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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Gabi lenkte den Wagen quer über die Straße. Grabbe schlug die Tür zu und griff nach dem Sicherheitsgurt.
    Walde sagte nichts. Gabi wendete den Wagen und jagte in Richtung Innenstadt.
    Das Auto vor ihnen machte gleichzeitig mit dem Umspringen der Ampel auf Gelb eine Vollbremsung. Gabi stieg voll in die Pedale. »Arschloch!«, zischte sie.
    *
    Knapp eine halbe Stunde zu spät hastete Walde über den Innenhof der Europäischen Rechtsakademie. Vor dem Eingang stampfte er kräftig auf, der hartnäckige Matsch wollte sich jedoch nicht von seinen Schuhen lösen.
    Im Flur kam ihm Polizeipräsident Stiermann entgegen. Walde erwartete Vorwürfe, aber auf dem Gesicht seines Chefs erschien ein zufriedenes Strahlen.
    »Glückwunsch zum schnellen Erfolg.« Stiermann drückte ihm fest die Hand und zog ihn ein wenig zu sich, ließ aber los, als er bemerkte, dass Waldes Jacke nass war. »Die Festnahme war gutes Timing.«
    Aus dem Vortragsraum erklang schallendes Gelächter.
    »Wir haben ihn noch nicht«, korrigierte Walde.
    »Aber das kann doch nur noch eine Frage von Stunden sein.«
    Der Präsident schritt durch eine raumhohe Flügeltür. Etwa dreißig neugierige Augenpaare waren gebannt auf den Referenten gerichtet, einen großen, massigen Mann, der Jo täuschend ähnlich sah.
    »… als Kommissar für Reblausbekämpfung ist es mir vergönnt, rigorosere Methoden anzuwenden, als das bei Ihnen der Fall sein kann, oder sind hier zufällig Vertreter der Polizei totalitärer Staaten anwesend?« Dieses verschmitzte Grinsen gehörte zweifelsfrei Jo.
    Wieder brauste Gelächter auf.
    »Der Kollege gibt ein paar Anekdoten aus seinem Wirken als Kommissar für Reblausbekämpfung zum Besten.
    Wir haben, um die Zeit zu überbrücken, schon mal ein paar Sektflaschen geöffnet«, erklärte der Präsident.
    Als Jo sein Glas hob, bemerkte er Walde.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wenn Sie möchten, können Sie später bei der Weinprobe mehr über mein heilvolles Wirken für den Moselwein erfahren.«
    Walde wischte seine Hand leicht ab, als er hinter Stiermann das Podium betrat.
    »Da ist er endlich!« Der Präsident hob die Stimme, als würde er einen Boxchampion ankündigen. »Unser Kriminalhauptkommissar Waldemar Bock.«
    Es gab tatsächlich Applaus.
    »Wie Sie sehen, ist er unmittelbar von seinen Ermittlungen hierher gekommen.«
    Während die Zuhörer erneut Beifall klatschten, verließ der Präsident das Podium und nahm neben Monika in der ersten Reihe Platz.
    Waldes Mund war trocken. Er spürte seinen Herzschlag. Seine Hand glitt am nassen Revers vorbei in die Innentasche seiner Jacke. Für zwei Sekunden hatte er seinen Schreibtisch im Präsidium vor Augen, auf dem die Rede zum letztmaligen Durchlesen lag.
    Er schaute ins Publikum. Die meisten der Anwesenden trugen Kopfhörer und hatten weiße Bänder um den Hals, an denen Namensschilder baumelten.
    »Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich möchte Ihnen berichten, wie es der Trierer Polizei im letzten Jahr gelungen ist, einen terroristischen Anschlag auf eine Großveranstaltung in der Trierer Innenstadt zu verhindern.« Walde sah auf die Glaswand, hinter der die Simultanübersetzer in ihre Mikrofone sprachen. Er spürte, wie er ruhiger wurde.
    Wasser tropfte aus seinem Haar aufs Pult, lief ihm am Hals entlang in den Kragen. In den nächsten zwanzig Minuten berichtete er Einzelheiten aus der Ermittlungsarbeit und hatte das Gefühl, nichts Wesentliches auszulassen. Am Schluss bot er den Zuhörern an, Fragen zu stellen.
    Ein paar Sekunden blieb es still, niemand meldete sich. Dann reckte Jo wie ein Schuljunge den Arm in die Höhe. Nachdem Walde ihm zugenickt hatte, sagte er: »Darf auch eine Frage zum aktuellen Fall gestellt werden?«
    »Was möchtest du wissen?« Walde blickte zu Monika, die auf die Uhr tippte.
    »Gibt es bei der Fahndung nach den Domräubern neue Erkenntnisse, Verdächtige, Verhaftungen?«
    Polizeipräsident Stiermann erhob sich von seinem Sitz und wandte sich zum Publikum: »Ja, es gibt erste Erfolge. Darüber können Sie gerne mehr erfahren, wenn nach der Stadtführung, die jetzt im Anschluss beginnt, der Besuch im Polizeipräsidium stattfindet, zu dem Sie herzlich eingeladen sind und bei dem Sie unsere konkrete Ermittlungsarbeit kennen lernen können.«
    *
    Der Hof des Präsidiums war vollgeparkt. Walde ließ sich auf der Straße absetzen, während Gabi ins nahe gelegene Parkhaus weiterfuhr. Auf dem Weg zum Eingang beobachtete Walde, wie ein weiterer

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