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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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krempelte seinen zu langen Ärmel auf und griff in seinen Tornister. Er zog drei Aktendeckel daraus hervor und legte sie vor Siri auf den Tisch. »Bedienen Sie sich.«
    Siri schlug die drei Aktendeckel auf und sah sich die Fotos an. Das zweite kam ihm bekannt vor.
    »Ich glaube, das ist unserer.«
    »Dann ist das der Fahrer. Er hieß ebenfal s Tran.«
    »Gut, Doktor. Ich schlage vor, wir setzen uns mit unseren jeweiligen Unterlagen und Berichten in die Kantine, essen einen Happen und tauschen Erfahrungen aus. Sie möchten wohl nicht zufäl ig Ihre Uniform ablegen und sich stattdessen einen weißen Kittel leihen?«
    »Nichts lieber als das.«
    Nguyen Hong zog sich um, und Siri klaubte seinen Durchschlag des Obduktionsberichts zusammen. Dann machten sich die beiden zu einem kräftigen Pathologen-Mittagessen in die Kantine auf. Bei ihrem Gesprächsthema war ihnen ein eigener Tisch so gut wie sicher.

    6
    OBDUKTIONSNEID
    »Da lässt man dich mal ein paar Tage al ein, und schon liegst du mit den Vietnamesen im Bett.«
    »Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?«
    Es war Montag, und Siri und Civilai saßen auf ihrem Baumstamm und spülten ihre Brötchen mit lauwarmem südlaotischem Kaffee hinunter.
    Sie beobachteten eine anmutige weiße Seeschwalbe, die einen knappen halben Meter über dem Fluss dahinsegelte. Bei dem Versuch, sich einen Fisch zu angeln, tauchte sie den Schnabel zu tief ein, klatschte kopfüber ins Wasser und wurde von der Strömung fortgerissen.
    »Das hat bestimmt wehgetan.«
    »Hat das Komitee etwas dagegen, dass ich mit den Vietnamesen verkehre?
    Sie sind schließlich immer noch unsere Verbündeten, oder nicht?«
    Die Schwalbe kam schwer zerzaust und übel zugerichtet wieder zum Vorschein und hielt triumphierend einen Fisch im Schnabel. Die beiden alten Freunde stel ten ihre Plastikbecher ab und applaudierten.
    »Verbündete ist nicht gleich Verbündete, Siri. Es kommt darauf an, wie wir sie sehen und wie sie sich selbst sehen. Für uns sind die Berater Ressourcen, die wir nach Belieben anzapfen oder ignorieren können. Sie hingegen glauben, sie seien dieser oder jener Abteilung zugeordnet worden, um unsere Politik der ihren weitestgehend anzugleichen, sprich uns von ihnen abhängig zu machen.
    Wenn wir immer mehr Berater ins Land lassen, betrachtet uns Hanoi irgendwann als bloßes Anhängsel. Darum halten wir uns an ein ungeschriebenes Gesetz und ignorieren vierzig Prozent ihrer Ratschläge.«
    »Und wenn sie gut sind?«
    »Schlagen wir sie natürlich nicht einfach in den Wind, sondern behalten sie im Hinterkopf, bis der entsprechende Berater aus lauter Verzweiflung über unsere Unbelehrbarkeit das Handtuch geworfen hat. Dann kramen wir sie wieder hervor und geben sie als unsere eigenen aus.«
    »Und wie passt mein kleiner Flirt mit dem vietnamesischen Kol egen in dieses Konzept?«
    »Nun ja, solange wir davon profitieren können… Ich nehme doch an, er hat dich ins Vertrauen gezogen?«
    »Was er weiß, weiß auch ich. Das Problem ist nur, dass wir bei unseren beiden Leichen zu verschiedenen Untersuchungsergebnissen gelangt sind.«
    »Mit anderen Worten, du hast Mist gebaut. Kein Wunder, du bist schließlich kein besonders guter Pathologe.«
    »Das habe ich auch gedacht, als ich seine Ergebnisse sah. Mein Kunde war offenbar der Fahrer, Tran. Er war in weitaus schlechterem Zustand als der Tran, der in der vietnamesischen Botschaft auf Eis liegt.«
    »Heißen da drüben eigentlich al e Tran?«
    »Wenn sie nicht gerade Nguyen heißen, ja. Jedenfal s haben die Leute, die unseren Tran gefunden haben, die Leiche erst mal ein paar Tage im örtlichen Tempel deponiert, weil sie nicht recht wussten, was sie damit anstel en sol ten. Als sie dann den anderen Tran entdeckten, den mit den vietnamesischen
    Tätowierungen,
    haben
    sie
    natürlich
    sofort
    die
    vietnamesische Botschaft verständigt.
    Sobald eine Wasserleiche geborgen wird, setzt der Verwesungsprozess ein, darum war mein Tran in einem jämmerlichen Zustand, als er angeliefert wurde. Die Vietnamesen haben ihren Tran in Eis gepackt, bis Nguyen Hong ihn sich ansehen konnte. Das Eis hat auch ihre Leiche ruiniert. Die Arbeitsbedingungen waren also in beiden Fäl en al es andere als optimal.«
    »Genehmigt. Gibt es irgendwelche Gemeinsamkeiten?«
    »Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie nicht ertrunken sind. Und dass man ihnen Gewichte an die Füße gebunden hat.«
    »Dann sol ten sie also nicht gefunden werden?«
    »Was das angeht, hat Dtui eine

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