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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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die Sache als erledigt zu betrachten. Aber seine Mission war noch nicht erfül t.
    Aufgeschoben, nicht aufgehoben.
    Er saß in dem leeren Zimmer, ölte sorgfältig seine Pistole und reinigte den Schal dämpfer. Er ging den Plan in Gedanken noch einmal durch. Heute Abend fand das That-Luang-Fest statt. Die Klinik würde mit Minimalbesetzung arbeiten, fal s sich überhaupt jemand dazu bewegen ließ, zum Dienst zu erscheinen. Die Schwestern würden sich weiß schminken wie Porzel anpuppen, blutroten Lippenstift auflegen und vor den jungen Männern auf dem Rummel auf und ab stolzieren. Viel eicht würde er sich eine schnappen, wenn es vorbei war.
    Da die Staatssicherheit ihre Wachen abgezogen hatte, war Siri mit ziemlicher Sicherheit al ein. Kein Glück, kein Zufal dieser Welt konnte ihn ein drittes Mal vor dem Tod bewahren.
    Als er auf seinem alten Moped von der Großen Stupa aus den Hügel hinunterfuhr, hatte er das Gefühl, gegen den Strom zu schwimmen. Für die Menschenmassen, die zum Fest wol ten, gab es keine rechte und keine linke Spur. Sie waren zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs, sie schoben Mopeds, eine einzige große, bunte Herde. Er zog sich seinen Schal über Mund und Nase und hupte sich den Weg zum Anusawari-Tor frei. Die Leute lachten und beschimpften den verrückten Kerl, der in die falsche Richtung wol te.
    Er kam nur schleppend voran, bis er die Lane Xiang Avenue erreichte, wo die Polizei den Parteimitgliedern, die von der Gedenkfeier kamen, eine Spur freihielt. Er stel te sein Moped unweit des Bildungsministeriums ab und schlenderte zur von zwei Betonpfeilern gesäumten Einfahrt der Mahosot-Klinik. Selbst der Pförtner hatte frei.
    Vor kurzem war die Sonne untergegangen, und die meisten Gebäude lagen im Dunkeln. In den Krankensälen leuchteten Neonröhren, und in der Schwesternunterkunft brannte eine einsame Glühbirne. Er betrat den Trakt, in dem die Einzelzimmer untergebracht waren, und stieg aus seinen Schuhen.
    Er stand in dem langen Mittelflur, von dem rechts und links die Zimmer abgingen. Im Flur selbst war es dunkel. Das einzige Licht fiel durch die Fenster über zwei Türen. Die anderen Zimmer schienen leer zu stehen.
    Zimmer 2E lag etwa auf halber Höhe. Vor der Tür blieb er stehen und horchte.
    Es war kein Laut zu hören. Behutsam drückte er die Klinke, und die Tür öffnete sich, ohne zu quietschen. Er spähte hinein. Siri lag im Bett und schlief friedlich unter einem weißen Laken. Die Sauerstoffmaske bedeckte Mund und Nase. Das Licht kam von der Nachttischlampe, über die ein rotes Tuch gebreitet war.
    Khen Nahlee warf einen letzten Blick in den menschenleeren Flur, bevor er das Zimmer betrat. Er machte die Tür hinter sich zu. Er zog die Waffe aus dem Holster unter der Jacke seines Trainingsanzugs und schraubte den Schal dämpfer auf. Dabei hätte er in einer Nacht wie heute ebenso gut eine Kanone benutzen können; es hätte ohnehin niemand etwas gehört.
    Er trat ans Fußende des Bettes, zielte auf das Herz des Pathologen und drückte ab. Sechsmal. Professionel . Kein unnötiges Geschwätz. Keine albernen Geständnisse oder Erklärungen. Als die Kammer leer war, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus. Das Glück hatte den Mann zu guter Letzt im Stich gelassen.
    Er wartete darauf, dass Siris Blut langsam durch das weiße Laken sickerte, doch dieser erhabene Anblick war ihm nicht vergönnt. Er wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Er machte einen Schritt vorwärts, packte einen Zipfel des Lakens und riss es vom Bett.
    Drei Kissen - eines davon kaltblütig ermordet - lagen aneinandergereiht in der Matratzenmitte. An ihrem oberen Ende, unter der Sauerstoffmaske, klemmte eine etwas andere Maske. Zu Ehren des neuen Regimes boten die Händler auf dem Rummel Pappmachemasken des Premierministers feil. Ein paar weiße Hühnerfedern hier und da, und er sah Dr. Siri täuschend ähnlich.
    Khen Nahlee drehte sich der Magen um. Er griff in seine Tasche, um das Ersatzmagazin hervorzuholen, aber sein Instinkt sagte ihm, dass dafür keine Zeit mehr blieb. Die Tür flog auf, und Phosy und zwei bul ige Polizisten stürmten mit gezogenen Pistolen ins Zimmer. Sie hatten mit Gegenwehr gerechnet. Doch Khen Nahlee ließ die Waffe fal en, sah zur Decke und lachte.
    Es war ein freudloses, resigniertes Lachen.
    Sie legten ihm Handschel en an, durchsuchten seine Taschen und befahlen ihm, den Mund zu halten und nur zu reden, wenn er gefragt wurde. Da die Verfassung abgeschafft worden war, gab es

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