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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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vielleicht fünf, sechs Millimeter im Durchmesser, aus dem erst jetzt ein Rinnsal hellroten Blutes drängte. Warum sah er es erst jetzt? Er hatte nicht die Zeit für eine Erklärung. Der Maschinist, noch immer stumm, stierte ihn an, anklagend, vielleicht auch nur ratlos, dann knickte er ein, mit stocksteif aufgerichtetem Oberkörper fiel er auf die Knie, ohne den starren Blick von Pohl zu nehmen. Diese eisgrauen Augen! Doch plötzlich hatten sie ihre lauernde Gefährlichkeit verloren, ein matter Schimmer nahm ihnen die Unmenschlichkeit. Der Maschinist fiel vornüber aufs Gesicht, ohne Klagen, noch nicht einmal ein Stöhnen war hörbar, nur dieses dumpfe Geräusch, als er auf den Planken der Flybridge aufschlug. Erst jetzt erkannte Pohl, dass dem Maschinisten der Hinterkopf fehlte – ein Teil des Schädels war einfach fort, verschwunden! 
    Übelkeit schüttelte seinen Körper. Mit matter Kraft unterdrückte er immer wieder aufkommendes Würgen, eine nicht enden wollende Anstrengung, die ihn zu überfordern schien. Er wollte nicht kotzen! Er hasste es, die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren! Es kostete ihn all seine Willenskraft, den rebellierenden Magen zu besiegen. Wären die zurückliegenden Minuten nicht so schrecklich gewesen, er hätte den Sieg seines Willens genossen. So löste er lediglich den Blick von diesem entsetzlich zugerichteten Maschinisten. Ganz langsam, als ruhe eine Zentnerlast darauf, hob er den Kopf. Irritiert starrte er auf die lederne Sitzbank. Eine Unzahl winziger Blutstropfen überzog ihr weißes Nappaleder, gerade so, als hätte sich jemand einen Streich erlaubt und rote Tinte in einen Zerstäuber gefüllt. Das Geschoss musste im Schädel des Maschinisten förmlich explodiert sein! Jetzt erst begriff Pohl die Dramatik des Geschehens: Der Maschinist war tot! Erschossen! Wer, zum Teufel, hatte den Maschinisten erschossen? 
    „Haben Sie das gehört? Das war ein Schuss!“ Fortman hatte Schöller beim Unterarm ergriffen. Der nickte. Auch er hatte den Schuss gehört. „Ich seh‘ draußen nach. Halten Sie das Volk hier in Schach!“ Dann wies er auf den Laptop und das iPhone des Inders. „Und passen Sie auf die Klamotten auf! Darin finden wir den Schlüssel!“
    Schöller nickte. „Ich glaub’s auch. Seien Sie vorsichtig! Das könnte der Inder gewesen sein.“
    „Eher der Kasache. Das war ein Gewehrschuss, kleines Militärkaliber. Der
    Inder trug kein Gewehr, als er türmte.“
    „Aber auf wen schießt der? Etwa auf den Inder?“ Schöller war anzusehen,
    dass ihm die Situation nicht behagte. Ihm behagten unüberschaubare Situationen grundsätzlich nicht.
    Fortman hob die Schultern. „Keine Ahnung. Wir werden es bald wissen.“
    Er wandte sich an den Kapitän. „Ist der Kasache bewaffnet?“
    „Ich weiß es nicht, Mister. Wirklich nicht!“ Tomislav Korosec blickte unglücklich drein. Keinesfalls wollte er den Unwillen des Amerikaners auslösen. Diesem ungeschlachten Muskelpaket war alles zuzutrauen!
    „Was befindet sich im Laderaum?“
    „Nichts, Mister. Wir haben nur Deckfracht an Bord. Die Kessel sind zu groß …“
    „Sind sie verschlossen oder kann man sich darin verstecken?“
    „Darin verstecken?“ Tomislav Korosec sah überrascht den Ersten Offizier an. „Weißt du, womit die Dinger seefest verschlossen werden?“
    Der Erste schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was darunter ist. Alle Öffnungen sind mit Folie abgeklebt. Die scheint ziemlich stabil zu sein. Ohne ordentliches Messer ist da meines Erachtens nichts zu machen. Ob man dann schon reinkommt …“ – er zuckte die Schultern – „… ich weiß es nicht.“
    Fortman bemerkte mit Genugtuung, dass zumindest die beiden Offiziere sich inzwischen kooperativ zeigten. Dennoch – Vorsicht war angesagt! Solange sich dort draußen jemand ihrer Kontrolle entzog, zudem bewaffnet war, konnten sie nicht davon ausgehen, die auf der Brücke versammelte Truppe im Griff zu haben! Er blickte Schöller an, hatte das Gefühl, dass dieser die Lage ebenso bewertete. Er wandte sich wieder an den Kapitän. „Gibt es Tränengas an Bord?“
    Diese Frage trieb dem Kapitän schlagartig Schweiß auf die Stirn. In den Wandschränken neben die Türen zu den Brückennocks befanden sich Tränengaspatronen! Er hatte sie nicht erwähnt, als der Amerikaner sie nach Waffen oder Waffenähnlichem befragte! Fortman war die Not des Kapitäns nicht verborgen geblieben. „Nun, mach schon, Mann! Wo ist es?“
    Tomislav Korosec schien bei

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