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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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te Instruktionen.
    »Nein. Sie war hier, bis gestern Nachmittag. Da hat ein Armeeoffizier sie abgeholt. Dunkle Bril e, Uniform, irgendwie bedrohlich.«
    Siri zog die Augenbrauen hoch. Sie tat es ihm nach, soweit ihr das ohne Brauen möglich war. »Er meinte, in ihrer Handtasche befänden sich sensible Unterlagen, und er hätte den Auftrag erhalten, sie abzuholen.«
    »Von wem?«
    »Von seinen Vorgesetzten. Namen hat er nicht genannt.«
    »Hat er sonst etwas mitgenommen? Etwas von ihrem Schreibtisch?«
    »Nein. Nur die Tasche.«
    »Sie hatten nicht zufäl ig Gelegenheit, einen Blick hineinzuwerfen?«
    »Dr. Siri. Wofür halten Sie mich?« Sie stieg auf einen Stuhl und hängte eine weitere Strohhalmkette auf. Al mählich sah die Bühne aus wie eine vom Monsun zerfetzte Markise. »Unsere Gestaltungstechnikerin findet das schön.
    Was meinen Sie?«
    »Ich finde, es zeugt vor al em von blindem Aktionismus.«

    Sie lachte. »Ich nehme an, Sie verdanken Ihren derzeitigen Posten in erster Linie Ihrem Taktgefühl?«
    »Ich furchte, ja.«
    »Ihre Furcht ist völ ig unbegründet. Wir brauchen mehr Menschen, die den Mut haben, zu sagen, was sie denken. Davon gibt es viel zu wenige.« Sie stieg wieder herunter. »Pantoffeln.«
    »Was?«
    »Sie hatte Pantoffeln in der Tasche. Die Partei bestand darauf, dass sie zu öffentlichen Anlässen schwarze Plastikschuhe mit hohen Absätzen trug. Sie konnte sie nicht ausstehen. Davon bekam sie Blasen. Also trug sie, wenn möglich, weiche Pantoffeln.« Siri lächelte. »Was ist?«
    »Nichts. Was sonst war in ihrer Tasche?«
    »Jetzt halten Sie mich für eine Schnüfflerin.«
    »Das Regime braucht Schnüffler.«
    »Ach ja? Na schön. Hauptsächlich Kleinkram. Adressbuch. Schlüssel.
    Riechsalz. Balsam. Visitenkarten. Weiter nichts.«
    »Haben Sie sich die Visitenkarten angeschaut?«
    »Doktor Siri.«
    »Verzeihung. Kein Make-up, Lippenstift?«
    »Erstens verpönt und zweitens ziemlich teuer.«
    »Also befand sich, abgesehen von dem Adressbuch, eigentlich nichts darin, was man als ›sensible Unterlagen‹ bezeichnen könnte?«
    »Nein.«
    »Und der Offizier hat al es mitgenommen.«
    »…Ja.« Es war weder ein nachdrückliches noch ein automatisches Ja.
    »Dr. Pornsawan?«
    »Fast al es.«

    »Mit Ausnahme von?«
    »Also, was in ihrer Tasche war, weiß ich nur, weil ich mir eine Kopfschmerztablette von ihr borgen wol te. Ein oder zwei Frauen standen nach Genossin Nitnoys Tod regelrecht unter Schock.«
    »Und Sie haben die Tabletten nicht zurückgelegt?«
    »Medikamente sind Mangelware. Und in der Eile…«
    »Aber die Frauen, denen Sie die Tabletten verabreicht haben, sind nicht auf der Stel e tot umgefal en, das heißt…«
    »Das heißt, wir können die Tabletten als potentiel e Todesursache ausschließen.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich die restlichen Tabletten gern mitnehmen. Viel eicht haben sie eine al ergische Reaktion ausgelöst. Auch wenn mir die Mittel und Wege fehlen, das zweifelsfrei festzustel en.«
    »Ich hole sie Ihnen. Darf ich fragen, wie Sie darauf gekommen sind, dass sie Kopfschmerzen hatte?«
    »Bei der Obduktion stieg mir der Geruch von Tigerbalsam in die Nase. An den Schläfen war er besonders intensiv. Das deutet im Al gemeinen auf Kopfschmerzen hin.«
    »Nicht schlecht. Und noch dazu schrecklich aufregend. Könnten Sie diese letzte Kette über der Bühne festmachen? Leider haben wir keine Bal ons.« Sie lief davon und ließ ihn mit der Dekoration al ein.
    Während er auf dem wackeligen Stuhl balancierte und die Strohhalme über einen Nagel hängte, ließ er sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Diese Untersuchung war in der Tat schrecklich aufregend. Er musste gestehen, dass ihm das Detektivspielen Spaß machte. Er tat ihm gut, aus der Pathologie herauszukommen und mit lebenden Menschen zu sprechen, seine äußerst begrenzten Befugnisse zu überschreiten. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt schoss Adrenalin durch seine Adern.
    »Es sind leider nur noch drei Stück übrig.« Keuchend und prustend hielt Dr.
    Pornsawan ihm ein kleines braunes Fläschchen hin. »Sie sol ten viel eicht einen anderen Stuhl nehmen, die Beine sind nicht verleimt.« Eilig stieg Siri herunter und ließ die Strohhalmkette über dem Podium baumeln. Leider blieb keine Zeit mehr, diesen Schönheitsfehler zu beheben.
    Das Durcheinander bei der Laotischen Frauenunion steigerte sich im Handumdrehen zu einem regelrechten Chaos. Siri und Pornsawan sahen zur Tür. Eine kleine

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