihrer Linken.
    Invidias gewohnter Platz war der an der rechten Seite der Königin.
    Wenn Invidia aus irgendeinem Grunde durch jemand anderen ersetzt worden war, dann war es unwahrscheinlich, dass sie die Kuppel lebend verlassen würde. Sie bezähmte ihren Drang, sich die Lippen zu befeuchten, und konzentrierte sich auf ihren Körper, hinderte ihr Herz daran, schneller zu schlagen, ihre Haut, in kalten Schweiß auszubrechen, und ihre Pupillen, sich zusammenzuziehen.
    Ruhig. Sie musste ruhig, selbstbewusst und zupackend bleiben – und vor allem nützlich . Die Vord hatten noch nie davon gehört, dass jemand in den Ruhestand ging, es sei denn, es zählte, wenn man lebendig begraben und vom Kroatsch aufgelöst wurde.
    Invidia schritt über den Boden und stieß einen Hüter, der zu langsam vorankam, mit einem Fuß aus dem Weg. Sie setzte sich neben die Königin. Sie musste das Mahl überleben. Wie immer, einfach nur überleben. »Guten Abend.«
    Die Königin starrte den Tisch hinunter und schwieg einen Augenblick lang. Ihre fremdartigen Augen waren unergründlich. Dann sagte sie: »Erkläre die Gesten, mit denen Aleraner Höherstehenden Respekt erweisen.«
    »In welcher Hinsicht?«, fragte Invidia.
    »Soldaten machen das hier«, sagte die Königin, hob die Faust ans Herz und senkte sie wieder. »Cives beugen sich an der Hüfte. Pärchen drücken die Münder aufeinander.«
    »Letzteres ist nicht unbedingt ein Ausdruck des Respekts«, sagte Invidia, »die anderen sind es aber sehr wohl. Sie sind eine Anerkennung der Stellung des anderen. Diese Anerkennung gilt als nützlich und förderlich für die Gesellschaftsordnung.«
    Die Königin nickte langsam. »Es sind Unterwerfungsgesten.«
    Diesmal zog Invidia eine Augenbraue hoch. »Ich habe sie bisher nicht als solche betrachtet, aber es ist eine zutreffende Beschreibung, wenn auch eine unvollständige.«
    Die Königin richtete die verstörenden Augen auf Invidia. »In welcher Hinsicht unvollständig?«
    Invidia dachte einen Moment lang über ihre Antwort nach, bevor sie sagte: »Gesten der Ehrerbietung und des Respekts bedeuten weit mehr, als nur die größere Macht eines anderen anzuerkennen. Wenn die Person, der solch eine Geste gilt, sie annimmt, räumt sie zugleich im Gegenzug eine Verpflichtung ein.«
    »Was zu tun?«
    »Die Person, die die Geste vollzieht, zu beschützen und zu unterstützen.«
    Die Augen der Königin verengten sich. »Wer die größte Macht innehat, ist niemandem verpflichtet.«
    Invidia schüttelte den Kopf. »Aber ganz gleich, wie mächtig ein Einzelner ist, er ist nur Teil eines größeren Ganzen. Gesten des Respekts sind eine wechselseitige Anerkennung dieser Tatsache – dass sowohl der Geber als auch der Empfänger Teil von etwas sind, das größer ist als sie, und dass jeder in dem Ganzen seine Rolle zu spielen hat.«
    Die Vordkönigin runzelte die Stirn. »Das … erkennt die Notwendigkeit von Strukturen an. Von Ordnung. Dass zum Wohle aller das, was sein muss, geschehen wird. Es bedeutet, dass man seinen Platz in dieser Ordnung anerkennt.«
    Invidia zuckte die Schultern. »Im Kern ja. Viele Aleraner denken nie ernsthaft über solche Gesten nach. Sie sind einfach ein Teil dessen, wie unsere Gesellschaft funktioniert.«
    »Und wenn solch eine Geste nicht vollzogen wird, was folgt dann?«
    »Unschönes«, antwortete Invidia. »Es hängt von der Person ab, die gekränkt worden ist, aber es könnte Konsequenzen von Gegenbeleidigungen über eine Gefängnisstrafe bis hin zu einer Herausforderung zum Juris Macto geben.«
    »Zum Gerichtskampf«, sagte die Königin.
    »Ja«, erwiderte Invidia.
    »Die Herrschaft der Stärke über die Herrschaft des Rechts. Das

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